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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (14. Band): Kurpfalz — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1969

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https://doi.org/10.11588/diglit.30629#0196
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Regierungszeit Ottheinrichs 1556-1559

Lieber freundt, weil euch unser herr Gott mit
schwacheit euers leibs heimgesucht, damit ir es Got-
tes willen heimstellet, solt ir wissen:
Zum ersten, das solche unsere leibskranckheit uns
von Gott, dem herrn, umb keiner andern ursach
denn allein umb der sünden willen zugeschickt wirdt
und das die erbsünd, welche von Adam auf uns ge-
erbet, den todt und alles, was in des todts reich ge-
höret, als gebrechen, kranckheit, elend, jammer etc.,
mit sich bringet [vgl. Röm. 6, 23]. Denn, wo wir on
sünd bliben, so het 55weder der todt, noch vil weni-
ger einicherley kranckheit an uns ichts55i schaffen
mögen.
Zum andern, damit wir aber in unser sünden,
kranckheit und allerley anfechtung, auch des todtes
angst und not nicht verzweifeln müssten, so leeret
uns das heilige evangelium, das uns Christus, Gottes
son, von der sünden loß und selig machen will, so wir
glauben an seine verheissung. Und solchs geschicht
auf zweierley weise: Erstlich, das er uns hie auf
erden durch das evangelium und die heiligen sacra-
menta unsere hertzen und gewissen reiniget, Acto.
15. [9]: Er hat ire hertzen gereiniget durch den glau-
ben. Zum andern, wenn aber unsere gewissen der-
gestalt von sünden gereiniget und mit Gott, dem
vater, durch den glauben versönet sindt, muß auch
die sünde aus unsrer natur und wesen außgefeget
und vertilget und wir entlich von allen sünden gerei-
niget und in göttlicher gerechtigkeit und reinigkeit
volkommen werden, damit wir mit Gott ewig leben
sollen.
Zum dritten, damit nun solchs geschehe und in uns
volbracht werde, so schickt uns unser lieber herr Gott
kranckheit, ja auch den todt zu, nicht der meinung,
das er mit uns zürne und uns verderben wölle, sonder
aus grossen gnaden, das er uns in disem leben zu
i 1577: nit.
k 1577: + etc.
kk 1577 + ist.
capitel vom nachtmal Christi beschriben ist, auß-
richten. Jedoch, so die not des krancken der-
massen so groß würde, das es langen verzug nicht
erleiden möcht, mag die vermanung außgelassen,
das gebet aber und die wort der stiftung Christi
sollen in allweg gesprochen und darauf der kranck
mit dem sacrament brots und weins versehen,
auch hernach mit tröstlichen sprüchen der heili-

warer buß und glauben treibe und endtlich aus der
sünden, darin wir noch stecken, und aus allem un-
glück beide, leiblich und geistlich, frey machen will,
wie solches die heilige schrift reichlich bezeuget.
Denn so sagt s.[anct] Paulus l.Corinth. 11 [32]:
Wenn wir vom herrn gerichtet werden, so werden
wir gezüchtiget, auf das wir nicht mit diser welt ver-
dampt werden. Item zun Römern am 8. [28.35.38 bis
39]: Denen, die Gott lieben, müssen alle ding zum
besten dienen und kan sie von der liebe Gottes in
Christo Jesu nichts abscheiden, es sey feur,
schwerd, hunger, tod oder leben.
Zum vierdten, weil nun dem also und du aus dem
heiligen evangelio, durch den mund des sons Gottes,
unsers herrn Jesu Christik geprediget und mit sei-
nem todt und auferstehung bezeuget, deß aufs aller-
gewisest und sicherst bist, das alle deine sünd von
dir auf Christum, ja nun auch von Christo gantz und
gar hinweggethon und ewig vertilget sind und also
gar vor Gottes angesicht kein ursach des zorns und
verdamnuß uber die glaubigen vorhandenkk, sonder
eitel gnad, trost, leben und seligkeit, seitemal unser
lieber herr Gott dich nun in seinen augen hat, nicht
als einen bösen, verdampten sünder, von Adam ge-
boren, sonder als ein gantz gerechts, heiligs, liebes
kind in Christo, in welches gerechtigkeit und leben
du so gewißlich leben und selig sein solt (sofer du es
glaubst) ewigklich, als gewis und warhaftig er nicht
in seinen eygnen, sondern in deinen sünden Gottes
zorn getragen und gestorben ist, so sihe und tröste
dich solcher gnaden und wiß, das die sünde, Gottes
gericht, der tod und helle gar nichts mehr mit dir zu
schaffen haben, sonder Christus, das eynig lamb
Gottes, tregt sie, Johannis am 1. [29], der sie auf sich
genommen und nicht allein auf sich genommen, son-
dern auch durch sich selbst uberwunden und ewig
gen schrift und christlichen argumenten zum ver-
trauen in herrn Christum, zur gedult und gehor-
sam ermanet werden.
Es soll auch der pfarrer die gesunden, bevorab
die freundtschaft und nachbaurschaft, vermanen,
so das nachtmal bei einem krancken gehalten
würdt, das sie sich auch darzu verfügen und, ob
sie schon selbs das nachtmal nicht empfahen,
doch helfen beten und irer künftigen not hiemit
erinnert werden.
55-55 Neuburg 1554: auch der tod, vil weniger anderley
kranckheyt an uns nichts.

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