Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (14. Band): Kurpfalz — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1969

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30629#0410
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Regierungszeit Friedrichs III. 1559-1576

Denn welcher unwürdig ißet und trincket, der ißet
und trincket im selber das gericht, damit daß er
nicht underscheidet den leib deß herrn68 69.
70Auf daß wir nun zu unserm trost des herrn
nachtmal mögen halten, ist uns vor allen dingen von-
nöten, daß wir uns zuvor recht prüfen, zum andern,
daß wir es dahin richten, darzu es der herr Christus
verordnet hat, nemlich zu seiner gedechtnuß.
71Die ware prüfung unser selbs stehet in diesen
dreyen stücken, zum ersten bedenck ein jeder bei
sich selbst seine sünd und vermaledeyung, auf daß
er im selbst mißfalle und sich für Gott demütige,
dieweil der zorn Gottes wider die sünd also groß ist,
daß er dieselbige, ehe denn er sie ungestraft ließ hin-
gehen, an seinem lieben son Jesu Christo mit dem
bittern und schmehlichen tod des creutzes gestraft
hat.
Zum andern erforsche ein jeder sein hertz, ob er
auch diser gewissen verheissung Gottes glaube, daß
im alle seine sünd allein umb des leiden und sterben
Jesu Christi willen vergeben sind und die volkom-
mene gerechtigkeyt Christi ime als sein eigen zuge-
rechnet und geschenckt sey, als wann er selbst in
eigener person für alle seine sünde bezalet und alle
gerechtigkeyt erfüllet hette.
Zum dritten erforsche ein jeder sein gewissen, ob
er auch gesinnet sey, forthin mit seinem gantzen
leben Gott, dem herrn, sich danckbar zu erzeigen
und für dem angesicht Gottes aufrichtig zu wandlen,
ob er auch one alle gleißnerey aller feindschaft, neid
und haß von hertzen absage und einen ernstlichen
fursatz habe, hernachmals in warer lieb und einig-
keyt mit seinem nechsten zu leben70 71.
72Die nun also gesinnet sein, die wil Gott gewiß-
lich zu gnaden annemen und für würdige tischgenos-
sen seins sons Jesu Christi erkennen72.
pDargegen aber, die dieses zeugnuß in irem hert-
zen nicht empfinden, die essen und trincken inen
selbst das gericht. Derhalben wir auch nach dem be-
p 1585 Marginal: + Nach gelegenheit der kalten
winterszeit oder sonst in nothfällen möcht vom
gemercke * biß * zu lesen verbleiben.
69 Genf 1563, 46-47, fügt hier einen Bann über die
Unwürdigen an.
70-70 Ähnlich, aber kürzer Genf 1563, 47-48.
71 Eine ähnliche, dreiteilige Prüfung in London, fol.

felch Christi und des apostels Pauli alle, die sich mit
nachvolgenden lastern behaftet wissen, von dem
tisch des herrn abmanen und inen verkündigen, das
sie kein theil am reich Christi haben, als da sind alle
abgöttische, alle, so verstorbene heiligen, engel oder
andere creaturen anrüfen, die bilder verehren, alle
zauberer und warsager, die viehe und leuth sampt
andern dingen segnen, und, die solchen segen glau-
ben geben, alle verächter Gottes und seins worts
und der heiligen sacramenten, alle gottslesterer, alle,
die spaltung und meueterey in kirchen und welt-
lichem regiment begeren anzurichten, alle meineidi-
gen, alle, die iren eltern und oberkeyten ungehorsam
sind, alle todtschläger, balger, haderer, die in neid
und haß wider ihren nechsten leben, alle ehebrecher,
hurer, follsäufer, dieb, wucherer, rauber, spiler,
geitzigen und alle die, so ein ergerlichs leben füh-
ren. Diese alle, so lang sie in solchen lastern behar-
ren, sollen gedencken und sich diser speiß, welche
Christus allein seinen gläubigen verordnet hat, ent-
halten, auf daß nit ir gericht und verdamnuß desto
schwerer werde73.
74 75Diß aber wirdt uns nicht fürgehalten, lieben
christen, die zerschlagen hertzen der gläubigen
kleinmütig zu machen, als ob niemands zum abend-
mal des herrn gehen möchte, dann die one alle sünde
weren. Denn wir kommen nicht zu diesem abend-
mal, damit zu bezeugen, daß wir volkommen und
gerecht seind in uns selbst74, sonder dargegen, weil
wir unser leben ausserhalb uns in Jesu Christo su-
chen, bekennen wir, daß wir mitten in dem todt
ligen. 76Derhalben, wiewol wir noch viel gebrechen
und elends in uns befinden, als da ist, daß wir nicht
einen volkommenen glauben haben, daß wir uns auch
nicht mit solchem eyfer, Gott zu dienen, begeben,
wie wir zu thun schuldig sein, sonder täglich mit der
schwachheyt unsers glaubens und bösen lüsten un-
sers fleisches haben zu streiten, nicht desto weniger,
weil durch die gnad des heiligen geists solche ge-
71 verso - 72 recto (Sehling VII, II, 1, 631-632).
72-72 Ähnlich Genf 1563, 47-48.
73 In London 1565, fol. 68 recto — verso (Sehling
VII, II, 1, 630) folgt eine solche Abmahnung direkt
auf die Predigt.
74- 74 Ähnlich London 1565, fol. 72 verso — 73 recto
(Sehling VII, II, 1, 632).
75- 75 Ähnlich Frankfurt 1555, 24-26.

384
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften