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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (14. Band): Kurpfalz — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1969

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https://doi.org/10.11588/diglit.30629#0321
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Ehegerichtsordnung 1563

lichen angetzogen und außgelegta werden, als solten
sieb alle eheverlöbungen ahne der eltern wissen und
willen vorgenohmen, cohne unterschiedt zulassen,
creftig undc bindig halten, auch nit gar pillichen,
Sintmal dieser verstandt den göttlichen, natur-
lichen und burgerlichen rechten, der erbar- und
pillickhait zuwider und entgegen.
Derohalben, who sich solche felld zutruegen und
begeben, sollen sie pillich zu ordentlicher erkhandt-
nuß everordenter eherichtere gewiesen werden,
welche vernunftiglichf und vleissig alle umbstende
der sachen, der perßonen, eltern und kindern, auch
andere gelegenheit zu erwegen und zu bedenckhen
haben, und ist nachvolgender underschidt zu hal-
ten.
gErstlichen: do sich begebe, das ein junges, so noch
seinen rechtmessigen verstandt und geburendt alter
nit erraicht, auch hmit sonderlichemh vleis in zucht
von eltern auferzogen worden, sich allein aus hitzi-
gemi gemuet oder sonst mit list, betrug, kupplerey,
auch aus andern unerheblichen ursachen unerwar-
lich hindergangen, sich ohne vorwissen seiner eltern
allein mit worten versprochen hette, so soll solche
verpflichtunge vermög göttlicher, naturlicher und
kayserlicher gesetz kund ordnungek, obgleich die
eltern kheine ursach ihrer nichtbewilligung furzu-
wenden hetten, unkreftig und unbundig erkhant
werden.
!Do aber einkindt, so sich, wie obsteht, ohne wis-
sen und bewilligung seiner eltern alßo verlobt, sein
geburendt alter und verstandt in zeit des verlobensm
erreicht hette und begehrte, vor der ordentlichen
bestetigung der verlubdnuß, auch vor dem bey-
schlafen dem väterlichen gewalt unterwurflich zu

a Cgm 2553: angedeutet.
b Cgm 2555: sich.
c-c Fehlt Cgm 2555.
d Cgm 2555: fehl.
e-e Cgm 2553: an verordnete eherichter.
f Cgm 2553: vermutlich.
g Cgm 2555 Marginal: + Liberi impuberes et non
viri potentes amore aut dolo seducti matrimonia-
les promissiones flrmas non faciunt.
h-h Cgm 2555: nicht sonderliches.
i Cgm 2553: + unbedachtlichem.
k-k Cgm. 2555: verordtnungen
l Cgm 2555 Marginal: + Puberes et viri potentes
matrimoniales firmas promissiones faciunt, vo-

sein, soll solche perßon den eltern vermög göttlicher
und kayserlicher recht, ungeacht waß jura canonica
hierin verordent, pillich zugesprochen werden.
Im vall aber ein kindt, das sein rechtmessigen
verstandt und alter erraicht, wolte und gedechte,
wider seiner eltern willen vor dem beyschlaf in ge-
gebner pflicht zu verharren, dieselbige zu haltenn
und nicht hievon abzustehen, in diese fello soll
solche ehegelubdnus (es were dann ein sondere,
wichtige und furtreffliche ursach vorhanden, dar-
umb man pillich solche ehe nit zu verstatten, alß
wann sich ein kindt mit einer offentlichen vor-
leumbden, unehrlichen oder verthunliche und ver-
schwendische perßon oder ein solchen, der der
jungkfrauen vater nach seinem leben oder ehr ge-
standen hette oder ein offentlicher bevehderp und
beschediger wehre und dergleichen, vorpflichtet,etc.)
nit aufgelöset, sondern alßo verstattet werden.
Nam et Paulus iureconsultus in lib.[ro] sententia-
rum, tit.[ulo]q de nuptiis scribit: Etsi eorum, qui in
potestate patris sunt, sine voluntate eius matri-
monia iure non contrahuntur, contracta tamen non
solvi, contemplationem enim publicae utilitatis
privatorum commodis praeferendam.22
Jedoch soll man es in diesem vall, da die ehe-
gelubdnus vorstattetr, mit unßer und der eltern
straf nachvolgender gestalt halten, sprechen und
urthaylen.
Erstlich, da ein solche verstendig khindt, auf
welches seine eltern nit sonder achtung geben, sich
ohne vorwissen und willens derselben aus rechtmes-
sigen und erheblichen ursachen mit einem andern,
welches seinem standt nit ungemes, vorsprochen
hette und der vater kein pilliche einrede furwenden
lunt sine vero parentibus se subiicere liber licet.
m Cgm 2555: verlöbnus. n Cgm 2555: verhalten.
o Cgm 2555: fehl.
p Cgm 2553: beuter.
q Fehlt Cgm 2555.
r Cgm 2553: gestattet.
s Cgm 2553: verwilligung.
22 Julius Paulus, ca. 200, Sententiarum libri V, nur in
Fragmenten, die meist in die Digesten aufgenom-
men wurden, erhalten, vgl. Pauly-Wissowa,
Real-Encyclopädie der classischen Altertumswis-
senschaft, neue Bearbeitung, Bd. X, 1 (Stuttgart
1917), 731-736.

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