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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (14. Band): Kurpfalz — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1969

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https://doi.org/10.11588/diglit.30629#0059
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Ämter erlassen worden77.Wir besitzen diesen Originaltext nicht mehr, wohl aber eine spätere Ausfertigung
in das im Elsaß gelegene Amt Lützelstein. Die Entfernung soll in aller Stille, auch nachts geschehen,
damit das Volk nicht unnötig erregt wird. Dem soll auch durch entsprechende Predigten gesteuert werden.
Nach eben dieser Vorschrift hat Flinner in Heidelberg, wie er berichtet, gepredigt78. Ausgenommen waren
von diesen Bestimmungen zunächst die gemeinschaftlichen Orte. Da die Durchführung dieses Mandats
zu wünschen übrig ließ, wurde es im Dezember 1557 noch einmal erneuert, wobei für die Exekution eine
Frist von 14 Tagen gesetzt wird79.
Während die bisher besprochene Kirchengesetzgebung Ottheinrichs einen relativ geschlossenen Ein-
druck hinterläßt, sind für die Folgezeit nur noch vereinzelte Akte aufzuzählen.
22. [Revers und Bestallungsbrief eines Kirchendieners vom Januar 1558].
Ein Bestallungsbrief ist die kurfürstliche Anstellungsurkunde, der Revers ist die unterschriftlich
vollzogene Selbstverpflichtung des Kirchendieners auf diese Anstellungsbedingungen. Wir besitzen zwei
solcher Bestallungen, eine für den von Straßburg nach Heidelberg ausgeliehenen Pfarrer Johannes
Flinner, der an Hl. Geist in Heidelberg amtierte, vom 20. Januar 1558, eine andere ohne Revers für
Wilhelm Klebitz, den Diakon an Hl. Geist, vom 1. Januar 1558. Der Rangunterschied beider zeigt sich
in den verschiedenen Besoldungsstufen. Da Flinner bereits seit 1556 in Heidelberg Dienst tat, darf man
wohl vermuten, daß diese seine so spät datierte Bestallung vielleicht mit einer generellen Neuordnung der
Pfarreranstellung in Kurpfalz in Verbindung zu bringen ist.
Der Kirchendiener wird zu reiner Lehre - es fehlt der Hinweis auf ein Bekenntnis, dafür sind aber
Sakramentsschwärmer (Zwinglianer) und Wiedertäufer, gegen die am 25. Januar 1558 ein gesondertes
Mandat ergeht80, ausgeschlossen - zur Innehaltung der Kirchenordnung und friedfertigem und erbau-
lichem Wandel verpflichtet. Seine Besoldung in Geld erhält er von einem Kirchenbereiter, die in Natura-
lien aus der Hofkellerei, was aber hier wohl Heidelberger Verhältnisse betrifft, anderwärts werden die
Naturalien aus der Amtskellerei geliefert worden sein.
23. Instruction, weß sich unser pfaltzgrave Ottheinrichs, churfurstens etc., geordenter specialsuper-
intendens zu Lutzelstein, Doctor Johann Marbach, hinfurter in seinem uferlegten ampt, sonderlich
in visitirung der kirchen und schulen seines betzyrckhs biß uf ferner verordenung verhalten und
außrichten soll [vom 1. September 1558].
Dies ist eine Neubearbeitung der Spezialsuperintendenteninstruktion von 1556 (Nr. 11), wobei die
Schemata der halbjährlichen Visitationen einander sehr ähneln. Hier scheinen die Erfahrungen der
Visitation von 1556 eingearbeitet zu sein. Neu ist die ausdrückliche Berufung auf die Confessio Augu-
stana von 1530 als Lehrnorm und die Befragungen auf Stellung zur Wiedertaufe, Zwinglianismus,
Schwenckfeldianismus, Osiandrismus und Majorismus. Das ist ein Einschwenken auf die gnesio-
lutherische Kondemnationsforderung dieser Jahre. Das in der Kirchenordnung noch beibehaltene Fest
Mariae Himmelfahrt wird nun abgeschafft. Hospitäler und Almosenwesen finden besondere Erwähnung.
Klöster und Stifter bestehen fort, das gottesdienstliche Leben in ihnen hat aber der Kirchenordnung zu
entsprechen, ihre Insassen sind zu züchtigem Leben anzuhalten und sollen statt katholischer Bücher evan-
gelische lesen.

77 Vgl. das Zitat aus dem Brief Flinners vom 26. Februar 1557 bei Rott, Kirchen- und Bildersturm, 8. 237—238.
78 Ebendort S. 238.
79 Vgl. zur weiteren Durchführung Rott, Kirchen- und Bildersturm, S. 238—241.
80 Text bei Krebs, Quellen zur Geschichte der Täufer, Nr. 157, S. 155-159.

3 Sehling, Bd. XIV, Kurpfalz

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