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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (14. Band): Kurpfalz — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1969

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https://doi.org/10.11588/diglit.30629#0066
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31. Kirchenordnung, wie es mit der christlichen lehre, heiligen sacramenten und ceremonien in des
durchleuchtigsten, hochgebornen fürsten und herren, herrn Friderichs, pfaltzgraven bey Rhein, des
heiligen römischen reichs ertzdruchsessen und churfürsten, hertzogen in Bayrn etc., churfürsten-
thumb bey Rhein gehalten wirdt [vom 15. November 1563].
Dabei wurde der Erstellung einer Lehrgrundlage der Vorrang gegeben. Das endliche Ergebnis ist
der Heidelberger Katechismus von 156390.
Die bisher gültige Kirchenordnung Ottheinrichs (Nr. 7), aber auch die Bestallungsformulare, be-
riefen sich auf die Hl. Schrift und die Augsburgische Konfession, worunter man 1562 in Heidelberg
sicherlich die Variata verstand. Im Text bot die Kirchenordnung für die Theologen das Examen ordi-
nandorum Melanchthons und als Kinderkatechismus denjenigen des Johannes Brenz. In den Schulen
wurde auch der kleine Katechismus Luthers gebraucht, den Heshusen besonders propagiert hatte und von
dem noch 1560 ein Nachdruck in Heidelberg erschienen war. Auch andere Katechismen scheinen noch
zum Unterricht benutzt worden zu sein, so „Eine kurze ordentliche summa der rechten wahren Lehre
unseres heiligen christlichen Glaubens“, ein zuerst in Regensburg gedrucktes Büchlein eines unbekann-
ten Verfassers, das 1558 in Heidelberg nachgedruckt worden war91. Im Sapienzkolleg arbeitete Ursin
mit dem Straßburger Katechismus. Dieser Mannigfaltigkeit sollte durch eine neue und einheitliche Form
gesteuert werden.
So erstellte Zacharias Ursinus, als Professor für Loci communes für dergleichen gewissermaßen
zuständig, zwei Entwürfe, eine ausführlichere und theologisch anspruchsvollere Summa Theologiae92 in
lateinischer Sprache und eine deutsche Catechesis minor93, die eine 323, die andere 108 Fragen und Ant-
worten enthaltend. Die bisherige Forschung, insbesondere Lang94, nimmt an, daß diese beiden Schriften
nacheinander einer theologischen Kommission präsentiert worden seien. So entsteht das Bild eines
äußerst komplizierten Redaktionsvorgangs, das viele Zeichen historischer Unwahrscheinlichkeit an sich
trägt.Die einzig verläßliche Nachricht, die wir dazu besitzen, besagt, daß beide Entwürfe gleichzeitig vor-
gelegt wurden, aber eine unterschiedliche Zweckbestimmung hatten, die Summa sollte Studenten und
Lateinschülern, der Katechismus Kindern und dem gemeinen Mann dienen95. Dies entspricht im Zuge
der Neubearbeitung der Kirchenordnung in etwa der Doppelung von Ordinandenexamen und Kinder-
katechismus. Auch die Vorrede des endgültig erarbeiteten Heidelberger Katechismus deutet eine solche
Doppelfunktion noch an.
Bei diesen Vorarbeiten Ursins, aber auch noch bei den nun einsetzenden Kommissionsberatungen
hahen mancherlei Schriften als Vorbilder gedient und sachliche Anregung geboten. Außer den bereits an-
geführten und in der Pfalz beheimateten Schriften sind vor allem der Genfer Katechismus, von dem 1563
eine deutsche Übersetzung in Heidelberg erschien, und der Zürcher Katechismus zu nennen. Durch die
1562 erfolgte Übersiedlung der niederländischen Fremdengemeinde aus Frankfurt a.M. nach Franken-
thal und den wachsenden Einfluß ihres Predigers Petrus Dathenus gewinnt auch die niederländische

90 Über Entstehung und Frühgeschichte des Katechismus gedenken wir bei späterer Gelegenheit in einer Monographie
zu handeln.Wir bieten hier nur in einer kurzen Zusammenfassung das für diese Edition Notwendige mitsamt eini-
gen Ergänzungen und Korrekturen zu herrschenden Auffassungen.
91 Reu, Bd. I, S. 201-203; Text ebendort S. 720-734.
92 Z. Ursinus, Opera theologica. Heidelberg 1613. Tom. I, pag. 12-33; danach bei Lang, Der Heidelberger Kate-
chismus und vier verwandte Katechismen, S. 152—199.
93 Ursini Opera, Tom. I, pag. 34-43; danach bei Lang, S. 200-218. Von dieser Catechesis kennen wir nur diese,
vom Herausgeber der Werke Ursins Quirin Beuter besorgte lateinische Übersetzung des ursprünglich deutschen
Textes.
94 Lang, Der Heidelberger Katechismus und vier verwandte Katechismen, S. LXXVII-LXXVIII und passim;
Ders., Der Heidelberger Katechismus, 1913, S. 27-28.
95 Reuters Vorbemerkung in Ursini Opera, Tom. I, pag. 10-11.

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