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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (14. Band): Kurpfalz — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1969

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https://doi.org/10.11588/diglit.30629#0144
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Regierungszeit Ottheinrichs 1556-1559

Von der leer und predig.
Das göttlich wort und himmelische leer zu predi-
gen, ist nit auß menschlichem gutbeduncken erfun-
den und bedacht, sonder von unserm herrn Gott
selbst gestift und verordnet. Es ist auch von Got so
theur und hochwichtig geachtet worden, das sich
dises ampts sein göttlich maiestat anfengklich selbs
underfangen, hernach zu zeiten den engeln und
dann den heiligen patriarchen und propheten, auch
seinem eingebornen son, unserm lieben herrn Jhesu
Christo, da er mensch ist worden, und desselben
aposteln zu verrichten auferlegt und bevolhen hat.
.Die summa aber der rechten, warhaftigen, gött-
lichen, himmelischen und einig seeligmachenden
leer, so von anfang der welt here in der kirchen oder
versamlung Gottes volck17 auf erden geübt und ge-
triben, auch noch biß zu end der welt in übung blei-
ben soll und muß, besteet darauf, nämlich [Joan. iii.
[16]] das Gott die welt, wie Christus selbs leeret, also
geliebt hat, das er seinen einigen son gabe, auf das
alle, die an in glauben, nicht verlorn werden, sonder
das ewig leben haben. Und wie Paulus schreibt
[ii. Tim. i. [9-10]]18: Gott hat uns seelig gemacht
und berufen mit einem heiligen beruf, nicht nach
unsern wercken, sonder nach seinem fürsatz und
gnad, die uns gegeben ist in Christo Jhesu vor der
zeit der welt, jetz aber offenbaret durch die er-
scheinung unsers heilands Jesu Christi, der dem
todt die macht hat genommen und das leben, auch
unvergengklich wesen an das liecht bracht durch
das evangelion. Und hernach verner [Ad Tit. iii.
[3-7]]: Wir warn auch weiland unweis, ungehorsam,
irrig, dienend den lüsten und mancherley wollusten
und wandelten in boßheiten19 und neid und hasse-
ten uns undereinander. Da aber erschein die freunt-
licheit und holdseligkeit Gottes, unsers heilands,
nicht umb der werck willen der gerechtigkeit, die
wir gethon hetten, sonder nach seiner barmhertzig-
keit macht er uns seelig durch das bad der wider-
geburt und erneuerung des heiligen geists, welchen
a-a Fehlt 1577.
17 Neuburg 1554: volcks.
18 Marginal fehlt Neuburg 1554, flndet sich aber in
Württemberg 1553 und 1555.

er außgegossen hat über uns reichlich durch Jhesum
Christum, unsern heiland, auf das wir durch dessel-
ben gnad gerecht und erben seien des ewigen lebens
nach der hoffnung.
Das ist die summa und das haubtstuck, dahin
alle andere capita der rechten, himmelischen und
göttlichen leer, von Gott, von Gottes gsatz, von der
sünd, von dem evangelio, von den sacramenten,
vom glauben, von der gerechtigkeit, von guten wer-
cken, von gescheften eins jetlichen christlichen
stands und berufs, von urstend der todten, von ewi-
ger seeligkeit und kurtzlich von allen anutzlichen
unda notwendigen stucken unserer einigen, rechten,
warhaftigen christlichen religion endtlich gericht
und gelaitet werden.
Nun ist die bemelt leer und, was derselben an-
hengig, in der heiligen göttlichen schrift, nämlich
in der schrift der propheten und aposteln, so genannt
wirdt die biblia alts und neues testaments, dermas-
sen so gnugsam verfaßt, begriffen, außgefürt, er-
klärt und mit göttlichen himmelischen wunder-
zeichen versichert und bestetigt, [Gala. i. [8]] das
auch ein engel vom himmel, so er anderst, dann
[ii. Tim. iii. [14-17]]20 die jetz bemelte schrift auß-
weiset, prediget, verflucht sein solt.
Hierauf sollen die pfarrer, prediger und ander kir-
chendiener, so das leerambt füren, allen iren müg-
lichen fleiß, so tags, so nachts, mit ernstlicher an-
rüfung Gottes dahin richten und wenden, das sie die
schrift der heiligen propheten und aposteln embsige-
lich lesen, recht versteen und alle ire predig in leern,
ermanen und strafen darauf und darauß gründen
und bestetigen.
Und dieweil nach der apostel zeit etliche heilige
väter in sachen, unser christlich religion belangend,
auch geschriben haben, vdewol sie mit iren schriften
der kirchen ires fleiß zu dienen christlich gesinnet,
auch allerley21 irrthumb, so sich wider die rechte
prophetisch und apostolisch leer einreissen wolt,
ires besten vermügens durch Gottes gnad begegnet
und geweeret und der rechten, warhaftigen leer gute
19 Neuburg 1554: boßheit.
20 Der Textbezug dieses Marginals ist nicht ganz
deutlich, besser paßt es zum nächsten Abschnitt.
21 Neuburg 1554: aller.

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