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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (14. Band): Kurpfalz — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1969

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https://doi.org/10.11588/diglit.30629#0539
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Mandat gegen Kondemnationen 1584

also auch jetziger zeit lutherisch oder calvinisch ge-
nandt wirdt, sonder wir uns alle eynig auf Christum,
in dessen namen wir getauft und durch ine erlöst
worden, ziehen und referiren sollen in fernerer be-
trachtung, daß under und von wegen solcher ver-
haßten, aufgedichten namen in und ausserhalb des
römischen reichs alle christen und evangelischen
kirchen, so sich vom pabstthumb abgesöndert, vom
antichrist zu Rom und seinem anhang ohnen einigen
underschiedt der einer oder andern meynunge ver-
folget und außzurotten understanden worden etc.,
wie auch noch.
Zudeme die göttliche schrift, auch des nechsten
lieb von allen christen, sonderlich den kirchendie-
nern erfordert, daß die leuth mit bescheidenheyt,
sanftmut und gedult auß Gottes wort Christo ge-
wonnen, zugeführt und erbauet und nicht mit
schelt- und schmehworten davon abgewisen und für
den kopf gestossen werden. Vil weniger können wir
gestatten und zugeben, daß die kirchen- und schul-
diener auf der cantzel oder in schriften einander
falsche und ketzerische lehr zulegen, andichten und
mit offentlichem ungrundt und unwarheit beschwe-
ren und also falsche zeugnuß geben allein zu dem end,
damit die warheit, reine lehr und unschuldige perso-
nen dardurch bey dem gemeinen mann verhast zu
machen und zu verleumbden, sonder wöllen die hie-
mit als die keinem erbaren, aufrichtigen mann, vil
weniger kirchendienern zustehen und gebüren,
ernstlich und bey höchster straf und ungnad haben.
Sonderlich aber volgende offenbare calumnien, das
man mit ungrund fürgibt, das diejhenige, so diese
wort: Das brodt ist der leib Christi, nicht von einem
unsichtbaren leib im brodt verborgen oder sonsten,
das das brodt leiblich, wesentlich der leib des herrn
seye und solcher leib mündtlich wie das brodt gessen
werde, verstehen, sonder sacramentlich, daß es nach
art aller sacrament ein göttlich warzeichen seye deß
wahren leibs Christi, der zur speise der seelen, uns
im rechten brauch zu geniessen, ubergeben und ge-
reycht werde, das sie darumb die wort Christi im
heyligen abendmal nicht für wahr halten. Item, daß
sie die allmechtigkeyt Gottes und Christi verleug-
nenm. Item, daß sie die heylige sacramenta allein

m Zürich: verlaugnen.
33 Sehling, Bd. XIV, Kurpfalz

für blose zeychen und bedeutungen und nicht für
solche halten, damit uns dasjhenige, was sie anbil-
den und bezeugen, gegeben werde. Item, daß sie
keine gegenwardt Christi im h.[eiligen] abendmal
erkennen, sonder lehren sollen, er seye so weit vom
h.[eiligen] abendmal als der obriste himmel von der
erden, welches der eine theyl nicht, sonder das ge-
lehrt, daß, obschon der leib Christi nach seiner
himmelfahrt ortshalben, wie die heilige engel,
s.[anct] Paulus und andere apostel einhelliglich zeu-
gen, so weit von den irdischen elementen als der
himmel von der erden ist, seye er doch in dieser hey-
ligen handlung, die vielmehr himlisch dann irdisch
ist, darinnen auch der allmechtige geist Christi
würckt und die glider mit dem haupt vereynbart,
warhaftig gegenwertig, wie dann vermög des Ni-
cenischen Concilii wir bey disem göttlichen tische
nit am irdischen, sichtbaren, fürgesetzten kelch und
brodt niderträchtig hangen, sonder unser gemüt im
glauben hinauf erheben sollen, da Christus ist,
spricht s.[anct] Paulus, sitzendt zur rechten des
vaters [Kol. 3, 1] und von dannen wir seiner leib-
lichen ankunft erwarten. Item, das sie lehren sollen,
Christus seye an einem ort im himmel verschlossen
und gleichsam gefangen. Item, man werde alleyn
mit dem geist Christi und seiner wolthaten, aber nit
mit seinem leib gespeiset. Item, daß sie allein der
vernunft und philosophi, nit aber dem wort Gottes
nachvolgen und, was dergleichen mehr offentliche
calumnien und lästerungen sein, so solcher in Gottes
wort gegründter lehr angedichtet werden und doch
auß grund der h.[eiligen] schriften und sonsten viel-
fältiglich sein widersprochen, abgeleinet und wider-
legt worden.
Demnach auch zu disem mißverstandt durch et-
lich wenig vorwitzige lehrer die disputation von der
allenthalbenheit des leibs Jesu Christi gezogen und
eingemenget worden, damit die leibliche gegenwart
des leibs Christi im brodt und das mündtliche essen
gedachts leibs zu bestetigen, dardurch diser streit jhe
lenger jhe verwirter und der gemeine mann mit
spitzigen und gefärlichen fragen und disputationenn
noch irriger gemacht worden, auch bey diesem han-
del denjhenigen, so die reyne lehr von der persön-
n München, Heidelberg, Zürich: disputation.
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