Kirchenordnung 1556
drieß und zu verderbung der elenden menschen.
Dargegen ist Gott ein rein wesen und wil, das wir im
gleichförmig sein. Er wil uns auch selbs keuscheit
geben und keuscheit mit andern gaben zieren, wie er
an Joseph [vgl. Gen. 39-41] erzeigt hat.
Dise underscheid sollen wir in unserm gebet be-
trachten, das wir den warhaftigen Gott ansprechen,
der rein ist und keuscheit liebet, und in under-
scheiden von allen unreinen dingen. Wir sollen auch
alsdenn unser selbs unreinigkeit erkhennen und be-
klagen.
Und ist vil heimlicher und hoher weißheit begrif-
fen in disem rat von erschaffung des mans und der
frauen und von ordnung der ee. Denn Gott hette wol
eine andere weis gefunden, dadurch menschen gebo-
ren weren. Er wil aber, das im menschlichen ge-
schlecht ein kirche sey. Darumb hat er zwo personen
erstlich erschaffen, und nemlich den man und das
weib, das ein hertzliche, ordenliche lieb sein möchte.
Und bedeut der man den ewigen son Gottes und die
frau die menschliche natur, die er an sich genommen
hat. Und die hertzliche liebe im man gegen der
frauen bedeut die hertzliche liebe im son Gottes ge-
gen der menschlichen natur und gegen uns [vgl.
Eph. 5, 22-33].
Und alle solche betrachtung soll uns bewegen, den
eestand zu eeren als ein besonder göttlich werck, das
aus hoher weißheit also beschlossen ist, und Gottes
weißheitpreisen.Zu diser eererbietung gehöret auch,
das eeleut selbs züchtigklich und freundtlich mit-
einander leben und selbst auch Gottes kirche sind,
wie Adam und Eva, Zacharias und Elisabeth [vgl.
Lk. 1] gewesen sind15.
Von weltlicher oberkeit.
Ob die widertaufer recht sagen, das weltliche ober-
keit, gericht und rechtmessige strafen eitel sünde
sey und das ein christlicher mensch nicht soll welt-
liche regierung haben?
Antwort:
Dise leere der widertaufer ist gewißlich teuflische
lugen und lesterung wider Gottes weißheit und ga-
ben und ist ursach zu aufrurn, mord und zerstörun-
gen. Und sollen die leut fleissig bericht werden von
beiden emptern, dem predigampt und der weltlichen
regierung und von underscheid derselbigen.
Sage underscheid.
Das predigampt ist ein befelch, den Got mit aus-
gedruckten worten geben hat, das heilig evangelium
zu predigen, sacramenta zu raichen, sünden zu ver-
geben, prediger sampt der kirchen zu ordnen, sünde
zu strafen allein mit Gottes wort und nicht mit leib-
lichem gewalt. Und ist Gott durch dises ampt kref-
tig, gibt vergebung der sünden, heiligen geist, leben
und trost und ewige seligkeit.
Von disem befelch redet der herr Christus Joh. 20.
[21-23]: Wie mich der vater gesandt hat, also sende
ich euch. In disen worten ist klar ausgedruckt erst-
lich, das die göttliche majestet selbst das predigampt
eingesetzt hat und darzu den son erstlich geweihet,
der den vetern und propheten sein wort geoffen-
baret hat, und hat hernach sichtbar in menschlicher
natur gepredigt und die aposteln gesandt, die be-
felch gethan, für und für prediger zu berufen. Und
bleibt doch allezeit der son Gottes hoherpriester,
der das predigampt erhelt. Ist kreftig dardurch, wie
Eph. 4. [10-11] geschriben ist: Er sitzt zur rechten
hand des ewigen vaters, das er gaben sende den
menschen, propheten, aposteln, hirten und lerer.
Weiter in worten Joh. 20. [21-23] ist begriffen, das
göttliche majestet wil kreftig sein durch der aposteln
und aller berufnen predig, wie sie durch die predig
des herrn Christi selbs kreftig gewesen ist.
Zum dritten ist in disen worten auch angezeigt,
das das predigampt nicht weltliche macht und leib-
licher zwang ist.
Zum vierden, was es predigen soll, nemlich, was
der herr Christus selbs geprediget hat. Diß alles ist
gefasst in dise rede: Wie mich der vater gesandt hat.
Weltliche oberkeit ist ein ampt, das Gott im gant-
zen menschlichen geschlecht geordnet hat und selbs
erhelt, starck oder schwach, in grössern oder kleinern
zerrüttungen, zu erhaltung eusserlicher zucht nach
allen gottesgeboten, und die ungehorsamen zu stra-
15 Mecklenburg 1554: + Was weiter vom ehestand
zu wissen ist, wird zum teil hernach in den kir-
chengerichten gemeldet.
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drieß und zu verderbung der elenden menschen.
Dargegen ist Gott ein rein wesen und wil, das wir im
gleichförmig sein. Er wil uns auch selbs keuscheit
geben und keuscheit mit andern gaben zieren, wie er
an Joseph [vgl. Gen. 39-41] erzeigt hat.
Dise underscheid sollen wir in unserm gebet be-
trachten, das wir den warhaftigen Gott ansprechen,
der rein ist und keuscheit liebet, und in under-
scheiden von allen unreinen dingen. Wir sollen auch
alsdenn unser selbs unreinigkeit erkhennen und be-
klagen.
Und ist vil heimlicher und hoher weißheit begrif-
fen in disem rat von erschaffung des mans und der
frauen und von ordnung der ee. Denn Gott hette wol
eine andere weis gefunden, dadurch menschen gebo-
ren weren. Er wil aber, das im menschlichen ge-
schlecht ein kirche sey. Darumb hat er zwo personen
erstlich erschaffen, und nemlich den man und das
weib, das ein hertzliche, ordenliche lieb sein möchte.
Und bedeut der man den ewigen son Gottes und die
frau die menschliche natur, die er an sich genommen
hat. Und die hertzliche liebe im man gegen der
frauen bedeut die hertzliche liebe im son Gottes ge-
gen der menschlichen natur und gegen uns [vgl.
Eph. 5, 22-33].
Und alle solche betrachtung soll uns bewegen, den
eestand zu eeren als ein besonder göttlich werck, das
aus hoher weißheit also beschlossen ist, und Gottes
weißheitpreisen.Zu diser eererbietung gehöret auch,
das eeleut selbs züchtigklich und freundtlich mit-
einander leben und selbst auch Gottes kirche sind,
wie Adam und Eva, Zacharias und Elisabeth [vgl.
Lk. 1] gewesen sind15.
Von weltlicher oberkeit.
Ob die widertaufer recht sagen, das weltliche ober-
keit, gericht und rechtmessige strafen eitel sünde
sey und das ein christlicher mensch nicht soll welt-
liche regierung haben?
Antwort:
Dise leere der widertaufer ist gewißlich teuflische
lugen und lesterung wider Gottes weißheit und ga-
ben und ist ursach zu aufrurn, mord und zerstörun-
gen. Und sollen die leut fleissig bericht werden von
beiden emptern, dem predigampt und der weltlichen
regierung und von underscheid derselbigen.
Sage underscheid.
Das predigampt ist ein befelch, den Got mit aus-
gedruckten worten geben hat, das heilig evangelium
zu predigen, sacramenta zu raichen, sünden zu ver-
geben, prediger sampt der kirchen zu ordnen, sünde
zu strafen allein mit Gottes wort und nicht mit leib-
lichem gewalt. Und ist Gott durch dises ampt kref-
tig, gibt vergebung der sünden, heiligen geist, leben
und trost und ewige seligkeit.
Von disem befelch redet der herr Christus Joh. 20.
[21-23]: Wie mich der vater gesandt hat, also sende
ich euch. In disen worten ist klar ausgedruckt erst-
lich, das die göttliche majestet selbst das predigampt
eingesetzt hat und darzu den son erstlich geweihet,
der den vetern und propheten sein wort geoffen-
baret hat, und hat hernach sichtbar in menschlicher
natur gepredigt und die aposteln gesandt, die be-
felch gethan, für und für prediger zu berufen. Und
bleibt doch allezeit der son Gottes hoherpriester,
der das predigampt erhelt. Ist kreftig dardurch, wie
Eph. 4. [10-11] geschriben ist: Er sitzt zur rechten
hand des ewigen vaters, das er gaben sende den
menschen, propheten, aposteln, hirten und lerer.
Weiter in worten Joh. 20. [21-23] ist begriffen, das
göttliche majestet wil kreftig sein durch der aposteln
und aller berufnen predig, wie sie durch die predig
des herrn Christi selbs kreftig gewesen ist.
Zum dritten ist in disen worten auch angezeigt,
das das predigampt nicht weltliche macht und leib-
licher zwang ist.
Zum vierden, was es predigen soll, nemlich, was
der herr Christus selbs geprediget hat. Diß alles ist
gefasst in dise rede: Wie mich der vater gesandt hat.
Weltliche oberkeit ist ein ampt, das Gott im gant-
zen menschlichen geschlecht geordnet hat und selbs
erhelt, starck oder schwach, in grössern oder kleinern
zerrüttungen, zu erhaltung eusserlicher zucht nach
allen gottesgeboten, und die ungehorsamen zu stra-
15 Mecklenburg 1554: + Was weiter vom ehestand
zu wissen ist, wird zum teil hernach in den kir-
chengerichten gemeldet.
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