kirchlichen Leben bereits fest verwurzelt gewesen sind. Die Privatabsolution wird nicht ausdrücklich,
sondern nur in vorsichtig verschleierter Redeweise bei auftretendem Bedürfnis gestattet, die Kranken-
kommunion ausdrücklich, wenn abergläubische Vorstellungen nicht statthaben und die Hausgemeinde
mit dem Kranken gemeinsam kommuniziert. Brotbrechen oder Oblatengebrauch werden in den Gemein-
den je nach dem Grade ihres Fortschritts im reformierten Abendmahlsverständnis gehandhabt, wiewohl
das Formular eindeutig vom Brotbrechen spricht. Statt einer violenten Reformation, statt eines radikalen
Purismus ist hier eher weise und seelsorgerliche Mäßigung am Werke gewesen.
Der Kurfürst hat insbesondere auf Harmonie der Kirchenordnung mit dem Katechismus und auf
Schriftgemäßheit gedrungen. So ist der Text denn auch vielfältig vom biblischen Sprachgebrauch durch-
waltet. Der Katechismus ist die innere Mitte der Agende geworden, er ist nicht nur in seinem gesamten
Umfang in sie aufgenommen, sondern hat auch die Dispositionen eines Teils der Vermahnungen und
vielfältig den Wortlaut bis hin zu direkten Zitaten geprägt. So ist nicht von ungefähr festgestellt worden:
,,Man gewinnt sogar den Eindruck, daß die ganze Gottesdienstordnung nur um des Katechismus und
seiner Einführung willen vorhanden sei und viel mehr als irgendwelches liturgische Prinzip das Be-
streben, den Katechismus zum unverlierbaren Eigentum der ganzen Bevölkerung zu machen, dabei maß-
gebend gewesen sei“13.
Am 24. Oktober 1563 wurde in Heidelberg, wo die Pest grassierte, zum ersten Male das Abendmahl
nach der neuen Agende gefeiert, obwohl der Kurfürst erst am 15. November in der Ausweichresidenz
Mosbach das Einführungsdekret unterschrieben hatte. Die Einführung der Kirchenordnung in den Ge-
meinden des gesamten Territoriums ist 1564 durch eine allgemeine Kirchenvisitation vorgenommen
worden, von der wir sonst wegen des Mangels an Quellen nicht viel wissen, außer daß die Pfarrstellen-
besetzung und die Pfarrkompetenzen überprüft worden zu sein scheinen. Im Zuge solcher Maßnahmen,
wegen des neuen Katechismus und der Agende haben noch einmal eine Reihe von lutherisch gesinnten
Pfarrern Kurpfalz verlassen.
Diese Kirchenordnung ist für den kurpfälzischen Bedarf wiederholt nachgedruckt worden (Nr. 39,
42, 43, 78) und hat bis zum Todesjahr Friedrichs III. im Kurfürstentum am Rhein in Geltung gestan-
den, bis sie dann durch dessen Sohn und Nachfolger LudwigVI. mit dessen lutherischer Kirchenordnung
von 1577 (Nr. 60) außer Kraft gesetzt wurde. Nur Friedrichs zweiter Sohn Johann Casimir hielt
währenddessen in den von ihm ererbten Ämtern an ihr fest und führte sie dann nach des Bruders Tod
in der Zeit seiner Vormundschaft durch einen nur wenig veränderten Neudruck von 1585 (Nr. 82) wieder
in den rheinpfälzischen Gemeinden ein, wo diese Form erst durch die durchgreifende Neubearbeitung
von 1601 (Nr. 96) verdrängt wurde. Mit der Zeit bürgerte es sich auch ein, daß den kurpfälzischen
Bibeln, den separaten Katechismusausgaben und den verschiedenen Auflagen des kurpfälzischen Ge-
sangbuchs seit 1567 Teile der Agende zum Privatgebrauch beigegeben wurden. Diese versteckten Nach-
drucke sind hier unberücksichtigt geblieben.
Dadurch, daß die niederländische Fremdengemeinde in Frankenthal den kurpfälzischen Landes-
ritus zu befolgen hatte und infolgedessen die Kirchenordnung übernahm, diese Frankenthaler Gemeinde
und ihre Pastoren aber bei der sich seit 1566 konstituierenden niederländischen Gesamtkirche die füh-
rende Rolle spielten, eroberten sich Katechismus und Kirchenordnung auch das niederländische Sprach-
gebiet. Auch in den meisten deutschen reformierten Kirchen wurde diese Kirchenordnung entweder über-
nommen oder vorbildlich für deren gottesdienstliches Leben. So ist neben dem Katechismus auch die
Kirchenordnung eins der wichtigsten Dokumente des reformierten Protestantismus geworden.
Nachdem Lehrgrundlage und Agende der kurpfälzischen Kirche in den rheinischen Stammlanden -
der erste Einführungsversuch des reformierten Bekenntnisses in der Oberpfalz 1563 scheiterte am ent-
13 Bassermann, S. 71.
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sondern nur in vorsichtig verschleierter Redeweise bei auftretendem Bedürfnis gestattet, die Kranken-
kommunion ausdrücklich, wenn abergläubische Vorstellungen nicht statthaben und die Hausgemeinde
mit dem Kranken gemeinsam kommuniziert. Brotbrechen oder Oblatengebrauch werden in den Gemein-
den je nach dem Grade ihres Fortschritts im reformierten Abendmahlsverständnis gehandhabt, wiewohl
das Formular eindeutig vom Brotbrechen spricht. Statt einer violenten Reformation, statt eines radikalen
Purismus ist hier eher weise und seelsorgerliche Mäßigung am Werke gewesen.
Der Kurfürst hat insbesondere auf Harmonie der Kirchenordnung mit dem Katechismus und auf
Schriftgemäßheit gedrungen. So ist der Text denn auch vielfältig vom biblischen Sprachgebrauch durch-
waltet. Der Katechismus ist die innere Mitte der Agende geworden, er ist nicht nur in seinem gesamten
Umfang in sie aufgenommen, sondern hat auch die Dispositionen eines Teils der Vermahnungen und
vielfältig den Wortlaut bis hin zu direkten Zitaten geprägt. So ist nicht von ungefähr festgestellt worden:
,,Man gewinnt sogar den Eindruck, daß die ganze Gottesdienstordnung nur um des Katechismus und
seiner Einführung willen vorhanden sei und viel mehr als irgendwelches liturgische Prinzip das Be-
streben, den Katechismus zum unverlierbaren Eigentum der ganzen Bevölkerung zu machen, dabei maß-
gebend gewesen sei“13.
Am 24. Oktober 1563 wurde in Heidelberg, wo die Pest grassierte, zum ersten Male das Abendmahl
nach der neuen Agende gefeiert, obwohl der Kurfürst erst am 15. November in der Ausweichresidenz
Mosbach das Einführungsdekret unterschrieben hatte. Die Einführung der Kirchenordnung in den Ge-
meinden des gesamten Territoriums ist 1564 durch eine allgemeine Kirchenvisitation vorgenommen
worden, von der wir sonst wegen des Mangels an Quellen nicht viel wissen, außer daß die Pfarrstellen-
besetzung und die Pfarrkompetenzen überprüft worden zu sein scheinen. Im Zuge solcher Maßnahmen,
wegen des neuen Katechismus und der Agende haben noch einmal eine Reihe von lutherisch gesinnten
Pfarrern Kurpfalz verlassen.
Diese Kirchenordnung ist für den kurpfälzischen Bedarf wiederholt nachgedruckt worden (Nr. 39,
42, 43, 78) und hat bis zum Todesjahr Friedrichs III. im Kurfürstentum am Rhein in Geltung gestan-
den, bis sie dann durch dessen Sohn und Nachfolger LudwigVI. mit dessen lutherischer Kirchenordnung
von 1577 (Nr. 60) außer Kraft gesetzt wurde. Nur Friedrichs zweiter Sohn Johann Casimir hielt
währenddessen in den von ihm ererbten Ämtern an ihr fest und führte sie dann nach des Bruders Tod
in der Zeit seiner Vormundschaft durch einen nur wenig veränderten Neudruck von 1585 (Nr. 82) wieder
in den rheinpfälzischen Gemeinden ein, wo diese Form erst durch die durchgreifende Neubearbeitung
von 1601 (Nr. 96) verdrängt wurde. Mit der Zeit bürgerte es sich auch ein, daß den kurpfälzischen
Bibeln, den separaten Katechismusausgaben und den verschiedenen Auflagen des kurpfälzischen Ge-
sangbuchs seit 1567 Teile der Agende zum Privatgebrauch beigegeben wurden. Diese versteckten Nach-
drucke sind hier unberücksichtigt geblieben.
Dadurch, daß die niederländische Fremdengemeinde in Frankenthal den kurpfälzischen Landes-
ritus zu befolgen hatte und infolgedessen die Kirchenordnung übernahm, diese Frankenthaler Gemeinde
und ihre Pastoren aber bei der sich seit 1566 konstituierenden niederländischen Gesamtkirche die füh-
rende Rolle spielten, eroberten sich Katechismus und Kirchenordnung auch das niederländische Sprach-
gebiet. Auch in den meisten deutschen reformierten Kirchen wurde diese Kirchenordnung entweder über-
nommen oder vorbildlich für deren gottesdienstliches Leben. So ist neben dem Katechismus auch die
Kirchenordnung eins der wichtigsten Dokumente des reformierten Protestantismus geworden.
Nachdem Lehrgrundlage und Agende der kurpfälzischen Kirche in den rheinischen Stammlanden -
der erste Einführungsversuch des reformierten Bekenntnisses in der Oberpfalz 1563 scheiterte am ent-
13 Bassermann, S. 71.
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