Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (14. Band): Kurpfalz — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1969

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30629#0081
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Im Verbot des Ausschließens der Zuhörer von der Kanzel wird man aber auch wohl noch einen
Reflex auf die Bannpraxis eines Heshusen und die Exkommunikationsbeflissenheit eines Olevian36
sehen dürfen, so daß hier wohl ein sachlicher Zusammenhang mit den voraufgehenden Texten besteht.
47. Almusenordnung der statt Haydelberg [um 1570].
Das Edikt vom 13. Juli 1570 (Nr. 44) hatte vorgeschrieben, einen Bericht über das Almosenwesen
durch die Amtleute an die Kanzlei zu liefern. So berichten Bürgermeister und Rat der Stadt Heidelberg
im gleichen Jahre nach Martini an den Kurfürsten, wie es mit der Austeilung des Almosens, das
wöchentlich eingesammelt wird, mit der Elendenherberge und anderem gehalten wird37. Dabei wird er-
wähnt, daß ,,die almusen, so alhie zu Heydelberg vor jaren underschiedtlichen ußgetheilt, neuerlicher zeith
uf bevelch e.[urer] churf .[ürstlicher] g.[naden] in ein corpus gezogen“ wurden. Dem entspricht ziemlich
genau der Anfang dieser Ordnung, die undatiert ist, aber deswegen aus dieser Zeit stammen könnte. In
manchen Bestimmungen zeigt sie gegenüber derjenigen um 1564 (Nr. 35) Fortschritt und weitere Aus-
gestaltung. Sie erwähnt bei den Einnahmen aber noch nicht die Polizeigebühren, die mit Wirkung vom
13. Juli 1570 (Nr. 44) dem Almosen zugewiesen werden. Manches aus dieser Ordnung ist vorbildlich
für die allgemeine kurpfälzische Almosenordnung vom 17. Februar 1574 (Nr. 55) geworden.
48. [Bericht des Kirchenratspräsidenten Wenzel Zuleger an Kurfürst Friedrich III. über die Einrich-
tung von Classicalconventen und Presbyterien vom Frühjahr 1571].
Dieser Bericht zeigt, daß Classicalconvente und Presbyterien durch eine Visitation in den Ämtern
endgültig eingeführt wurden. Er ergänzt durch eine Aufzählung strafbarer Delikte und Ärgernisse das
Edikt vom 13. Juli 1570 (Nr. 44). Die Kommission hat die Ämter Dirmstein und Starkenburg visitiert,
weitere Ämter sollen besucht werden. Am 14. März 1571 berichten die Kirchenräte Zuleger und Erasmus
Heckel über die Ämter Bretten, Mosbach und die Kellerei Hilsbach38, wo sich im Unterschied zu Dirm-
stein und Starkenburg Widerstand erhob. Zuleger betont geflissentlich, daß die Visitatoren sich strikt an
ihre Anweisung halten, von der Exkommunikation verlautet kein Wort. Die Aktion gibt sich als Voll-
ziehung von Katechismus und Kirchenordnung.
Wie die von den Visitatoren betriebene Einrichtung von Presbyterien vor sich ging, zeigt die
49. Verkhündung der senioren [für Rheinpfalz und die Vordere Grafschaft Sponheim vom Frühjahr
1571].
Mit der gänzlichen Unterwerfung unter die Ordnung des Wortes Gottes ist ein presbyterianisches
Schlagwort angeführt. Aufgabe der Verordneten ist Vermahnung und Abmahnung von den Sakramenten.
Almosenpfleger sind demnach Mitglieder des Presbyteriums.
Die Befugnisse der Verordneten enthält in allen Einzelheiten die gleichzeitige
50. Officium presbyterorum [für Rheinpfalz und die Vordere Grafschaft Sponheim von 1571].
Neben dem aus den bisher angeführten Texten Bekannten begegnet hier neu die Auflage der Proto-
kollführung und die mutua censura unter den Mitgliedern des Kollegiums. Die Bezeichnung der Polizei-
aufsicht als eines ,,politischen Werks“ ist wieder ein presbyterianischer Zug. Die Punkte 13 und 14 über
die Abmahnung von den Sakramenten und Anzeige der Hartnäckigen lassen erkennen, wie leicht diese
Ordnung bei aller Legalität im Sinne des Edikts vom 13. Juli 1570 (Nr. 44) rein presbyterianisch ge-
handhabt werden konnte.

36 Rott, Neue Quellen, S. 30.
37 GLA Karlsruhe 67/979, fol. 161-166.
38 Rott, Neue Quellen, S. 65—67.

55
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften