Regierungszeit Friedrichs III. 1559-1576
[L.[ex] nuptiae10, L.[ex] filius famil.[ias]11 ff. de ritu
nuptiar.[um]; L.[ex] viduae c.[odicis] de nupt.[iis]12;
§ 1 inst.[itutionum] eod.[em]13]
Auch die kayserliche rechten die eheverlöbungp,
so zwischen den jungen, so noch in gewalt ihrer
eltern seindt, ohne derselben eltern vorwissen und
verwilligung geschicht, fur unbundig und craftloß
halten,
[L.[ex] filius in ff. de rit.[u] nupt.[iarum]14; L.[ex]
sciat15 c.[odicis] de nupt.[iis]16]q
Und diese pillickhait so hoch geachtet, das sie ge-
setzt, wo ein vater nit einheimisch ist und man
schon nicht weiß, wo oder ob er noch uf erden sey,
das sein sohn dennoch dreyr jhar uf ihne warten soll,
domit er mit seines vaters willen seinen heurath
eingehen und beschliessen möge,
[L.[ex] si nepos17; L.[ex] si ita18; L.[ex] si filius19 ff.
de rit.[u] nupt.[iarum]]
Es wehre dann solcher heurath, das man gewiß-
lich wuste, das der vater, so er zugegen wehre, ihme
denselbigen gefallen liesse etc.
Jedoch dieweil die ehe die höchste contractver-
pundung und gemeinschaft undter den menschen
ist des leibs, guets und der seelen, auch fumemlich
beide eheleuth, die sich zusammen verbinden, alles
gutes und böses nach schickhung Gottes miteinan-
der tragen, einnehmen und gedulden mussen,
sso will sich auch in alle weg geburen, das zuför-
derst gedachter beider eheleuth bewilligung natur,
aigenschaft und gelegenheit vom richter betracht
und notturftiglichen erwogen werde. Dann neben
dem, das einem iglichen menschen ein naturliche
naigung1 und trib zur liebe oder haß gegen einem
mehr als dem andern eingepflantzt, gibt es die teg-
p Cgm 2553: eheverlobungen.
q Marginal fehlt Cgm 2553.
r Cgm 2553: dieß
s Cgm 2555 Marginal: + Naturalis affectio et in-
clinatio.
t Cgm 2553: meinung.
u-u Fehlt Cgm 2553.
w Fehlt Cgm 2555.
x Cgm 2555 Marginal: + Patria potestas hodie non
ita arcta est ut olim.
y Cgm 2553: ehrlichen.
z Cgm 2553: Hergegen.
liche erfhahrung, das bißweilen grosse mergkhliche
unterschiedt uzwischen den eltern und ihrenw kin-
dernu nit allein der gemueter, sondern auch des leibs
und verstandts halben, gefunden werden, also das
die eltern vielmalen mehr auf gelt und guet als auf
die naturliche inclination, eigenschaft des leibs,
gemuets und der sitten, auch andere umbständt
sehen und acht geben,
Zudem das etliche eltern sich gegen ihren kindern
väterlich halten, dieselbigen mit vleiß in aller zucht
und erbarkheit erzihen und, sovil an ihnen, nicht
vorsaumen, etliche aber halten sich unväterlich,
achten ihrer kinder weniger als des viechs, gestatten
ihnen allerley mutwillen, lassen sie alle täntzen,
hochzeiten und andere geselschaften oder versam-
lungen außlaufen.
Hierauf und aus diesen ursachen khan man den
kayserlichen rechten, welche die eheverlöbungen, so
ohne der eltern vorwissen und willen bescheen, fur
nichtig halten, nit durchaus beyfallen und alle solche
verpflichtungen ohne vorgehende rechtmessige er-
khandtnus verwerfen und trennen,
[L.[ex] filius fa.[milias] ff. de rit.[u] nupt.[iarum]20;
L.[ex] viduae c.[odicis] de nupt.[iis]21.]x
Bevorab weil auch zu unsern zeiten die ursach,
darauf das gemeine kayserliche recht gegrundet, als
nemblich die patria potestas nicht mehr so streng
gehalten, auch die filii emancipati ohne vorwissen
und bewilligung der eltern sich ehlicheny zu vor-
statten und zu versprechen, jederzeit gut macht
gehabt haben.
Hingegenz so khan man die bäpstliche recht
(welche gleichwohl, so die recht vorstanden, den
kayserlichen nicht zuwider) wie sie itzt von mennig-
10 D 23, 2, 2 (CJC I, 330) oder D 23, 2, 18 (CJC I,
S. 331).
11 D 23, 2, 35 (CJC I, 332).
12 C 5, 4, 18, pr. (CJC II, 196).
13 I 1, 10, pr. (CJC I, 4).
14 D 23, 2, 35 (CJC I, 332).
16 Nicht auffindbar, wohl Verschreibung für: si ut.
16 Wohl C 5, 4, 5 (CJC II, 195).
17 D 23, 2, 9 (CJC I, 331).
18 D 23, 2, 10 (CJC I, 331).
19 D 23, 2, 11 (CJC I, 331).
20 D 23, 2, 35 (CJC I, 332).
21 C 5, 4, 18, pr. (CJC II, 196).
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[L.[ex] nuptiae10, L.[ex] filius famil.[ias]11 ff. de ritu
nuptiar.[um]; L.[ex] viduae c.[odicis] de nupt.[iis]12;
§ 1 inst.[itutionum] eod.[em]13]
Auch die kayserliche rechten die eheverlöbungp,
so zwischen den jungen, so noch in gewalt ihrer
eltern seindt, ohne derselben eltern vorwissen und
verwilligung geschicht, fur unbundig und craftloß
halten,
[L.[ex] filius in ff. de rit.[u] nupt.[iarum]14; L.[ex]
sciat15 c.[odicis] de nupt.[iis]16]q
Und diese pillickhait so hoch geachtet, das sie ge-
setzt, wo ein vater nit einheimisch ist und man
schon nicht weiß, wo oder ob er noch uf erden sey,
das sein sohn dennoch dreyr jhar uf ihne warten soll,
domit er mit seines vaters willen seinen heurath
eingehen und beschliessen möge,
[L.[ex] si nepos17; L.[ex] si ita18; L.[ex] si filius19 ff.
de rit.[u] nupt.[iarum]]
Es wehre dann solcher heurath, das man gewiß-
lich wuste, das der vater, so er zugegen wehre, ihme
denselbigen gefallen liesse etc.
Jedoch dieweil die ehe die höchste contractver-
pundung und gemeinschaft undter den menschen
ist des leibs, guets und der seelen, auch fumemlich
beide eheleuth, die sich zusammen verbinden, alles
gutes und böses nach schickhung Gottes miteinan-
der tragen, einnehmen und gedulden mussen,
sso will sich auch in alle weg geburen, das zuför-
derst gedachter beider eheleuth bewilligung natur,
aigenschaft und gelegenheit vom richter betracht
und notturftiglichen erwogen werde. Dann neben
dem, das einem iglichen menschen ein naturliche
naigung1 und trib zur liebe oder haß gegen einem
mehr als dem andern eingepflantzt, gibt es die teg-
p Cgm 2553: eheverlobungen.
q Marginal fehlt Cgm 2553.
r Cgm 2553: dieß
s Cgm 2555 Marginal: + Naturalis affectio et in-
clinatio.
t Cgm 2553: meinung.
u-u Fehlt Cgm 2553.
w Fehlt Cgm 2555.
x Cgm 2555 Marginal: + Patria potestas hodie non
ita arcta est ut olim.
y Cgm 2553: ehrlichen.
z Cgm 2553: Hergegen.
liche erfhahrung, das bißweilen grosse mergkhliche
unterschiedt uzwischen den eltern und ihrenw kin-
dernu nit allein der gemueter, sondern auch des leibs
und verstandts halben, gefunden werden, also das
die eltern vielmalen mehr auf gelt und guet als auf
die naturliche inclination, eigenschaft des leibs,
gemuets und der sitten, auch andere umbständt
sehen und acht geben,
Zudem das etliche eltern sich gegen ihren kindern
väterlich halten, dieselbigen mit vleiß in aller zucht
und erbarkheit erzihen und, sovil an ihnen, nicht
vorsaumen, etliche aber halten sich unväterlich,
achten ihrer kinder weniger als des viechs, gestatten
ihnen allerley mutwillen, lassen sie alle täntzen,
hochzeiten und andere geselschaften oder versam-
lungen außlaufen.
Hierauf und aus diesen ursachen khan man den
kayserlichen rechten, welche die eheverlöbungen, so
ohne der eltern vorwissen und willen bescheen, fur
nichtig halten, nit durchaus beyfallen und alle solche
verpflichtungen ohne vorgehende rechtmessige er-
khandtnus verwerfen und trennen,
[L.[ex] filius fa.[milias] ff. de rit.[u] nupt.[iarum]20;
L.[ex] viduae c.[odicis] de nupt.[iis]21.]x
Bevorab weil auch zu unsern zeiten die ursach,
darauf das gemeine kayserliche recht gegrundet, als
nemblich die patria potestas nicht mehr so streng
gehalten, auch die filii emancipati ohne vorwissen
und bewilligung der eltern sich ehlicheny zu vor-
statten und zu versprechen, jederzeit gut macht
gehabt haben.
Hingegenz so khan man die bäpstliche recht
(welche gleichwohl, so die recht vorstanden, den
kayserlichen nicht zuwider) wie sie itzt von mennig-
10 D 23, 2, 2 (CJC I, 330) oder D 23, 2, 18 (CJC I,
S. 331).
11 D 23, 2, 35 (CJC I, 332).
12 C 5, 4, 18, pr. (CJC II, 196).
13 I 1, 10, pr. (CJC I, 4).
14 D 23, 2, 35 (CJC I, 332).
16 Nicht auffindbar, wohl Verschreibung für: si ut.
16 Wohl C 5, 4, 5 (CJC II, 195).
17 D 23, 2, 9 (CJC I, 331).
18 D 23, 2, 10 (CJC I, 331).
19 D 23, 2, 11 (CJC I, 331).
20 D 23, 2, 35 (CJC I, 332).
21 C 5, 4, 18, pr. (CJC II, 196).
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