Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (14. Band): Kurpfalz — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1969

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30629#0305
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Eheordnung 1563

kVon unordentlichen ehegelubdnüssenl der kinder,
so one vorwissen und bewilligung ihrer eltern,
freundtschaft oder vormiinder beschehen.
Nachdem die göttliche, natürliche und geschrie-
bene rechten, auch bürgerliche zucht und ehrbarkeyt
nit alleyn den schuldigen gehorsam und gebürliche
gen ehesachen hinfüro summarie und dergestalt
procedieret werde, daß erstlichen dem kläger sein
supplication anstatt der klagen zu widerholen,
auch in eventum dieselb sein klag mündtlich oder,
da er villeicht zeugen und andere kundtschaft zu
führen hette, articuliert zu ubergeben und vorzu-
bringen zugelassen, darauf der beklagt entweder
alsbald und in continenti oder aber zum lengsten
innerhalb viertzehen tagen oder dreyen24 wochen,
nachdem die partheyen 25der sachen25 nahe oder
fern gesessen, sein antwort mündtlich26 zu geben,
auch ferners in demselbigen termin, da vielleicht
der eine oder ander theil zeugen und kundtschaft
zu führen, alsbald commissarios zu ernennen,
notwendige commiß und abschiedt zu bitten
schuldig seyn27.
Zum andern und da die beweisung vor- und
angebracht28, attestationes publiciert und eröff-
net, daß keinem theil29 ferner schriftlich zu hand-
len, sonder allein summarie der gezeugen auß-
sagen in substantialibus zu erholen zugelassen30,
darauf sich mit der kürtze zu ziehen, da auch
wider derselben person und außsagen zu excipie-
ren, dasselbig gleicher gestalt mündtlich anzu-
zeigen und folgendts mit summarischer repetition
und erholung aller probatorien darauf endtlichen
zu beschliessen, der beklagt theil ebnermassen
alsbald oder, da er sonderbare, erhebliche ur-
sachen auf anzeig derselbigen in zeit und termin
hievorgesetzt, darauf der gebür zu handlen oder
auch im fall, er keine briefliche documenta und
urkunden, der sachen dienlich, oder sonsten was
erheblichs vorzubringen, gleichfalls mündtlich zu
beschliessen, verbunden seyn und ihme die zeit
zugelassen worden31.
Doch sollen unsere verordnete eherichter, zu-
vor und ehe die partheyen zu eyniger beweisung
zugelassen, möglichsten fleiß fürwenden, ob mit
beyder theil und deroselben freundtschaft wissen
und bewilligung die sachen in der güte zu ver-
gleichen, da sie auch befünden, der kläger mut-
willig geklagt oder sonsten mit keiner beweisung
24 OP LR 1606, LR 1611: vier.
25—25 Fehlt OP LR 1606, LR 1611.
26 LR 1611: + oder schriftlich mit angehefter seiner
gegenwehr.
27 OP LR 1606, LR 1611: + solle.
28 LR 1611: eingebracht, die.
29 LR 1611: + (er wäre dann, daß der sachen no-
turft ein anders erfordern wolt, so wir zu unsers
eherichters und beysitzer erkandnuß stellen).
30 OP LR 1606: + werden.

ehrerbietung der kinder gegen ihren eltern fleissig
erfordern und gebieten, herwiderumb derselbigen
verachtung und ungehorsam ernstlich strafen, son-
dern auch heilsamlich und wol veroranen, daß die-
jenige, so noch eltern haben und under ihrem ge-
walt sein, in allen wichtigen sachen bey denselbigen
gefast, sondern allein, seinen widertheil vergeb-
lich umbzutreiben, unserer eheordnung zuwider
procediert und gehandlet, denselbigen zu bewey-
sung nicht zulassen, auch weder commission noch
abschied erkennen, sondern a limine judicii
stracks abweysen32.
Der V. titul.
Von deß ehegerichts procuratorn
und derselben belohnung etc.33
Als bey unserem ehegericht biß anhero auch
diese unordnung gespürt, daß unsers hofgerichts
procuratores den partheyen, an unserem ehe-
gericht zu dienen, gleichwol auß keinen erheb-
lichen, sondern gantz nichtigen ursachen sich
mehrmaln beschwert, dardurch dann nicht allein
die partheyen hülfloß gelassen, sondern auch da-
hin endtlichen genötiget werden, ihre notturft
entweder selbsteygner person oder aber durch
andere ungeschickte und deß proceß unerfahrne
nicht mit geringem schimpf und verkleinerung
unsers ehegerichts vor- und anzubringen.
So ordnen und wöllen wir, daß hinfüro alle und
jede bemeldts unsers hofgerichts procuratores,
inmassen die an demselben unserm hofgericht und
zu andern gütlichen tägen bey unser cantzley und
sonsten den partheyen dienen, also und nicht
weniger diesem unserm ehegericht mit allem fleiß
abzuwarten und den partheyen auf deroselben
ansuchen und begeren one alle verweigerung und
exception zu dienen verbunden seyen, die sie
auch ihres gefallens nicht steigern oder uberne-
men, sondern bey der tax, in unser hofgerichts-
ordnung gesetzt, verbleiben und bey verlußt und
straf nach ermässigung unser verordneten ehe-
richter sich damit begnügen und settigen las-
sen34.35
k Beginn 1562 Hs. LR 1582, OP LR 1606, LR 1611
Überschrift: + Der VI. titul.; 1583: Der I. titul.
l LR 1582, 1583, OP LR 1606, LR 1611: ehever-
lübdnussen.
31 LR 1611: werden.
32 Weitere Ergänzung zum Verfahren in der Ehe-
gerichtsordnung von 1563 (vgl. unten S. 289-332).
33 Fehlt OP LR 1606, LR 1611.
34 LR 1611: + sollen.
35 Ergänzt Kapitel 46 der Ehegerichtsordnung von
1563, insbesondere wegen des dort nicht festge-
setzten Honorars der Procuratoren (vgl. unten
S. 332).

279
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften