Metadaten

Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (14. Band): Kurpfalz — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1969

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30629#0420
License: Free access  - all rights reserved
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Regierungszeit Friedrichs III. 1559-1576

wie auch die propheten im alten und die apostel im
neuen testament beim volck angehalten haben,
ernstlich zu beten und zu fasten, so oft ein schweres
anligen der christlichen kirchen solches erfordert.
Und dieweil es ein bettag sein soll, an dem alle noth
der christlichen kirchen soll betracht werden, so soll
die predigt desto kürtzer sein, damit das gemeine
gebet für alle stend und allerley noth nach der pre-
digt geschehen möge, wie volget.
10Gebet nach der predigr für alle noth
und anligen der christenheyts.
11 Almechtiger, barmhertziger Gott, wir erkennen
bey uns selbst und bekennen für dir, wie die warheyt
ist, daß wir nit werth sein, die augen gen himmel auf-
zuheben und unser gebet dir fürzutragen, so du
woltest unser verdienst und wirdigkeyt ansehen,
denn unser gewissen verklagt uns und unsere sünde
geben zeugnuß wider uns, so wissen wir auch, daß
du ein gerechter richter bist, der du strafest die
sünde deren, die deine gebot ubertreten. Darumb,
o herr Gott, wenn wir uberschlagen und bedencken
unser gantzes leben, befinden wir anderst nichts in
uns denn eitel verdamnuß. Aber, o herr, dieweil du
uns auß deiner unaußsprechlichen barmhertzigkeyt
befohlen hast, dich allein in aller not anzurüfen, hast
du uns auch verheissen, daß du unser gebet wöllest
erhören, nicht von wegen unsers verdiensts, sonder
von wegen des verdiensts unsers herren Jesu Christi,
welchen du uns zum mittler und fürsprecher hast
fürgestelt, so sagen wir ab aller anderer hülf und
haben all unser zuflucht allein zu deiner barmhert-
zigkeyt.
Erstlich, o herr, uber die unzeliche wolthaten, die
du in gemein allen menschen auf erden erzeigest,
hastu uns insonderheyt soviel und grosse gnad be-
wiesen, daß uns unmüglich ist, dieselbige außzu-
sprechen oder gnugsam zu bedencken. Sonderlich
hat es dir gefallen, uns zu berufen zu der erkandtnuß
deines heiligen evangelions, hast uns errettet auß
dem jämerlichen dienst des teufels, darin wir

r 1585: + an den fast- und bettagen, wo die gehal-
ten werden.
s Das folgende Gebet ist in 1569 Bonn mit hs. Zu-
sätzen versehen.

waren, und uns erlößt von der verfluchten abgötte-
rey des bapsts, darin wir waren ersoffen, und hast
uns geführt zu dem liecht deiner warheyt. Und nicht
desto weniger haben wir durch undanckbarkeyt
deiner gutthaten vergessen, sein von dir abgewichen
und unsern eigenen begirden gefolgt, haben dich
nicht geehret, wie wir schuldig waren. Darumb ha-
ben wir gesündiget, o herr, und dich schwerlich er-
zürnet und, so du mit uns wöllest handlen nach un-
serm verdienst, köndten wir anders nicht gewertig
sein denn des todts und der ewigen verdamnuß.
Denn so wir uns wolten entschuldigen, so ist unser
eigen gewissen da, welches uns verklagt, und unsere
boßheit gibt zeugnuß wider uns. Und zwar, lieber
herre Gott, wir erkennen an den strafen, die uns
teglich begegnen, daß du uns billich mit deiner ruten
heimsuchest, denn weil du gerecht bist, strafest du
niemandt one ursach, ja wir sehen auch jetzunder
deine hand aufgehaben, uns zu strafen. Aber wenn
du uns viel herter strafest, denn du je bißher gethon
hast, und daß wir hundert strafen für eine solten lei-
den, ja wenn auch alle die plagen auf uns fielen, mit
welchen du die sünden deines volcks Israel hast
heimgesucht, so bekennen wir, daß du uns, o herr,
nicht unrecht thetest, und reden nit darwider, als
hetten wirs nit wol verdient. Aber doch, o herr, du
bist unser Gott und wir sind nur erde und staub, du
bist unser schöpfer und wir seind die werck deiner
hend, du bist unser hirt und wir seind deine herdt,
du bist unser erlöser, wir sein das volck, daß du er-
löset hast, du bist unser vater, wir seind dein erbgut.
Derhalben wollest uns nit strafen in deinem grimmi-
gen zorn, sondern züchtige uns gnediglich, erhalt
vielmehr das werck, das du in uns angefangen hast
durch deine gnad, auf daß die gantze welt erkenne,
daß du unser Gott bist und unser heiland. Dein volck
Israel hat dich manchmal erzürnet mit sünden und
du hast es billich gestraft, aber, so oft sie sich wider
zu dir bekert, hastu sie allzeit zu gnaden angenom-
men und, wie schwer auch ihre sünde gewest, so
hastu doch deinen zorn und vermaledeiung, so ihnen
10- 10 wörtlich aus Christliche Gebet 1563, 13-20, dort
mit dem Titel: Gebet nach der predig für alle noth
und anligen der christenheit.
11- 11 Verkürzend, aber vielfach wörtlich aus Genf 1563,
18-29; fast wörtlich Frankfurt 1555, 32-42.

394
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften