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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (14. Band): Kurpfalz — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1969

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https://doi.org/10.11588/diglit.30629#0545
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Kirchenratsordnung 1585

che mit vleis und in gottesforcht zu erwegen und
derselben gemeß sein lehr, leben und wandel anzu-
richten.
Als nemlichen, daß er bedencke und zu herzen faße,
zu waß hochwichtigem ampt er berufen, waß großer
muhe, arbeit, sorg und vleis der kirchen regiment
erfordere.
Zum andern, daß er sein besten müglichen vleis
fürwende, damit die christliche kirchen mit recht-
schaffener, gesunder, gottlicher, prophetischer und
apostolischer lehr und nicht mit menschentraumen
und -satzungen underricht und geleret werde.
Zum. dritten, daß er in außlegung der heiligen,
gottlichen schrift nicht unnotige und zur christ-
lichen erbauung und verbeßerung undienstliche
materias furnehme, sonder aus biblischer schrift
daßjhenige, waß seiner kirchen gemeß, guth und zur
seeligkheit nutz und nothwendig ist, erwöhle, für-
trage und außlege, daraus lehre, ermahne, tröste und
strafe.
Und solches soll er thun mit rechtem, eiferigem
geist, ernst und treue, auch also, daß darinnen seine
fleischliche affecten, rachgirigkheit, lust und lieb zu
zancken gar nicht gespüret, sich aller ungebürli-
chen, leichtfertigen schmitz-27, schelt- und spitz-
wort28 enthalten, dardurch einfaltige, schwache
leut baldt geergert und von der lehr deß heiligen
evangely abgeschreckt, auch die warheit selbsten
dardurch verdechtig und verhast gemacht wurdet,
insonderheit sich durchaus unsern jungst, den neunt-
zehenden Februarii anno etc. achzigvier publicirten
mandat29 seins theils gemeß erzeigen und sich aller
lesterungen uf den cantzln enthalten.
Waß aber offenbare mißbreuch, abgötterey, aber-
glauben, falsche lehr, sündt und laster sein, die sol-
len ernstlich je nach gestalt und gelegenheit dersel-
bigen mit rauen, idoch der heiligen schrift gemeßen
worten angetast und gescholten werden, damit alles
zur ehre Gottes und auferbauung unsers nechsten
geschehe und also viel menschen Gott und der ge-
rechtigkheit gewonnen und zugefuhret werden mo-
gen.

27 Verletzendes, verspottendes, verhöhnendes Wort,
vgl. DW IX, 1105.
28 Stichelwort, vgl. DW X, 1, 2650.

Man soll auch uf der cantzeln die underthanen und
zuhörer ernstlich und treulich ermahnen, ihre kinder
und haußgesindt zur kirchen und anhörung gött-
lichs worts iderzeit zu schicken, sintemal sie Gott,
dem allmechtigen, da sie in diesen nötigen stuckh
als vleißiger anhörung gottlichs worts und rechtem
gebrauch der heiligen sacramenten versaumpt,
schwere rechnung darumb geben mueßen.
Damit aber daß volckh zu mehrer gottesforcht,
zucht, frieden und gehorsam gebracht, von sünden,
schanden und lastern sowol durch forcht als der
liebe Gottes halben abgezogen und -gehalten wer-
den, so sollen neben andern christlichen vermah-
nungen auch unsere mandaten, so wir iderzeit wider
den unfleiß des kirchgangs, auch andere laster als
abgötterei, zauberei, wahrsagen, unzucht, truncken-
heit etc. außgehen und publiciren laßen30, uf den
cantzeln oftermaln angezogen und die underthanen
und zuhörer vor zeitlicher und ewiger straf verwar-
net werden.
Es soll den kirchendhienern ernstlich eingebunden
und uferlegt werden, sich in der heiligen schrift altes
und neues testaments vleißig zu uben, ire predigten
aus denselben und nicht allein, wie bißhero bei vilen
in mißbrauch gewesen, aus den gewonlichen postil-
len (die bibel hindangesetzt) nehmen, da man durch
die gantze wochen nichts gelesen und erst, so man
predigen soll, dieselbige fur die handt nimpt, also
nothwendig die predigen ohne einigen eifer, andacht
oder underschiedt mit geringer beßerung gehalten
werden.
Und dieweil ihnen auch gebüren will, nicht allein
mit rheiner, gesunder göttlicher lehr, sonder auch
mit gutem exempel im leben und wandel der kirchen
vorzugehn und also die lehre mit ihrem wandel zu
zieren und zu bestetigen, so sollen sie sowol ihrer
weiber, kinder und haußgesindts wandel, wesen und
leben als ihr, der prediger selbsten, durch Gottes
gnad also gottseelig, nuchtern und keusch anrich-
ten, daß neben ihrem gescheft und handtirung auch
alle ihre rede, wandel, kleidung, sitten und geberden
ander leuten ein exempel und spigel zum guten seien.
29 Unsere Nr. 80.
30 Etwa die Christliche Polizeiordnung, unsere
Nr. 26, oben S. 264-274.

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