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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (14. Band): Kurpfalz — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1969

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https://doi.org/10.11588/diglit.30629#0092
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dienern eine Eidesverpflichtung abgenommen worden. Erst später werden diesbezüglich für Kirchen- und
Schuldiener spezifizierte Formulare (Nr. 66 und 67) hergestellt.
Diese Ordnung kennt das Amt eines Generalsuperintendenten nicht, obwohl dieser dem Kirchenrat
als theologisches Mitglied angehört haben muß63. Wahrscheinlich hat er eine gesonderte Instruktion er-
halten, die uns allerdings nicht bekannt ist. Sie dürfte vornehmlich Visitationsbefugnisse zum Gegen-
stande gehabt haben. Jedenfalls nahm der Generalsuperintendent eine Mittlerstelle zwischen Super-
intendenten und Kirchenrat ein64.
62. Pfaltzgrave Ludwigs, churfürstens etc., aufgerichte christliche policeyordnung [vom 1.Januar
1578].
Dies ist eine sowohl für die Rheinpfalz als auch für die Oberpfalz bestimmte Erneuerung der
Polizeiordnung Friedrichs III. von 1562 (Nr. 26). Die Veranlassung dieser neuerlichen Verkündung
ist nicht genannt. Es mag dies aber ähnlich wie bei einer anderen Gesetzeserneuerung wenig später (vgl.
unten Nr. 64 und 65) damit zusammenhängen, daß bei der Bevölkerung der Eindruck entstanden war,
daß mit der Religionsänderung auch die Polizeigesetzgebung Friedrichs III. hinfällig geworden sei.
Dem will der neue Erlaß entgegenwirken.
Dabei ist bei einer gründlichen Überarbeitung des Wortlauts der Sachgehalt der Vorlage vollständig
erhalten geblieben. Vielmehr bringen eine Reihe von Einschüben verschärfende Bestimmungen hinzu,
so das Kauf- und Verkaufverbot zur Gottesdienstzeit, ausgenommen Nahrungsmittel, die Abschnitte
über Hochzeiten und Gastereien, die Friedrichs III. Mandat von 1561 (Nr. 25) und Bestimmungen
der Polizeiordnung von 1546 (Nr. 4) in die Polizeigesetzgebung der Kurpfalz endgültig einmünden
lassen, das gänzliche Verbot von Kirchweihfesten, Fastnacht, Mummereien und dergleichen ,,heidni-
schen“ Volksbräuchen und die Aufsicht über landfahrende Leute, von denen die Fremden auszuweisen
und die Einheimischen unter Kuratel zu stellen sind. Die Bestimmung, daß die Polizeibußen ins Al-
mosen zu liefern seien, erneuert eine solche von 1546 und aus der Almosenordnung von 1574 (Nr. 55),
ist mithin nicht neu, sondern hier nur der Vollständigkeit halber nachgetragen. Da die frühere Verknüp-
fung mit der Kirchenzucht (vgl. Nr. 44 und 45) mit dieser hinfällig geworden war, verlautet davon kein
Wort.
Beschreibung und Textvarianten notieren wir zu Nr. 26.
63. Pfalntzgrave Ludwigs, churfürstens etc., und bischof Marquards zu Speir etc. aufgerichte christ-
liche policeyordnung in der gemeynschaft Altenstatt und Landeck [vom 1. Januar 1578].
Durch gemeinschaftliche Verkündigung am 14. August 1578 durch den Kurfürsten und seinen
Nachbarn, den Speyerer Bischof Marquard von Hattstein (1560-1581), wurde die kurpfälzische Poli-
zeiordnung von 1578 auch in die Gemeinschaftsämter Altenstadt, das Ludwig gemeinsam mit Marquard
in seiner Eigenschaft als Propst von Weißenburg65, und Landeck, das er mit diesem als Bischof von
Speyer66 innehatte, erlassen. Schon aus diesem Vorgang erhellt, wie wenig dieser Bischof von tridentini-
schem Reformeifer beseelt war67.
Zur Reorganisation der kirchlichen Verhältnisse nach dem konfessionellen Umschwung und zur
Befestigung des neuen Bekenntnisstandes muß schon früh das Mittel einer Visitation ins Auge gefaßt
worden sein. Erste Kenntnis von solchen Plänen gibt ein ,,Bedenken, wie die Visitation auf dem Lande

63 J. T. Müller, Die symbolischen Bücher der evangelisch-lutherischen Kirche, Stuttgart 1848, S. 790.
64 Winkelmann I, S. 315.
65 Vgl.Widder II, S. 411.
"Vgl.Widder.II, S. 481.
67 Zur 'politischen und religiösen Haltung Bischof Marquards vgl. Stamer III, 1, S. 16-23.

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