29. Edikt gegen Unzucht und Ehebruch 1584
Jedoch erklären wir obgesetzte Ordnung und
Straffen hiemit dahin, wenn der verbrechenden Per-
sonen eines nur Ehelich, das ander nicht verheyraht
ist und der Ehegemachten eins und also das un-
schuldig theil selbst für das verbrechendt bitten und
sich erbieten würde, dem schüldigen theil, verbro-
chener trew ungeacht, lenger Ehelich beyzuwohnen,
daß alßdann dem Ehestandt zu ehren die straff ge-
lindert werden und der schultige theil, dem also ver-
ziehen und in die Ehe widerumb auffgenommen
wirdt, neben der Gefängnuß- oder Geltstraff (so im
nach gelegenheit auff[zuerlegen]b) der Herrschafft
ewig verwiesen Und der unschuldige theil ime in
dem auch zu folgen schuldig sein solle. Das ander
theil, so ledig und unverandert9 ist, doch deß andern
gelegenheit wol gewußt hat, soll nichts desto weni-
ger, wie obangeregt, vom Leben zum Todt gebracht
werden. Aber wenn ein Ehemann mit eines andern
Weib die Ehe bricht, sol es inn allweg bey obgesetz-
ter Straff bleiben und diß Orts gantz keine der Ehe-
leut remission, nachlaß oder verzeihung statthaben.
Und obgesetzte fell alle sind dahin zuverstehen,
wenn die Beyschlaffung ohne Gewalt und mit beider
theil guten willen geschicht; Dann do Gewalt ge-
braucht wirdt, da ist der vergwaltigt theil unschul-
dig, Aber der Vergewaltiger ist allweg deß Todts
schuldig und mit dem Schwerdt hinzurichten, es ge-
schehe mit Jungfrauwen, Eheweibern oder Witti-
ben.
Ferner und zum andern, do under den Ehegemech-
ten eins bey leben seines Ehegemahls und do es
weiß, daß derselbig noch im leben ist, zur andern
Ehe greiffen und sich an ein anders, welches auch
wußte, daß das ander Ehegemecht noch im leben
wehre, bestatten10 würde, wenn sie gleich nur Ehe-
lich verlobt und nicht zur Kirchen und strassen gan-
gen noch eingesegnet weren, Doch sich fleischlich
erkandt hetten, die beide sollen gleichfalls wie Ehe-
brecher, der Mann mit dem Schwerdt, das Weib mit
b Papier zerstört.
9 Unverheiratet, Grimm, DWb 25, Sp. 74.
10 Binden.
11 Diechter = Enkel, Grimm, DWb 2, Sp. 1099.
12 Inzest.
dem Wasser oder auch dem Schwerdt, vom Leben
zum Todt gericht werden. Wo aber das beyschlaffen
nicht erfolgt were, sol das theil, welches an seinem
noch lebenden Ehegemahel wissentlich also mißhan-
delt, mit entsetzung seiner Ehren mit der Gefäng-
nuß, verweisung deß Lands oder sonst nach gestalt
der Sachen und personen gestrafft werden. Der un-
wissendt theil ist in diesem fall allweg unstraffbar.
Zum dritten ordnen wir, do Personen in auff- oder
absteigender Linien einander verwandt, als Vatter,
Mutter, Altvatter, Altmutter, Son, Tochter, Dich-
tern 11 etc., so weit man under oder uber sich rechnen
kan, sich wissentlich miteinander vermischen wür-
den, welches man im Teutschen Blutschande12 nen-
net, weil dieselbige vermöge gemeiner Recht auch
den Todt auff ir13 tregt, so lassen wir es dabei blei-
ben, daß der Mann mit dem Schwerdt, das Weib mit
dem Wasser oder auch mit dem Schwerdt hingericht
werden. Do aber wegen der Jugendt oder anderer
wichtigen umbstände linderung solcher Straffe für-
zunemmen, So soll dieselbige Person mit stauppen-
schlahen14 deß Lands verwiesen werden. Was aber
die andere Personen, so einander seidtwerts im er-
sten oder andern glied ungleicher Linien verwandt,
antrifft, Wann dieselbige allerseidts nit in der Ehe
seind Und Blutschande miteinander begehen, söllen
beide nur mit stauppenschlahen unserer Graff-
schafft ewig verwiesen werden.
Ebener15 massen sollen auch die Personen, so mit
naher Schwägerschafft einander im ersten oder an-
dern glied ungleicher Linien verwandt, vermöge
Göttlicher Schrifft miteinander die Ehe nicht volzie-
hen können, Als Stieffvatter, Stieffdochter, Stieff-
mutter, Stieffson, deß Sons Weib und dergleichen,
daß allerseidts sonsten nicht Ehelich seind und sich
miteinander vermischen, deßgleichen der, so zwo
Schwestern oder Mutter und Tochter wissentlich
beschlaffen hat, sollen mit stauppenschlahen unsers
Lands ewiglich verwiesen werden.
13 Sich.
14 Öffentliche Prügelstrafe am Pranger mit dem Staupbe-
sen, einer aus Birkenreisig gefertigten Rute, vgl.
Grimm, DWb 17, Sp. 1196f.
15 Gleicher.
715
Jedoch erklären wir obgesetzte Ordnung und
Straffen hiemit dahin, wenn der verbrechenden Per-
sonen eines nur Ehelich, das ander nicht verheyraht
ist und der Ehegemachten eins und also das un-
schuldig theil selbst für das verbrechendt bitten und
sich erbieten würde, dem schüldigen theil, verbro-
chener trew ungeacht, lenger Ehelich beyzuwohnen,
daß alßdann dem Ehestandt zu ehren die straff ge-
lindert werden und der schultige theil, dem also ver-
ziehen und in die Ehe widerumb auffgenommen
wirdt, neben der Gefängnuß- oder Geltstraff (so im
nach gelegenheit auff[zuerlegen]b) der Herrschafft
ewig verwiesen Und der unschuldige theil ime in
dem auch zu folgen schuldig sein solle. Das ander
theil, so ledig und unverandert9 ist, doch deß andern
gelegenheit wol gewußt hat, soll nichts desto weni-
ger, wie obangeregt, vom Leben zum Todt gebracht
werden. Aber wenn ein Ehemann mit eines andern
Weib die Ehe bricht, sol es inn allweg bey obgesetz-
ter Straff bleiben und diß Orts gantz keine der Ehe-
leut remission, nachlaß oder verzeihung statthaben.
Und obgesetzte fell alle sind dahin zuverstehen,
wenn die Beyschlaffung ohne Gewalt und mit beider
theil guten willen geschicht; Dann do Gewalt ge-
braucht wirdt, da ist der vergwaltigt theil unschul-
dig, Aber der Vergewaltiger ist allweg deß Todts
schuldig und mit dem Schwerdt hinzurichten, es ge-
schehe mit Jungfrauwen, Eheweibern oder Witti-
ben.
Ferner und zum andern, do under den Ehegemech-
ten eins bey leben seines Ehegemahls und do es
weiß, daß derselbig noch im leben ist, zur andern
Ehe greiffen und sich an ein anders, welches auch
wußte, daß das ander Ehegemecht noch im leben
wehre, bestatten10 würde, wenn sie gleich nur Ehe-
lich verlobt und nicht zur Kirchen und strassen gan-
gen noch eingesegnet weren, Doch sich fleischlich
erkandt hetten, die beide sollen gleichfalls wie Ehe-
brecher, der Mann mit dem Schwerdt, das Weib mit
b Papier zerstört.
9 Unverheiratet, Grimm, DWb 25, Sp. 74.
10 Binden.
11 Diechter = Enkel, Grimm, DWb 2, Sp. 1099.
12 Inzest.
dem Wasser oder auch dem Schwerdt, vom Leben
zum Todt gericht werden. Wo aber das beyschlaffen
nicht erfolgt were, sol das theil, welches an seinem
noch lebenden Ehegemahel wissentlich also mißhan-
delt, mit entsetzung seiner Ehren mit der Gefäng-
nuß, verweisung deß Lands oder sonst nach gestalt
der Sachen und personen gestrafft werden. Der un-
wissendt theil ist in diesem fall allweg unstraffbar.
Zum dritten ordnen wir, do Personen in auff- oder
absteigender Linien einander verwandt, als Vatter,
Mutter, Altvatter, Altmutter, Son, Tochter, Dich-
tern 11 etc., so weit man under oder uber sich rechnen
kan, sich wissentlich miteinander vermischen wür-
den, welches man im Teutschen Blutschande12 nen-
net, weil dieselbige vermöge gemeiner Recht auch
den Todt auff ir13 tregt, so lassen wir es dabei blei-
ben, daß der Mann mit dem Schwerdt, das Weib mit
dem Wasser oder auch mit dem Schwerdt hingericht
werden. Do aber wegen der Jugendt oder anderer
wichtigen umbstände linderung solcher Straffe für-
zunemmen, So soll dieselbige Person mit stauppen-
schlahen14 deß Lands verwiesen werden. Was aber
die andere Personen, so einander seidtwerts im er-
sten oder andern glied ungleicher Linien verwandt,
antrifft, Wann dieselbige allerseidts nit in der Ehe
seind Und Blutschande miteinander begehen, söllen
beide nur mit stauppenschlahen unserer Graff-
schafft ewig verwiesen werden.
Ebener15 massen sollen auch die Personen, so mit
naher Schwägerschafft einander im ersten oder an-
dern glied ungleicher Linien verwandt, vermöge
Göttlicher Schrifft miteinander die Ehe nicht volzie-
hen können, Als Stieffvatter, Stieffdochter, Stieff-
mutter, Stieffson, deß Sons Weib und dergleichen,
daß allerseidts sonsten nicht Ehelich seind und sich
miteinander vermischen, deßgleichen der, so zwo
Schwestern oder Mutter und Tochter wissentlich
beschlaffen hat, sollen mit stauppenschlahen unsers
Lands ewiglich verwiesen werden.
13 Sich.
14 Öffentliche Prügelstrafe am Pranger mit dem Staupbe-
sen, einer aus Birkenreisig gefertigten Rute, vgl.
Grimm, DWb 17, Sp. 1196f.
15 Gleicher.
715