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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (14. Band): Kurpfalz — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1969

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https://doi.org/10.11588/diglit.30629#0547
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Kirchenratsordnung 1585

anzeigen wurde, daß ihre competentz gekurtzt,
etwas davon verlohren, abgezogen, verkauft, ver-
tauscht oder sonsten hinwegkhommen, sollen unsere
kirchenräth deßen bei unserer verwaltung der geist-
lichen gefelle erkhundigung pflegen, die es auch
richtig zu machen schuldig33 und, da es nicht sein
wolte, alsdann an uns zu gelangen, wollen wir zur
handthabe deß ministerii geburende hulf und ein-
sehung thun.
VI. Von straf der kirchen- und schuldhiener.
Dieweil ein hohe notturft sein will, vleißigs uf-
mercken zu haben, daß durch die kirchen- und
schuldhiener kein ergernus in der kirchen Christi so-
wol mit wandel und leben als der lehr halben ent-
stande, sollen unsere kirchenräth hierinnen sich vol-
genden underschiedts verhalten34.
Da nemblich bey kirchen- oder schuldhienern die
ubertretung und laster also grobe und unleidenlich,
daß sie politischer weiß zu strafen und entsetzung
der ehren uf sich trügen, auch solches notori und
offenbar oder einer sonsten deßen glaubwurdig be-
schuldigt und überweisen were, und wir keineswegs
bedacht, zu dergleichen groben lastern, die vermög
der recht leibs- oder andere hohe strafen erfordern,
zuzusehen, sondern, dieweil das gemein volckh hie-
durch mehr als durch anderer schlechten leut ver-
brechen geergert wurdt, mit allem ernst vermög
gottlichs bevelchs darumb zu strafen, sollen uf den
fall solche grobe laster in alle weg an uns oder unser
oberräth gelangen, damit nach gründlicher erkhun-
digung geburende bevelch und execution ergehen
möge35.
Waß aber andere fehl und mengel sein als selt-
zame und besondere weiß, die schrift zu handlen,
dardurch bei der gemeindt ergernus zu besorgen,
seltzame fragen in predigen, solche lehr führen, die
in kirchen nicht breuchlich, farleßigkheit im stu-

33 Einschaltung der Kirchengüterverwaltung gegen-
über 1564 neu. Deren Ordnung unsere Nr. 58.
34 Abschnitt fehlt Extract.
35 1564 verwies hierbei auf die Polizeiordnung (un-
sere Nr. 26, oben S. 264-274) und eingehender auf
die politische Gerichtsbarkeit, was hier getilgt ist.
36-36 Extract eigenes Kapitel: VII. Von den visitationi-
bus et classicis conventibus.

diren und lesung der heiligen schrift, hinleßigkheit
im strafen der laster und verrichtung deßjhenigen,
waß zu seinem ampt gehörig, leichtfertigkheit in ge-
perden, worten und cleidungen, böse gewonheit zu
liegen, after- und ehrenrurige reden auszugießen,
vermeßenheit, hinderlustige fünde und dücke, geitz,
untzimlicher zorn, hader, gezenckh und, waß der-
gleichen mehr ist, und unser kirchenräth deßen von
dem superintendenten oder andern glaubwürdig
berichtet, sollen sie solch persohn vleißig und ernst-
lich etlich mahl nach gelegenheit deß lasters zur ver-
beßerung vermahnen und davon abhalten, da es
aber nicht verfangen, sonder man muthwillig darin
verharren würde, alsdann andern zum exempel mit
unserm vorwißen ihnen abschaffen und nicht lenger
gedulden.
36Und damit man solcher mängel und laster desto
gewißer erfarnus haben möge und solch aus den in-
spectionibus, visitationibus et claßicis conventibus37
am füglichsten zu erlangen, so sollen dieselbige wie
bißanhero vleißig gehalten und iderzeit, da sich et-
was unrichtigs und ergerlichs in einer kirchen zu-
tregt, es sey in lehr oder wandel der kirchen- oder
schuldhiener, und daßelb unsern kirchenräthen an-
gebracht, alsbaldt verordnung beschehen, daß vom
superintendenten, pfarrherrn und sonsten bericht
erholt, daruf der kirchendhiener alher in kirchen-
rath erfordert oder, da es der sachen wichtigkheit
erheischen würde, ein oder zwen aus ihrem mittel an
daß ort abgeordnet, inspection und inquisition zu
halten, die verbeßerung antzurichten oder, da es
füglich nicht sein möchte, referendo wider zuruckh
gelangen und die fernere notturft erwegen zu laßen.
Uf daß auch hierinnen alle confusion vermiten,
auch kirchen- und schuldhiener wißen mögen, in waß
sachen sie allein, wie oben specificirt, uf den kirchen-
rath zu sehen und dann, wie weit sie den amptleuten
in allen politischen sachen underworfen und aber
37 Classicalconvente und ihre Tätigkeit fehlen in
1564, da sie erst 1570/71 eingerichtet wurden (vgl.
unsere Nr. 44, oben S. 439-441, Nr. 45, oben
S. 441-442, Nr. 48, oben S. 446-447, und Nr. 51,
oben S. 450-455). Für sie wurde im Mai 1587 eine
neue Ordnung erlassen, unsere Nr. 85, unten
S. 527-534.

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