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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (14. Band): Kurpfalz — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1969

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https://doi.org/10.11588/diglit.30629#0363
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Kirchenordnung 1563

Dieweil sich denn Gott in seinem wort zu erken-
nen gibt, welches in canonicis libris des alten und
neuen testaments vollkommenlich begriffen ist, so
sollen alle predigten darauß genommen und darauf
gegründet sein und auf die gegenwertige mängel und
gebresten des volcks jederzeit gerichtet werden laut
des spruchs des heiligen apostels Pauli 2.Timot. 3.
[16-17]: Alle schrift, von Gott eingegeben, ist nütz
zur lehr, zur straf, zur besserung, zur züchtigung in
der gerechtigkeyt, daß ein mensch Gottes sey voll-
kommen, zu allen guten wercken geschickt.
Und nachdem das wort Gottes die lehr dahin
pfleget zu richten, das es die menschen erstlich zu
erkandtnuß irer sünden und elends einführet, dar-
nach auch sie underweiset, wie sie von allen sünden
und elend erlöset werden, und zum dritten, wie sie
Gott für solche erlösung sollen danckbar seyn 8, so
sollen die prediger in ihrem fürhabenden text fleis-
sig auf dise drey stück sehen und also für und für
wol acht haben, daß sie die artzney nach notturft
der verwundten gewissen recht gebrauchen. Sollen
auch nach armen, geringen verstand des gemeinen
volcks ire predigten wissen zu stellen also, daß der
artickel des catechismi, darauf die lehr, so er für hat,
sich lendet, mit eingeführet und dem volck verstendt-
lich eingebildet werde9.
Es sollen auch die pfarrherrn für sich selbst kein
buch auß der heiligen schrift zu erklären fürnemen
one rath und fürwissen irer superintendenten, wel-
che denn ein aufsehens haben sollen, daß die bücher
des neuen testaments, die dem gmeinen mann am
nützigsteni und der kirchen am erbäulichsten seind,
an den Sontägen fürnemlich fürgetragen und er-
kläret werdenk.
Vom heiligen tauf.
Dieweil der christen kinder in dem bund Gottes
begriffen seind, Actor. 2 [39], so soll inen der heilig
i 1565, 1567, 1585: nutzlichsten.
k 1585: + Sonst in gemein läßt man die sontäg-
liche evangelia (wie man sie nennt) bleiben, doch
daß das volck stäts erinnert werde, was das evan-
gelium sey und wie dasselbig nicht weniger in
Paulo als bey den evangelisten zu finden.
8 Vgl. die Dreiteilung des Katechismus.
9 Reihenpredigten über ganze biblische Bücher

tauf als das warzeychen und sigel dises bunds auch
mitgetheylt und sie also von der unglaubigen kinder
underscheiden werden. Ist auch gewiß, dass die
kinder sowol als die alten den heiligen geist empfan-
gen, der den glauben in die hertzen pflantzet, dann
der den geist Christi nit hat, wie der apostel spricht,
der ist nit sein, Rom. 8 [9]. Die aber den geist Gottes
haben, die kan nichts verhindern, daß sie nicht ge-
tauft werden, wie im 10. cap. der Apostelgeschicht
[47] geschriben. Darzu seind die kinder auch nicht
der geringste theyl der christlichen kirchen, welche
kirch sampt allen ihren glidern durch das blut
Christi erlöset ist und gereiniget wirdt durch das
wasserbad im wort. Ephe. 5. [26]. Auß disen und
andern ursachen ist klar, daß die jungen kinder
keinswegs vom tauf sollen außgeschlossen werden10.
Von den personen, so taufen sollen, hat der herr
Christus disen bevelch Matthei am letzten [19-20]
gegeben: Gehet hin und lehret alle völker und taufet
sie in dem namen des vaters, sohns und heiligen gei-
stes und lehret sie halten alles, was ich euch bevolhen
habe. In diesen worten befilcht der herr Christus
denen allein zu taufen, so sein heyliges wort zu pre-
digen berufen seind, und fast also beyde, das predi-
gen und taufen, in einen bevelch und ampt zusam-
men. Derhalben keiner creatur gebürt, disen bevelch
zu trennen und einer person das taufen zuzulassen,
der das predigtampt verboten ist11.
Derhalben so sollen die kinder zu jeder gebür-
licher zeit, so es von irentwegen ordentlich begeret
und sie in die kirchen für die diener des worts ge-
bracht, von den predigern getauft werden. Und sol-
ches soll fürnemlich geschehen auf Sontag, feiertag
oder sonst in der wochen, wann die gemein Gottes
beyeinander, auf daß sich ein jeder seins taufs wisse
zu erinnern und die christlich gemein einhelliglich
den namen Gottes uber das kind anrufe12.
Es soll auch in allwegen der vater des kinds, so er
auch in London 1565, fol. 24 verso (Sehling VII,
II, 1, 598) und Lavater, 6 recto.
10 Frage 74 des Katechismus, unten S. 356-357.
11 Gegen die in Kurpfalz 1556, oben S. 124—126,
enthaltene Nottaufe, hier calvinisch die alleinige
Taufzuständigkeit des Predigers.
12 Vgl. Calvins Ratschlag an Olevian vom 5. Novem-
ber 1560, CR 46, 235-236. Taufe und Fürbitte
für das Kind im Gottesdienst auch in Kurpfalz
1556, oben S. 120.

22 Sehling, Bd. XIV, Kurpfalz

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