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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (14. Band): Kurpfalz — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1969

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https://doi.org/10.11588/diglit.30629#0217
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Kirchenordnung 1556

haubt der kirchen, die sein leib ist, und er wirckt
alles in allen. Item Ephe. 3. [16-17]: Das ir durch
seinen geist gesterckt werdt, das Christus in euern
hertzen wone durch den glauben. 2.Corinth. 3. [18]:
Nun aber schauen wir in des herrn klarheit wie in
einen spiegel mit aufgedecktem angesicht, und wer-
den wir verkleret in dasselbige bild von einer klar-
heit in die ander als vom geist des herrn. Hie sind
alle personen ordenlich angezeigt, der ewig vater,
welchen er nennet den herrn, sein bild und klarheit
oder glantz ist der son, der uns erkhentnus gibt des
vaters, und der heilig geist, der unsere hertzen
sterckt, das sie in diser erkhentnus bleiben und nicht
daraus fallen, sondern für und für gleichförmiger
werden dem wort, das dem ewigen vater gleich ist
und in offenbart. Dises sollen christliche hertzen in
rechter bekerung und ernstlichem trost für und für
lernen.
Ob dise red recht sey:
Allein durch glauben werden wir gerecht?
Antwort:
Dise red: Allein durch glauben werden wir ge-
recht, sola fide iustificamur, ist eben dise red: Gra-
tis iustificamur fide, one unsere verdienst werden
wir vor Gott gerecht, das ist, one unser verdienst
haben wir vergebung der sünden und sind Gott ge-
fellig umb des herrn Christi willen durch glauben.
Und ist dise rede recht und mit dem wort gratis in
s.[anct] Paulo oft ausgedruckt [vgl. Röm. 3, 24 u. ö.].
Contra: Sind doch vil tugenden in der bekerung,
warumb sprichst du denn sola fide? Mus doch reu
und leid im menschen sein, item guter fürsatz, lieb
und hoffnung? etc.
Antwort: Ob gleichwol vil tugenden in der be-
kerung sind und sein müssen, so sind sie doch nicht
verdienst oder causae oder ursach, darumb die per-
son vergebung der sünden habe und vor Gott ge-
recht, das ist, Gott gefellig sey. Sonder allein umb
des herrn Christi willen empfahen wir vergebung der
sünden und sind gerecht, das ist, Gott gefellig. Und

62 Neuburg 1554: + Darumb auß dem glauben umb-
sonst, das die verheissung gewiß sey.
63 Neuburg 1554: + Der von wegen uns menschen
und von wegen unsers heils vom himel herab-
gestiegen ist.

dises kan anderst nicht denn durch den glauben an-
genommen werden, der die verheissung fasset, wie
s.[anct] Paulus spricht: Ideo ex fide gratis, ut sit
firma promissio62 [Rom. 4, 16].
Contra: Glauben doch die teufel auch und sind
nicht gerecht, warumb sprichstu denn: Allein durch
glauben sind wir gerecht?
Antwort: Die teufel glauben nur die historien. Sie
glauben aber nicht, das Christus inen zugut gesandt
sey und ir heiland sey. Ja, sie wissen, das er sie in
grausame, ewige straf verdampt. Haben derhalben
ein grimmigen zorn und haß wider Gott und den
herrn Christum. Aber wir sollen glauben, das der
herr Christus uns zugut gesandt ist und uns zugut
ein opfer worden ist und unser gerechtigkeit und
versünung ist, wie im symbolo steet:63 Qui propter
nos homines et propter nostram salutem descendit
de coelo64. Und in Esaia [9, 5] ist geschriben: Der
son ist uns gegeben. Und disen einfeltigen bericht
vom underscheid des glaubens in teufeln und des
rechten glaubens soll man den leuten treulich er-
kleren.
Contra: Ists doch unmüglich, das etwas gerecht
sey allein durch wissen, nun ist der glaub nur ein
wissen?
Antwort: Der glaub, dardurch der mensch verge-
bung der sünden erlangt und gerecht ist, ist nicht
allein das wissen, wie auch in den teufeln und gott-
losen menschen ein erkhentnus der historien ist.
Sonder diser rechte glaub ist, alle artickel des glau-
bens wissen und für war halten und darin auch die
verheissung der gnaden Christi, darauf alle artickel
als auf das encle gerichtet sind. Und ist also ein war-
haftig, hertzlich vertrauen auf den son Gottes, Je-
sum Christum, den mittler und versüner, das wir
umb seinetwillen und durch in haben vergebung der
sünden, gnad und seligkeit. Dises vertrauen ist so
fern von des teufels glauben als der himmel von der
hell und leben vom tod.
Und man soll die leute wol underrichten, das sie
im symbolo disen artickel mercken: Credo remissio-
64 Aus dem Nicaeno-constantinopolitanum, vgl.
Bekenntnisschriften, 26.

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