Evangelische Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts

11. [Instruktion der Spezialsuperintendenten von 1556]* l

Nachdem in ainer yedlichena ambtstadt ain spe-
cialis superattendent verordnet2, soll derselb jerlich
ain jede pfarr, ime in sein bezirckhb signirt, zwey-
malc visitiren, ddas ain nach mitfasten, das ander
nach Bartholomeid.
Und so er ine dasselb ort kombt, erstlich den
pfarher und darnach den diaconum (so fan dem-
selbenf ort ain diaconus wer) fur sich erfordern und
sanfenglichs bey iren pflichten g fragen, ob sy irs
ambts warten, die kirchendienst vermög meins
hgnedigisten herrn, des churfurstenb, kirchenord-
nung verrichten, fzu geburlichen zeiteni predigen
und sacrament raichen.
Item, wievil mal er kan Sontagen, feiertagenk,
auch in der wochen und zu welcher stund und zeit
predige und was er fur gesang in der kirchen ge-
brauchel.
Item, ob er auch den catechismum halte.
Item, ob er die krancken und sterbende leut be-
suche und inen das hailig nachtmal raiche.
Item, wo aigen schulen, mit was ordnung die
schulen gehaltenm, wie er die schulen visitire, was
deß schulmaisters vleis undP unvleis sey, nlehr in
der schulenn.
Nachdem dann der pfarher oder kirchendiener in
den articuln, die lehr, die kirchendienst und die

a Neuburger Reinschrift: ygelichen.
b Neuburger Entwurf und Reinschrift: circk.
c Neuburger Entwurf am Rande: zum wenigsten
einmal.
d-d Fehlt Neuburger Entwurf und Reinschrift.
e Neuburger Reinschrift: an.
f-f Neuburger Entwurf und Reinschrift: am selhen.
g-g Neuburger Entwurf und Reinschrift: anfencklich.
h-h Neuburger Entwurf und Reinschrift: gnedigen
fursten und herrn.
i-i Neuburger Entwurf und Reinschrift: zur gebur-
lichen zeit.
k-k Neuburger Entwurf: an Sontag, feiertag; Neu-
burger Reinschrift: am Sonntag, feyrtag.
l Neuburger Reinschrift: brauche.
m Neuburger Entwurf und Reinschrift: + und.
n-n Fehlt Neuburger Entwurf und Reinschrift.
o Neuburger Reinschrift: lerer.
p Neuburger Entwurf und Reinschrift: oder.

schul belangend, notturftiglich examinirt3, soll er
auch anderer sachen befragt werden, nemlich:
Was sich die obern- und underambtleut, deß-
gleichen gericht und rat, bey iren ämbtern und re-
girung halten.
Item, ob sy leichtfertigkait wider gemaine policei-
ordnung4 bey iren ambtsverwandten gedulden und
zusehen.
Item, ob ergerliche personen in der gemain wonen
und von ambtleuten nit gestraft werden.
Item, ob etlich falsche lero und secten, als der
widertaufer oder andern, so die recht, christlich leer
lestern, anhengig sein und spaltung machen.
Item, ob in seiner pfarr etliche personen weren,
die mit zauberey oder aberglauben, die man war-
sager nennet, umbgehen.
Item, ob etliche wucherliche contrect, so in
kayserlichen rechten verboten sein, treiben.
Item, ob etliche eeliche personen voneinander ge-
loffen seien.
Item, ob etliche kinder ire eltern pochen undp
schlahen.
Item von underhaltung der pfarrq und diacon.
Item von den gepeuen der kirchen, behausung des
pfarhers, diacons und des schulmaisters.
In gleicher form soll der superattendentr die

q Neuburger Entwurf und Reinschrift: pfarhern.
r In Neuburger Entwurf gestrichen: etlich gut-
hertzige und eherliebende bey gericht, rhat oder
der gemain ad partem obgeschrieben puncten
halben und, was der superattendent seiner ge-
schicklichkeit nach wol wirt wissen zu erkundi-
gen, befragen.
1 Druckvorlage: wie oben Nr. 10 eine nach Neuburg
übersandte, zeitgenössische Kop., in GLA Karls-
ruhe 77/4277, fol. 132 recto - 134 verso. Der Neu-
burger Entwurf ebendort, fol. 175 recto — 177 verso;
die Neuburger Reinschrift ebendort, fol. 167 recto
bis 169 verso.
2 Inhaltlich aus der Neuburger Verordnung vom
16. Februar 1556, Staats-A. Amberg, Neuburger
Abgabe 1911, Nr. 14044, fol. 5 verso.
3 Inhaltlich aus der Neuburger Verordnung vom 16.
Februar 1556, ebendort, fol. 6 recto - verso.

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