Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (14. Band): Kurpfalz — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1969

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30629#0228
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Regierungszeit Ottheinrichs 1556-1559

Sie nennen drey teil, contritio, confessio und sa-
tisfactio.
Von der contrition haben sie dise zween grausame
irrthumb, die man strafen mus, das sie sagen, man
mus gnugsame reue und leid haben, item dieselbige
gnugsame reue und leid verdiene vergebung der
sünden.
Dargegen sollen wir wissen, das kein mensch gnug-
same reue haben kan. Und so die reu und schrecken
wachsen und das hertz nicht trost hat an Christo, so
versinckt es gantz in die helle. Und wissen die bepst-
lichen nicht, was sie reden.
Weiter ist noch ein gröber irrthumb, das sie aus-
drucklich schreiben und leeren23, die reu verdiene
vergebung der sünden. Dises ist offentliche lesterung
des herrn Christi. Und ist die bepstliche leere in di-
sem artickel hoch zu strafen, das sie in der bekerung
gantz kein meldung thut vom glauben, dardurch
allein die erschrocknen hertzen vergebung der sünd
und trost erlangen, wie nun oft gesagt ist. Und ist
gewißlich die bepstliche leere, das contritio ver-
gebung der sünden verdiene, eitel blindtheit und
irrthumb, sonder vergebung der stinden hat man
allein durch den son Gottes Jesum Christum durch
glauben. Und in diser angst und rechter bekerung
kan man versteen, was diser glaub ist, der die ver-
heissung der gnade annimpt und auf den herrn Chri-
stum vertrauet.
Von der confession streiten die bepstlichen noch
itzund heftig, das nötig sey, alle sünd dem priester
in der beicht zu erzelen. 24Und haben disen irrthumb
itzund im concilio zu Trient25 gescherpft, mehr denn
zuvor24. Denn sie sprechen außdrucklich, dise erze-
lung sey aus göttlichem gebot nötig und darumb,
damit man einem jeden gebürliche satisfaction aufle-
gen möge. Dises sind offentliche lugen. Denn im evan-
gelio ist kein gebot von diser erzelung, auch ist die
erzelung aller sünden unmüglich, wie der Psalm
spricht: Wer versteet seine missethat [vgl. Ps. 19,
13]?
23 Neuburg 1554: lernen. 24-24 Fehlt Neuburg 1554.
25 Vgl. Concilium Tridentinum, Sessio XIV: Doc-
trina de sacramento poenitentiae, cap. 5: de con-
fessione; vgl. H. Denzinger: Enchiridion sym-
bolorum, ed. 26., Nr. 899, S. 315.
26-26 Neuburg 1554: wirdt von den bepstischen ange-
zogen.

Contra: Ein richter kan nicht urteil sprechen oder
jemand ledig sprechen, er hab in denn verhöret. Der
priester ist da als richter, sprechen sie. Darumb ist
die verhör nötig.
Antwort: Dises argument 26ziehen sie an im con-
cilio Tridentino26 und ist ire blindheit hierin zu mer-
cken. Der priester ist in27 den heimlichen sünden
nicht als richter, sondern als der28 diener Jesu
Christi, der befelch hat, dise menschen, die bekert
werden und trost suchen an Christo, ledig zu spre-
chen, wie der spruch Joh. 20. [23] sagt. Und wirdt
dise absolutio gesprochen nicht29 ratione judicii,
sondern ratione ministerii und ist kreftig aus disem
hohen befelch des herrn Christi: Wie mich mein
vater gesandt hat, so sende ich euch [Joh. 20, 21].
Denn der son Gottes ist selbs kreftig durch das evan-
gelium.
30Was aber von den kirchengerichten zu sagen ist
in offentlichen und bekandten sünden und vom
bann, darvon wirdt hernach erinnerung geschehen30.
Das dritte stuck bey den bepstlichen ist genent
satisfactio, daraus vil grosser blindtheit und abgötte-
rey gefolget ist. Und heissen bey inen satisfaction
oder gnugthuung werck, die Gott nicht geboten
hat, sonder welche den leuten auferlegt werden aus-
ser Gottes geboten durch die personen, welche die
beicht hören, als underscheid der speiß, walfarten,
etlich jar nicht eelich pflicht thun, anrüfung der
gestorbnen heiligen, meß bestellen etc.31.
Und aus disen irrthumben sind hernach gefolgt
die32 indulgentien33, wie sie es nennen, welche
nichts anders gewesen sind denn nachlassung der
satisfaction, daraus man hernach einen jarmarckt
gemacht hat. Und ist in summa die bepstliche leere
von der gnugthuung vol lugen und abgötterey. Und
ist dargegen der einig spruch zu halten Matth. 15.
[9]: Vergeblich eeren sie mich mit menschengeboten.
Denn sie bekhennen selbs und wissen, das dise satis-
faction werck sind, von Gott nicht geboten etc.
Weiter so sind sie ein grosse verblendung des evan-
27 Fehlt Neuburg 1554. 28 Neuburg 1554: ein.
29 Neuburg 1554: + als von einem richter, sondern
als von einem diener der kirchen, nit.
30-30 Fehlt Neuburg 1554.
31 Fehlt Neuburg 1554.
32 Fehlt Neuburg 1554.
33 Neuburg 1554: + ablaß.

202
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften