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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (14. Band): Kurpfalz — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1969

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https://doi.org/10.11588/diglit.30629#0245
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Kirchenordmmg 1556

sovil ir übrig ist, gewißlich Gottes gaben und werck
sind, wiewol das ansehen der guten ordnung vil ge-
ringer scheinet denn die grossen zerrüttungen und
zerstörungen. Wir sollen aber Gottes gegenwertig-
keit aus seiner leere erkhennen.
Und ist diser artickel besonder mit vilen worten
erklert durch s.[anct] Paulum Rom. 13. [1—7]. Disel-
bigen sprüche zeugen22, das rechte gesetz, gericht
und rechtmessige straf Gottes weißheit und werck
sind. Denn da nennet Paulus das ampt der welt-
lichen regierung ausdrucklich Gottes ordnung und
die regierung Gottes dienerin. Und spricht, das
ampt, solange es bleibt, ist von Gott geordnet.
2.Paralip. 20. [19, 6]: Das richterampt, das euch be-
folhen ist, ist nicht der menschen, sondern Gottes
ampt. Daniel 2. [21]: Dises sind Gottes werck, die
reich andern geben oder erhalten. Psalm 127. [1]:
Wenn Gott die stadt nicht bewaret, so wachet der
vergeblich, der sie wil bewaren. Proverb. 16. [11]:
Wage und gewicht sind Gottes gerechte ordnung.
Mit disen sprüchen sollen wir den glauben ster-
cken, das wir wissen, das Gott der erhalter ist guter
regiment, und in darumb bitten und in allen emp-
tern und im gehorsam dester demütiger und fleissi-
ger sein.
Aus disem allen23 ist nun klar, das das weltliche
regierampt ein gut werck ist. Denn es ist von Gott
geordnet und geboten. Und könden christliche men-
schen darin mit gutem gewissen leben. Ja, diser
grosse last wirdt ein hoher gottesdienst, wenn das
hertz darbey rechten glauben hat und richtet seinen
dienst zu Gottes eere wie David, Ezechias, Josias
etc.
Welche werck hat Gott als die fürnemsten der welt-
lichen oberkeit befolhen?
Antwort:
Wiewol die weltliche oberkeit selbs gesetz und
vernunft hat, wie sie ir ampt füren soll, gleichwol
sollen wir in gemein anzeigen, welche werck ir Gott
fürnemlich befolhen hat.
Das erste. Alle weltliche oberkeit soll erstlich sein

22 Neuburg 1554: zeigen.
23 Neuburg 1554: allein.

die stimme des gantzen göttlichen, ewigen gesetzs,
das man nennet legem moralem oder zehen gebot
[Ex. 20, 1-17] zu erhaltung eusserlicher zucht. Und
alle oberkeit ist disem göttlichen gesetz selbs under-
worfen und vor allen andern wercken darzu geord-
net, das sie dise göttliche weißheit und gerechtig-
keit den menschen 24fürtragen soll und bekandt
machen24. Esaja 3. [14]: Gott wirdt die fürsten für
sein gericht füren.
Das ander werck ist, das sie execution thu und
ernstlich strafe mit leiblichen strafen alle, die eusser-
lich wider dasselbig göttlich gesetz thun, Rom. 13.
[4]: Darzu tregt sie das schwert.
Nun wissen auch die heiden, das umb frides willen
not ist, unrechte todschleger, diebe und reuber zu
strafen, und sindt die heidnischen gesetz darvon
wolbekandt. Aber dises ist allein ein stücklin vom
ampt. Sonder die weltliche oberkeit ist Gott disen
dienst schuldig im gantzen göttlichen, ewigen ge-
setz, das ist, erstlich all eusserliche, erkhante ab-
götterey, zauberey, eidbruch, gottslesterung, öffent-
liche ketzerey sollen sie abthun und strafen und
dargegen rechte leere von Gott pflantzen lassen und
helfen erhalten. Deut. 7. [5]: Ir solt die abgötter ver-
tilgen, ire altar einreissen etc. Im dritten buch Mose,
cap. 24. [16]: Wer Gottes namen lestert, soll ge-
tödtet werden. Darumb ist auch weltlicher oberkeit
geboten, das sie rechte erkhentnus Gottes und
rechte anrüfung lerne. Psal. 2. [10-12]: Und nun, ir
könige und richter auf erden, lernet. Und küsset den
son Gottes etc.
Darnach soll auch straf wider ungehorsam in an-
dern göttlichen geboten folgen. Und in summa, die
oberkeit soll beide tafeln der zehen gebot Gott zu
eeren in erhaltung eusserlicher zucht handhaben mit
ernstlicher execution.
Und zu diser execution in aflen geboten hat Gott
der weltlichen oberkeit macht, güter und waffen ge-
geben. Und gebeut den underthanen gehorsam zu
erhaltung zucht und fridens. Und ist Gott selbs der
öberst feldhaubtman und schutzherr, braucht aber
treue regenten als seine werckzeug. Denn er wil
also das menschlich geschlecht nicht one mittel, son-
24-24 Neuburg 1554: fürtrage und bekandt mache.

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