Regierungszeit Friedrichs III. 1559-1576
43. Ob auch die eheschaidung von wegen deren
ursachen, dadurch manc das leben vorwurckht
hat oder sonst des landts vorwiesen wordend.39
eDie khayserliche rechten haben vier wege der
ehescheidung, so bey beider ehegemecht leben fur-
genohmmen werden mögen, gesätzt. fDer erste: da
beide thayl gdie ehe mit guten willen einanderg
aufsagen. hDer ander; so ein erbare bewegnus da
ist und doch khain dringende ursach, welche schei-
dung der keyser Justinianus auch ex bona gratia
heisset und geschicht soi, das ein ehegemahl sich
umb Gottes willen in das kloster, keusch zu leben,
begibt. kDer dritte weg: So eins dem andern die ehe
aufsagt ohne einiche ursach oder erbare bewegnuß.
lDer vierdte: So redliche und rechtmessige ursach
der scheidung vorhanden, als nemblich der ehe-
bruch, todtschlag, giftbereitung, den leuten damit
zu vorgeben, conspiration wider das romische
reich, brif-, siegel-, muntzvorfelschung, raub und
viechdiepstal, unzucht mit weibern und waß der-
gleichen laster mehr, dardurch man das leben vor-
wurckht hat.
In diesen und dergleichen fellen, so einer von
wegen seiner mißhandlung das leben verloren,
fluchtig wurde und dem gericht entwiche, auch sein
gemahl ihr selber oder gemeiner khinder halben
deme man nit fuglich mnachzihen khöndtem oder
wehre der man des thuens, das sie von ihme ehliche
treue und dinst gar nit zu hoffen hette, auch an
kheinem stedten ort bleiben und ernehren durfte,
haben gelerte leuth und christlichen consistoria
diese bescheidenheit und vorsichtickeit gebraucht
und noch, das sie die fluchtig perßon durch offent-
liche edicta citiren und mit gnugsamer vorgleitung
erfordern lassen, wha derselbo nit erschine oder sich
in die nähe gemacht, das dem weib die nachvolg
b Fehlt Cgm 2553.
c Cgm 2553: einem.
d Cgm 2553: + statthabe.
e Cgm 2553 Marginal: + 4 modi divortii ex iure
Caesareo.
f Cgm 2555 Marginal: + 1.
g-g Cgm 2553: einander die ehe mit gutem willen.
h Cgm 2555 Marginal: + 2.
i Cgm 2553: da.
k Cgm 2555 Marginal: + 3.
l Cgm 2555 Marginal: + 4.
muglich oder aber ihr gar nit begehret, sölchenp fur
einen mutwilligen desertorem gehalten und dann
dem unschuldigen gemahel einen andern heyrath
verstattet.
Aber denjhenigen, deren ehegemechtq ins elendt
verschickht und des lands vorwiesen, sintmal sie
das leben nit verwurckhet und ihrer weiber haubter
bleiben, auch besserung zu hoffen ist, die ander ehe
nit vergönnet, wie es auch khayser Justinianus mit
den gefangnen gehalten.
Dieweil nhun solche fell sich selten begeben, auch
der umbstend halben einander ungleich seindt, wöl-
len wir unß in selbigen nach gelegenheit der sachen
verhalten, die pillickheit hirinnen behertzigen, den
unschuldigen perßonen ihr gewissen nicht unruig
machen noch ihnen unmugliche ding auflegen.
rSonst, sovil die andere weg der ehescheidung be-
trifft, weil dieselbige dem wort Gottes, wellichs dem
ehestandt zu einem unzertrentlichen bandt verord-
net, auch burgerlicher zucht und erbarkhait nit ge-
meß, auch den ehegemechten und ihren khindern
zum hochsten beschwerlich, nachteilig und vor-
derblich, lassen wir dieselbe wie auch andere unße-
rer wahren, christlichen religion vorwanthe ehe-
gericht fahren.
s44. Proceß in strittigen ehegelubdnussen.
Damit in heimlichen und anderen ehegelubdnus-
sen schleunig und ohne weitleuftickheit procedirt,
soll es nachvolgender gestalt gehalten werden.
Wann ein parthey khem und sich beklagte, das
ihme das tander eint ehe gelobt und zugesagt hette,
dasselbig soll alßbaldt von unßern eherichtern ge-
fragt werden, ob ihme das ander thayl die gelubd-
nuß gestendig. Spricht sie: Nein, es sey ihme nichts
gestendig, so frag man weiter, ob auch leuth und
m-m Cgm 2553: könden nachziehen.
n Fehlt Cgm 2555.
o Cgm 2553: dieselbig.
p Cgm 2553: sollen.
q Cgm 2553 und 2555: ehemahl.
r Cgm 2553 Margmal: + Alii reiecti.
s Cgm 2553 Marginal: + Pars tertia.
t-t Cgm 2553: eine.
39 Dieser Scheidungsfall auch in Von den Ehesachen
von 1556, Nr. 8, oben S. 225.
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43. Ob auch die eheschaidung von wegen deren
ursachen, dadurch manc das leben vorwurckht
hat oder sonst des landts vorwiesen wordend.39
eDie khayserliche rechten haben vier wege der
ehescheidung, so bey beider ehegemecht leben fur-
genohmmen werden mögen, gesätzt. fDer erste: da
beide thayl gdie ehe mit guten willen einanderg
aufsagen. hDer ander; so ein erbare bewegnus da
ist und doch khain dringende ursach, welche schei-
dung der keyser Justinianus auch ex bona gratia
heisset und geschicht soi, das ein ehegemahl sich
umb Gottes willen in das kloster, keusch zu leben,
begibt. kDer dritte weg: So eins dem andern die ehe
aufsagt ohne einiche ursach oder erbare bewegnuß.
lDer vierdte: So redliche und rechtmessige ursach
der scheidung vorhanden, als nemblich der ehe-
bruch, todtschlag, giftbereitung, den leuten damit
zu vorgeben, conspiration wider das romische
reich, brif-, siegel-, muntzvorfelschung, raub und
viechdiepstal, unzucht mit weibern und waß der-
gleichen laster mehr, dardurch man das leben vor-
wurckht hat.
In diesen und dergleichen fellen, so einer von
wegen seiner mißhandlung das leben verloren,
fluchtig wurde und dem gericht entwiche, auch sein
gemahl ihr selber oder gemeiner khinder halben
deme man nit fuglich mnachzihen khöndtem oder
wehre der man des thuens, das sie von ihme ehliche
treue und dinst gar nit zu hoffen hette, auch an
kheinem stedten ort bleiben und ernehren durfte,
haben gelerte leuth und christlichen consistoria
diese bescheidenheit und vorsichtickeit gebraucht
und noch, das sie die fluchtig perßon durch offent-
liche edicta citiren und mit gnugsamer vorgleitung
erfordern lassen, wha derselbo nit erschine oder sich
in die nähe gemacht, das dem weib die nachvolg
b Fehlt Cgm 2553.
c Cgm 2553: einem.
d Cgm 2553: + statthabe.
e Cgm 2553 Marginal: + 4 modi divortii ex iure
Caesareo.
f Cgm 2555 Marginal: + 1.
g-g Cgm 2553: einander die ehe mit gutem willen.
h Cgm 2555 Marginal: + 2.
i Cgm 2553: da.
k Cgm 2555 Marginal: + 3.
l Cgm 2555 Marginal: + 4.
muglich oder aber ihr gar nit begehret, sölchenp fur
einen mutwilligen desertorem gehalten und dann
dem unschuldigen gemahel einen andern heyrath
verstattet.
Aber denjhenigen, deren ehegemechtq ins elendt
verschickht und des lands vorwiesen, sintmal sie
das leben nit verwurckhet und ihrer weiber haubter
bleiben, auch besserung zu hoffen ist, die ander ehe
nit vergönnet, wie es auch khayser Justinianus mit
den gefangnen gehalten.
Dieweil nhun solche fell sich selten begeben, auch
der umbstend halben einander ungleich seindt, wöl-
len wir unß in selbigen nach gelegenheit der sachen
verhalten, die pillickheit hirinnen behertzigen, den
unschuldigen perßonen ihr gewissen nicht unruig
machen noch ihnen unmugliche ding auflegen.
rSonst, sovil die andere weg der ehescheidung be-
trifft, weil dieselbige dem wort Gottes, wellichs dem
ehestandt zu einem unzertrentlichen bandt verord-
net, auch burgerlicher zucht und erbarkhait nit ge-
meß, auch den ehegemechten und ihren khindern
zum hochsten beschwerlich, nachteilig und vor-
derblich, lassen wir dieselbe wie auch andere unße-
rer wahren, christlichen religion vorwanthe ehe-
gericht fahren.
s44. Proceß in strittigen ehegelubdnussen.
Damit in heimlichen und anderen ehegelubdnus-
sen schleunig und ohne weitleuftickheit procedirt,
soll es nachvolgender gestalt gehalten werden.
Wann ein parthey khem und sich beklagte, das
ihme das tander eint ehe gelobt und zugesagt hette,
dasselbig soll alßbaldt von unßern eherichtern ge-
fragt werden, ob ihme das ander thayl die gelubd-
nuß gestendig. Spricht sie: Nein, es sey ihme nichts
gestendig, so frag man weiter, ob auch leuth und
m-m Cgm 2553: könden nachziehen.
n Fehlt Cgm 2555.
o Cgm 2553: dieselbig.
p Cgm 2553: sollen.
q Cgm 2553 und 2555: ehemahl.
r Cgm 2553 Margmal: + Alii reiecti.
s Cgm 2553 Marginal: + Pars tertia.
t-t Cgm 2553: eine.
39 Dieser Scheidungsfall auch in Von den Ehesachen
von 1556, Nr. 8, oben S. 225.
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