Ysenburg-Birstein
24. Mandat zum evangelischen Sonntagsgebeta
9. September 1614
Wolfgang Ernst1, grave zu Ysenburg undt Büdingen
etc. Unsern grus in gnedigem willen zuvor, wolgeler-
ter, lieber getrewer.
Wir haben euch vor diesem in einem deßwegen
abgangenem außführlichem schreiben2 gnugsam zu-
verstehen gegeben, mit waß gefehrlichen practicken
der papistische anhang im H. Römischen Reich, un-
ßerm allgeliebten vatterlandt, schwanger gehe, undt
wie ihr deßwegen ewere anbefohlene pfarrkinder
trewlich vermahnen undt verwarnen sollet, wollen
uns auch versehen, ihr einem solchen undt sonst
euerem ampt vleißig nachkommet. Dieweil aber ge-
dachte practicken durch die nunmehr landtkündige
einlagerung undt geschwindte executions- undt
kriegßproceß uff deß Römischen Reichs boden am
tag undt unverborgen sindt, wir auch dieser landtß-
art alß benachbarte, wiewol wir sonsten mit den sa-
chen nichts zuthun, | betrawet worden undt Gotteß
deß allmechtigen angehender zorn unßerer sünden
wegen unß auch berüren möchte, alß haben wir vor
eine notturfft erachtet, daß dem sontäglichen gepet
beigefügter paß[us] in verrichtung deßelbigen an
verzeichneten orthen hieneingerücket undt jederzeit
mitgepetet werde, daß ihr in keinen vergeß stellen,
sondern der gebür nach verrichten werdet, so wir
auch der notturfft nach hiemit anbefehlen wollen,
undt sindt euch in gnaden wolgewogen.
Datum Büdingen, den 9. Septembris anno 1614 |
Dem gebett am sontag nach der predigt, dem ersten
und grössesten, anfahendt: Ir geliebten im hern etc.,
a Textvorlage (Handschrift): FYBA Büdingen Kulturwe-
sen Fasz. 16/99.
1 Wolfgang Ernst I. von Ysenburg-Birstein (1560-1633),
siehe oben, S. 559 Anm. 76
2 Mandat zur Belehrung der Gemeinden über den Ka-
tholizismus vom 29. Juni 1614, oben, Nr. 23.
zu ende der wortt: „Wollest, o vatter aller gnaden
etc., welche ubertrifft allen verstandt“, vor denen:
„Tröste und sterckhe etc.“, und in dem andern, klei-
nen gebett, anfahendt: „Herr, allmechtiger Gott
etc.“, an dem ort: „O herr, entzeuhe uns nicht dei-
nen geist etc.“, vor den wortten: „Stercke auch alle
schwache und betrübte gemüth etc.“, einzurück-
hen3:
Ach, herr Gott, himlischer vatter, nachdem du uns
auch in diesen landen wegen unserer vielfaltigen
sünden und undankhbarkheit gegen deinem heiligen
wortt, dem wir nit gehorsam gewesen noch uns an
der benachbarten außlendischen provinzien und län-
dern, | welche du durch krieg, teuerung und pestil-
entz verzehret und ödt gemacht hast, exempel ge-
spiegelt oder gebessert haben, mit außlendischen
völckhern, welche alß die rudten deines zorns auß-
gestreckht sindt und uberhandt nehmen und allerlei
beschwerliche einfäll und einlägerung im Römischen
Reich, unserm gemeinen vatterlandt, rhum betra-
west heimzusuchen, so bitten wir dich, o trewer
Gott und vatter, du wöllest unsere undanckhbarkeit
nicht ansehen und daß wir ja nicht werth sein, daß
du dich unser annehmest oder erbarmest. Siehe aber
ahn die ehre deines heiligen nahmens und deinen lie-
ben sohn Jesum Christum, in deme du uns alle un-
sere sünde gnediglich verziehen hast. O herr, bekeh-
re uns, auff daß wir uns zu dir bekehren4, wache
auff, o trewer Gott und lasse deine christenheit nit
gar verwüstet werden, wöllest nicht deinen zorn wie-
der uns außgießen5, sondern vielmehr den geist der
gnaden und des | gebets6, damit wir und unsere liebe
3 Die angegebenen Stellen beziehen sich auf die Kirchen-
ordnung vom 1. Mai 1598, oben, S. 666 Anm. 157 und
164.
4 Vgl. Jer 31,18.
5 Apk 16,1.
6 Sach 12,10.
696
24. Mandat zum evangelischen Sonntagsgebeta
9. September 1614
Wolfgang Ernst1, grave zu Ysenburg undt Büdingen
etc. Unsern grus in gnedigem willen zuvor, wolgeler-
ter, lieber getrewer.
Wir haben euch vor diesem in einem deßwegen
abgangenem außführlichem schreiben2 gnugsam zu-
verstehen gegeben, mit waß gefehrlichen practicken
der papistische anhang im H. Römischen Reich, un-
ßerm allgeliebten vatterlandt, schwanger gehe, undt
wie ihr deßwegen ewere anbefohlene pfarrkinder
trewlich vermahnen undt verwarnen sollet, wollen
uns auch versehen, ihr einem solchen undt sonst
euerem ampt vleißig nachkommet. Dieweil aber ge-
dachte practicken durch die nunmehr landtkündige
einlagerung undt geschwindte executions- undt
kriegßproceß uff deß Römischen Reichs boden am
tag undt unverborgen sindt, wir auch dieser landtß-
art alß benachbarte, wiewol wir sonsten mit den sa-
chen nichts zuthun, | betrawet worden undt Gotteß
deß allmechtigen angehender zorn unßerer sünden
wegen unß auch berüren möchte, alß haben wir vor
eine notturfft erachtet, daß dem sontäglichen gepet
beigefügter paß[us] in verrichtung deßelbigen an
verzeichneten orthen hieneingerücket undt jederzeit
mitgepetet werde, daß ihr in keinen vergeß stellen,
sondern der gebür nach verrichten werdet, so wir
auch der notturfft nach hiemit anbefehlen wollen,
undt sindt euch in gnaden wolgewogen.
Datum Büdingen, den 9. Septembris anno 1614 |
Dem gebett am sontag nach der predigt, dem ersten
und grössesten, anfahendt: Ir geliebten im hern etc.,
a Textvorlage (Handschrift): FYBA Büdingen Kulturwe-
sen Fasz. 16/99.
1 Wolfgang Ernst I. von Ysenburg-Birstein (1560-1633),
siehe oben, S. 559 Anm. 76
2 Mandat zur Belehrung der Gemeinden über den Ka-
tholizismus vom 29. Juni 1614, oben, Nr. 23.
zu ende der wortt: „Wollest, o vatter aller gnaden
etc., welche ubertrifft allen verstandt“, vor denen:
„Tröste und sterckhe etc.“, und in dem andern, klei-
nen gebett, anfahendt: „Herr, allmechtiger Gott
etc.“, an dem ort: „O herr, entzeuhe uns nicht dei-
nen geist etc.“, vor den wortten: „Stercke auch alle
schwache und betrübte gemüth etc.“, einzurück-
hen3:
Ach, herr Gott, himlischer vatter, nachdem du uns
auch in diesen landen wegen unserer vielfaltigen
sünden und undankhbarkheit gegen deinem heiligen
wortt, dem wir nit gehorsam gewesen noch uns an
der benachbarten außlendischen provinzien und län-
dern, | welche du durch krieg, teuerung und pestil-
entz verzehret und ödt gemacht hast, exempel ge-
spiegelt oder gebessert haben, mit außlendischen
völckhern, welche alß die rudten deines zorns auß-
gestreckht sindt und uberhandt nehmen und allerlei
beschwerliche einfäll und einlägerung im Römischen
Reich, unserm gemeinen vatterlandt, rhum betra-
west heimzusuchen, so bitten wir dich, o trewer
Gott und vatter, du wöllest unsere undanckhbarkeit
nicht ansehen und daß wir ja nicht werth sein, daß
du dich unser annehmest oder erbarmest. Siehe aber
ahn die ehre deines heiligen nahmens und deinen lie-
ben sohn Jesum Christum, in deme du uns alle un-
sere sünde gnediglich verziehen hast. O herr, bekeh-
re uns, auff daß wir uns zu dir bekehren4, wache
auff, o trewer Gott und lasse deine christenheit nit
gar verwüstet werden, wöllest nicht deinen zorn wie-
der uns außgießen5, sondern vielmehr den geist der
gnaden und des | gebets6, damit wir und unsere liebe
3 Die angegebenen Stellen beziehen sich auf die Kirchen-
ordnung vom 1. Mai 1598, oben, S. 666 Anm. 157 und
164.
4 Vgl. Jer 31,18.
5 Apk 16,1.
6 Sach 12,10.
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