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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (10. Band = Hessen, 3): Die Grafschaften Nassau, Hanau-Münzenberg und Ysenburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.30290#0686
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Ysenburg- Birstein

unser aigen gewißen da, welches unß verclagt, und
unser bößheit gibt zeugnuß wieder unß174, und zwar,
lieber herr Gott, wir erkennen an den straffen, die
unß täglich begegnen, daß du unß billich mit deiner
ruthen heimsuchest. Dann weil du gerecht bist,
straffest du niemandt ohne ursach, ja, wir sehen
auch jetzunder dein handt aufgehaben, unß zu straf-
fen. Aber wann du unß viel härter straffest, dann du
je bißher gethann hast, und daß wir hundert straf-
fenn fur eine solten leiden, ja wann auch alle die
plagen auf unß fielen, mit welchen du die sunden
deines volcks Israelß hast heimgesucht, so bekennen
wir, daß du unß, o herr, nicht unrech[t] thetest, und
reden nicht darwieder, alß hetten wirs nicht woll
verdienet, aber doch, o herr, du bist unser Gott und
wir seindt nur erdt und staub, du bist unser schopf-
fer und wir seindt die werck deiner hendt, du bist
unser hirt, und wir seindt deine herdt, du bist unser
erlößer, wir seindt daß volck, daß du erlößet hast,
du bist unser vatter, | wir seindt dein erbgut; der-
halben wollest unß nicht straffen in deinem geringen
zorn, sonder züchtige unß gnediglich, erhalt viel-
mehr daß werck, daß du in unß angefangen hast,
durch deine gnadt, auf daß die gantze welt erkenne,
daß du unser Gott bist und unser heilandt. Dein
volck Israel hat dich manchmal erzörnet mit sünden
und du hast es billich gestrafft, aber so offt sie sich
wieder zu dir bekehrt, hastu sie alzeit zu gnaden an-
genommen, und wie schwer auch ihre sünden ge-
west, so hastu doch deinen zorn und vermaledey-
ung, so ihnen bereit wahr, abgewendt von wegen
deß bundts, den du gemacht hast mit deinen dienern
Abraham, Isa[a]c und Jacob175, also daß daß gebet
deines volcks nie ist von dir verstoßen wordenn.
Nun haben wir durch deine gnadt eben denselbigen
bundt, aber viel herlicher und krafftiger, zwischen
dir und unß gemacht und aufgericht in der handt
Jesu Christi, unsers erlößers, welchen bundt du | unß
mit seinem bludt verschrieben hast und mit seinem
heiligen leiden und sterben bestetiget176, derhalben,
o herr, verleugnen wir unß selbst und alle mensch-
174 Siehe oben, Anm. 170.
175 Siehe oben, Anm. 111.
176 Mt 26,28; Mk 14,24; Lk 22,20; 1Kor 11,25;
Hebr 9,11-15.
177 Ps 103,10.

liche hoffnung und haben alle unsere zuflucht zu
diesem seeligen gnadenbundt, durch welchen unser
herr Jesus Christus, in dem er dir sein leib einmal
am creutz zum volkommen opffer fur unß dargege-
ben, unß mit dir versohnet hat in ewigkeit.
Derhalben, o herr, siehe an daß angesicht deines
gesalbten und nicht unsere sünden177, auf daß dein
zorn durch seine furbitt gestillet werde und daß dein
angesicht uber unß erleuchte zur freude und zur se-
ligkeit. Wollest unß auch hernachmals in dein heili-
ges geleidt und schutz nehmen und unß regieren mit
deinem h. geist, der unß ernewre zu einem beßern
leben, in welchem wir deinen nahmen loben und
preisen.
Wiewol wir aber nicht würdig seindt, den mundt
aufzuthun, fur unß selbst zu bitten, jedoch, dieweil
du unß befohlen hast zu bitten fur die gantze christ-
liche kirchen und obrigkeit178, ja auch fur alle men-
schen, so bitten | wir dich fur alle kirchen und kir-
chendiener, daß du wollest deinen segen geben zu
der predigt deines heiligen evangelions und getrewe
diener in deine ernde senden179, dargegen wollest
außrotten alle falsche lehrer, reisende wölffe und
mitlinge180, die ihre eigene ehre und nutz suchen und
nicht die ehre deines heiligen nahmens allein und der
armen seelen heil und seligkeit.
Wir bitten dich auch fur alle oberkeit der welt,
fur den romischen kayser und könig, auch alle an-
dere könige, fursten und herrn und insonderheit fur
unsern gnedigen landtsherrn, ihrer g. jungen herr-
schafft und frewlein, fur die herrn rhäte und ampt-
leutte, auch ein erbare gemein dieses orts. Gib ihnen
deine gnadt, daß sie ihre gantze regierung dahin
richten, daß der könig aller könige, Jesus Christus,
uber sie und ihre underthanen regiere und daß das
reich deß teuffelß, welches ist daß reich aller sunden
und laster, je lenger, je mehr durch sie alß deine
diener zerstöret werde und wir under ihnen ein ge-
ruhig und stilles leben führenn mögen in aller gott-
seligkeit und erbarkeit181. |

178 1Tim 2,1-2.
179 Mt 9,38; Lk 10,2.
180 Vgl. Joh 10,12-13; Apg 20,29-30.
181 1Tim 2,2.

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