Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (14. Band): Kurpfalz — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1969

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30629#0479
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Bericht über das kurpfälzische Kirchenwesen 1571

geschehen ist und man den, von des predigt geur-
teilet werden sol, hat hinaußgehen heissen, sol er
einen iglichen ordentlich herumbfragen, was sie an
der stimme, worten, geberden, ordnung, materia
und gantzen predigt fur mangel spüren und erach-
ten, das zu verbessern sey, und sol die summa aller
gegebenen stimmen zusammen ins conventbuch ver-
zeichnen, auf das in folgender predigt erscheine, wie
er sich gebessert hat. Darnach, wenn er wider herein-
gerufen wirt, sol er ihn bruderlich vermanen deren
dingen, welche der versamlung an seiner predigt ge-
fallen oder nicht.
4. Wenn das verricht ist, sol man darnach zur prü-
fung der sitten greifen, in welcher diese ordnung sol
gehalten werden. Der vorsteher sol mit einer kurt-
zen vorrede und mit kurtzen worten erkleren, das
die ander ursache dieser versamlung sey, das sich
die kirchendiener unternander nötiger dinge hal-
ben vermanen und das er die bruder bitte, das sie
hierinnen alle eigene begirde ablegen und allein auf
Gottes ehre und erbauung der kirchen sehen wolten.
Wenn solches geschehen ist, sol er selbst zum ersten
hinaußgehen und der nechste neben ihm ordentlich
umbfragen, den vorsteher wider hereinrufen und die
suma vom urteil eines iglichen bruders anzeigen,
nach dem sol der nechste hinaußgehen und also or-
dentlich hinfort ein iglicher nach dem andern. Dis
urteil von den sitten sol der vorsteher nicht ins buch
verzeichnen, dem sein brauch ist, die gebrechen der
bruder zu verbessern und derselbigen gantz und gar
zu vergessen.
5. Wenn das gehandelt worden ist, sol man auf das
dritte heuptstücke kommen, da der vorsteher einen
iglichen ordentlich im beysitz fragen sol, ob auch
versamlung der eltesten in seiner kirche gehalten
werde, ob die bußzucht fortgehe, ob er mit secten zu
thun habe oder auch er selbs in irgenteinem heupt-
stücke der lere einen zweifel habe, ob die armen und
schulen versehen werden oder ob er sonst in irgent-
einem stücke der hulfe und raths der bruder in re-
girung seiner kirchen bedurfe.
So er etwas schweres mit den eltesten oder andern

19 In der Vorlage folgt hier eine ausführliche Begrün-
dung des folgenden Abschnitts, die wir hier aus-
lassen.

in der kirche zu thun hat, söllen zwene oder drey
nechsten kirchendiener erkorn werden, die zu seiner
kirche kommen, den handel erkennen und, soviel
müglich ist, fridsam vertragen.
6. So nichts furbracht wirt, sol der vorsteher eine
frage oder zwo furgeben von den strittigen artickeln
mit den papisten, widerteufern, Schwenckfeldianern
und anderen, so frembde meinungen, die wider die
ewige warheit Gottes sein, vertedigen, und sol sie
alle fragen, was sie auf furgetragene einrede antwor-
ten können. Und söllen sich also unternander rüsten
und stercken, auf das sie durch die heilsame lere ver-
manen und die widersprecher uberwinden mügen,
welches Paulus von allen dienern des worts Gottes
erfordert [Tit. 1, 9].
7. So sich in diesem convent etwas zutregt, das
die bruder nicht verrichten können, sondern des
kirchenraths hulf erfordert wirt, da der superinten-
dens abwesende ist, sol der vorsteher brife an den
kirchenrath im namen des gantzen convents schrei-
ben, darinnen er den ganzen handel anzeigen und
hülfe begeren sol. Dise brife sol der vorsteher allein
im namen der gantzen versamlung oder convents
versigeln.
8. Wenn dis und dergleichen, was fur nötig ange-
sehen wirt, vollendet ist, sol der ort und tag des
nechsten convents bestimmet und durch den vor-
steher die dancksagung geschehen und die versam-
lung voneinander gelassen werden.
9. Alles sol in diesen versamlungen in deutscher
und gemeiner sprach gehandelt werden.
[5]. Von den amptsversamlungen19.
Durch alle diese ursachen ist der durchleuchtigste,
hochgeborne fürst bewegt worden, das ihr curfurst-
liche gnade uber die vierwöchischen convent auch
diese versamlungen verordnet hat, welche ihr chur-
furstliche gnade in allen emptern alle jar einmal wil
gehalten haben20, darinnen diese ordnung, wie folgt,
sol gehalten werden.
1. Der superintendens in einem iglichen ampt sol
den kirchendienern unter seiner aufsehung anzei-
20 Vgl. den Abschnitt Von synodis in der Kirchenrats-
ordnung von 1564, unsere Nr. 32, oben S. 418-419.

453
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften