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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (14. Band): Kurpfalz — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1969

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https://doi.org/10.11588/diglit.30629#0286
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Regierungszeit Ottheinrichs 1556-1559

kirchendihner belangt, erstmahl fur sich selber ge-
bürlich umb christlicher lib willen zur besserung
understehen zu bringen.
Was aber andere feel und mengel durch ihnen nicht
verricht werden mögen, soll er dieselben under-
schiedlich und ordentlich ufzeychnen und unserm
generalsuperattendenten zuschickhen, der dann sei-
nem befelch nach dieselben furter an geburliche
orter gelangen lassen soll.
[Predig am ende.] Damit auch das volckh zu meh-
rerm vleiß und ernst in kirchensachen bewegt, soll
er zu ende seiner visitation ein predigt thun und die-
selben dahien richten, das die erkhundigten mengl
fuglich und nach gelegenheyt des arguments uf die
ban gebracht, auch der gebuhr gestraft, mit christ-
licher, ernstlicher erinnerung, was gottloß und
ergerlich, abzustellen und sich eines gottseligen und
christlichen wandls und wesens hinfurter zu be-
fleissen.
[Hospitalia, sichheuser.] Wo auch hospitalien und
sichheuser vorhanden, soll er dieselbigen auch be-
suchen, die kranckhen samptlich und sonderlich
befragen, wie sy mit essen, trinckhen und anderer
leibsnotturft underhalten, auch durch ihren pfarr-
hern uf erfordern und zufallender noth versehen
und, wo er verbesserung vonnöten sein vermerckhen
wurde, dieselbig mit befurderung unserer amptleut,
auch der eltisten des gerichts, furnemen und anstel-
len. Und wo sollichs verhinderlich fallen wolte, als-
dann mit gutem, satten bericht und seinem gut-
bedunckhen an unsern geordenten superintendenten
gelangen zu lassen.
[Almußen.] Er soll auch nachforschung und uf-
sehens haben, wie es an iglichem ort mit dem almu-
sen gehalten und weme dasselbig außgetheylt wirdt,
ob auch die empfahenden dessen pillich vehig, da er
gleichsfals im fall der not bessere anstellung furzu-
nemen.
[Kirchenordnung.] Verner langt uns an, das bei et-
lichen pfarren kheine kirchenordnung, ursachen,
das die abzihende pfarherrn solche und andere bu-
cher, der pfarr gehörig, mit hinwegnemen und die
nachkomenden deren mangln mußen. Darumb in

13 Von 1544, vgl. WA 52.
14 Übersetzt von Georg Spalatin, 1522.

dem gleichsfals einsehens zu haben und den itzigen
pfarrhern mit ernst einzubinden, weder die kirchen-
ordnung noch andere bucher, ihnen nit zustendig,
zu enteussern, sondern bei der pfarr und kirchen
pleiben zu lassen, auch an ort und ende, da khein
khirchenordnung, etlich exemplar verschaffen. Ach-
ten auch fur nötig, fur yde pfarr ein exemplar der
deutschen biblen Lutheri, deßgleichen seiner hauß-
postillen13 und dann Locorum communium Philippi
Melanthonis deutsch14 zu bestellen, die von den
kirchengefellen sollen betzalt werden.
[Pfarers verlaßne weib und kind.] Es soll auch
unser specialsuperintendens sich erkhundigen und
befragen, wie es yedes orts mit des abgestorbenen
pfarrherr oder kirchendihners hinderlassenen weib
und khindern gehalten, ob ihnen etwas ergetzligkeyt
von den pfarrguitern und wie sy zum aufzug und
ankhunft eines andern pfarrhers abgefertiget werden.
Wir seint auch aus beweglichen ursachen bedacht,
das festum Assumptionis Mariae15 gantz und gar in
unsern furstenthumben und landen abzuthun und
dagegen festum Visitationis Mariae16 zu halten,
welches also den pfarrhern und kirchendihnern wiß-
lich zu machen, sich darnach in verkhundung der
feirtäge und außlegung der historien desselbigen
fests wissen zu verhalten.
[Stift, closter.] Letzlich ist hin und wider bei den
clostern, stiften und geystlichen persohnen ein
fleissigs ufsehens zu haben, ob und wie man sich un-
serer publicirten kirchenordnung gleichformig und
gemeß verhalte, ob auch under den geystlichen
mann- und frauenpersohnen, so lesterliche papisti-
sche bucher brauchen und sonst ausserhalb der ehe
in unzucht und ergerlichem wandl sitzen, da dan
besonder ernst furzunemen, das solche bubische bei-
wohnung nit verstatt, auch die papistische bucher
hinweggenomen und ihnen an derselben statt christ-
liche, darauß sy die erkhentnus Gottes zu ihrer
seelen heyl mit frucht erlernen mugen, geordenet.
[Zerung.] Und nachdem unser superintendens zu
vollzihung solcher visitation zehrung bedurftig, soll
ihme von unserm landschreiber oder kheller nach
gelegenheit seins betzyrcks ein anzal gulden furge-
15 15. August. Das Fest noch in der KO vorgeschrieben,
vgl. oben S. 163. 16 2. Juli.

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