Metadaten

Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (14. Band): Kurpfalz — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1969

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30629#0117
License: Free access  - all rights reserved
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Bedenken zur Reformatlon der Stiftskirchen 1546

geist bisher alle hore canonice deglichs gesungen
worden und auch die pfar der stat Heidelberg gemel-
tem stieft ingeleibt ist, soll zu dieser zeit in dem
stieft der gotsdienst nach volgender weiß verriecht
werden.
Erstlich morgens zu gelegenheit soll man die met-
ten2 singen wie gewonlich, doch das man zu der
metten den psalter continuir, in der metten lectiones
lese nicht aus ongewißen historien3, sonder aus der
biblia4, die mogen in den stieften und clostern, da
man teglichs metten singt, 5also geordent werden,
das, wan man novem lectiones helt6, dry aus den
historischen buchern der biebeln, als Moyse, Josua,
judicum, Ruth, Samuel, der könig und cronica, dar-
nach dry aus den propheten und die drey letsten, die
ersten zwo aus den episteln, die dritte und letste
aber auß dem evangelio gelesen werden.
Wo man aber nur dry lectiones helt7, so soll die
erst aus den historien 8der biebeln8, die ander auß
den propheten, die drit aus dem neuen testament
genomen werden, und sollen also aufeinander gen,
das, wo man heut ufhoret, da soll man morgen wie-
der anheben und also die heylige schrieft ordenlich
nacheinander lesen, alwegen ein zimlich lange lec-
tion, wie bißher der brauch gewesen. Doch mag man
uf die hohen fest aus dieser ordenung geen und lesen,
was siech zum fest am allermeysten schickt9,5.
Item es mocht bedacht werden, ob nützlich, das
teglich nur drey lectiones gehalten werden in der
metten aus den biblischen büchern, wie obgemelt,
und also das invitatorium10, die psalmos und, was
man singet oder lieset, zuchtig, langsam und mit
2 Matutin.
3 An Sonn- und Festtagen wurden zuvor auch Vä-
terpredigten und Heiligenleben gelesen, vgl.
LThK II, 682.
4 Ausschließlich Bibellesungen auch in Neuburg
1543; Fol. fol. 31 verso. Oct. fol. 91 recto.
5-5 Wörtlich aus Neuburg 1543; Fol. fol. 31 verso,
Oct. fol. 91 recto — 92 recto.
6 An Sonn- und Festtagen, vgl. LThK II, 682.
7 An Ferialtagen und einfachen Festen, vgl. LThK
II, 682.
8-8 Fehlt Neuburg 1543.
9 Lesungen de tempore auch schon in katholischer
Zeit, vgl. LThK II, 682.
10 Einleitungsgesang der Matutin.
11-11 Fast wörtlich aus Neuburg 1543; Fol. fol. 31
verso, Oct. fol. 92 recto.
12 Ps. 118 nach Vulgata, 119 nach Luther. Er hatte

gutem verstandt gelesen und gesungen werde zu des
chors und anderer pesserung und ufbauung der kir-
chen.
11Itemdie capitel in der prim, tertz, sext, none
alle auß dem neuen oder alten testament nemen und
ordenlich lesen also, das, wo man in der prim uf-
horet, da soll man in der tertze wieder anheben, und
also durchauß durch alle horas.Und sollen die capi-
tula nicht zu kurtze sein, sonder aufs wenigst ein
gantzen und volkhomen sententz, sofer er aneinan-
der hengt, in siech schliessen11.
Auch mocht bedacht werden, ob nützlicher und
geschieckter, das der psalm beati immaculati12 lang-
sam und mit andacht und gutem verstandt andech-
tiglich gesungen würde anstadt der prim, tertz, sext
und none.
Es were gut, so mit der zeit ein canonicus in dem
chore bestelt wurde auf die tage, so man nicht pre-
digt, derselb im chore ein lection lese etwan zwen
tage in der wochen, als dienstag und durstag, für die
gemein priesterschaft in latein. Und soll doch den
leyhen auch zu solcher lection ein freyer zugang
gelossen werden. Derohalb die lection, so zu latein
gelesen, soll darnoch zu deutsch auch ercleret und
verdolmetscht werden13.
Das dagampt soll gehalten werden servatis cere-
moniis consuetis secundum ordinem prescriptum et
nuper sacerdotibus ex[h]ibitum, wo communicanten
vorhanden, ad finem usque14. So aber nit communi-
canten verhanden, biß uf das simbolum15 inclusive,
volgends ein capitel ex novo testamento und dar-
noch simbolum Athanasii16 oder etwan litaniam17
in der sonntäglichen Prim, Terz, Sext und Non
seinen festen Platz, vgl. Breviarium Romanum,
ed. XIV., II. Aestiva-Autumnalis. Taurini et
Romae 1959, 44-55.
13 Eine ähnliche Bestimmung in Köln 1543, fol. 147
recto; 148 recto — verso.
14 Vgl. die Kirchenordnung von 1546, unten Nr. 3,
S.96-97.
15 Das Nicaeno-Constantinopolitanum, Bekennt-
nisschriften, 26-27.
16 Das Athanasianum erscheint in der Kirchenord-
nung von 1546 im städtischen Werktagsgottes-
dienst, der auch keine Kommunikanten hat, un-
ten Nr. 3, S. 98, der Text Bekenntnisschrif-
ten, 28-30.
17 Die Litanei (Neuburg 1543; Fol. fol. 36 verso —
39 verso, Oct. fol. 106 recto — 112 recto) fehlt in
der Kirchenordnung von 1546 ganz.

91
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften