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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]; Bergholz, Thomas [Oth.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (18. Band = Rheinland-Pfalz, 1): Herzogtum Pfalz-Zweibrücken, die Grafschaften Pfalz-Veldenz, Sponheim, Sickingen, Manderscheid, Oberstein, Falkenstein und Hohenfels-Reipoltskirchen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2006

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https://doi.org/10.11588/diglit.30658#0039
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Einleitung

Pfalzgraf Ludwig II. heiratete 1525 Elisabeth von Hessen, eine Cousine Philipps von Hessen, die dezi-
diert dem neuen Glauben anhing. Ludwig aber blieb bei seiner Haltung, ohne dass er explizit für oder gegen
den neuen Glauben Stellung bezog. Zwar wurden auf Druck der Bischöfe von Metz und Speyer vereinzelt
allzu eifrige evangelische Prediger entlassen (z.B. in Bergzabern), auch ruhte in Zweibrücken eine Zeit lang
die Austeilung des Abendmahls unter beiderlei Gestalt, aber andererseits leistete der Herzog den bischöf-
lichen Jurisdiktionsakten keine weitere Unterstiitzung, ja, er setzte die beiden Bergzaberner Pfarrer nach
einiger Zeit wieder in ihre Ämter ein.20 Auch die Verleihung eines Hornbacher Kanonikates an den berühm-
ten Botaniker Hieronymus Bock, der zum einen ein verheirateter Laie war, zum andern in Hornbach als
evangelischer Prediger wirkte, passt in dieses Bild.21 Schwebel ist wohl, gedeckt durch den vorsichtigen,
aber eindeutig auf reformatorischer Seite stehenden Kanzler Jakob Schorr und die Herzogin, seinen
Reformweg weiter gegangen, denn schon 1531 musste er sich wieder verteidigen, diesmal weil ich die hochzeit
in Teutscher Sprache wider gemeinen brauch bestettige und zur Kirche führe.22
1529 war Schwebel als onpartheischer Zuhörer beim Marburger Religionsgespräch anwesend gewe-
sen,23 eine interessante Feststellung vor allem bezüglich des Konfessionswechsels Zweibrückens nach 1580,
an dem Schwebels Sohn, der Zweibrücker Kanzler Heinrich Schwebel (1531-1610), maßgeblich mitbeteiligt
war, der im Nachhinein, vom calvinistischen Standpunkt aus, die Nähe Schwebels zu Bucer als eine von
Anfang an entscheidende Nähe zur oberdeutschen Theologie darzustellen trachtete24 - dem gegenüber gilt
heute als sicher, dass Schwebel keineswegs für die eine oder andere Richtung in Anspruch genommen
werden kann.25
Nach Ludwigs Tod 1532 sind uns zwei voneinander unabhängige Zeugnisse über den unentschiedenen
Glaubensstand des Pfalzgrafen überliefert:26 Martin Bucer konnte Schwebel, der etwas hilflos vor der Auf-
gabe stand, eine Leichenpredigt über den nominell katholischen Fürsten vor der evangelischen Gemahlin
halten zu müssen, auch nur bestätigen, dass der Verstorbene der Predigt des Evangeliums immerhin keinen
Widerstand entgegengesetzt hatte, wogegen Albrecht von Mainz 1533 in seiner Confutatio der Kirchenord-

20 Vgl. Jung, Schwebel, S.63; Konersmann, Kirchenre-
giment, S. 102f. 113.
21 Zu Bock vgl. NDB II, S. 343; Krafft, Vorstoß ins
Unerkannte, S. 57f; Bergholz, Art. Bock, in: BBKL
25; Bergholz, Sendbrief. Bock ist einer der Unterzeich-
ner der KO 1539 (Text 3).
22 Schwebel, Deutsche Schriften 2, S. 124. Schwebels
deutsches Trauformular abgedruckt in Fußnote c S. 51.
Vgl. Jung, Geschichte des Gottesdienstes, S. 10.
23 In einem Brief Herzog Ludwigs an Landgraf Philipp von
Hessen vom 19.9.1529: Dwyll wir vernomen, welcher
gestalt E[uer] L[iebden] eyn versammlung der gelerten gen
Marpurg beschreiben thun, sich daselbs der sacrament
sachen Zwitracht halben zu besprechen und wo möglich zu
vereinigen, und aber wir derselben sach ye auch zum besten
geneigt sein, So haben wir unsern predicanten zu Zwei-
bruck und lieben andächtigen Johannen Schwöblin, als den
wir zu solcher Sach wie eyn onpartheischen nit wenig for-
derlich achten, zu E.L. verordnet und abgefertigt der freunt-
lichen begeer, E.L. wollen den umb unsern willen by gerür-
ten gesprech, auch den beschlossen, ob eynicher beschieht
syn, und als eyn onerwarten dem Handel zuhören lassen,
hierin sich gutwillig erzeigen. Jung, Schwebel, S. 184.
24 In den 1590er Jahren wurde eine Ausgabe der Schriften
Johann Schwebels initiiert, in der die Herausgeber Hein-
rich Schwebel und Philipp Michael Beuther (geb. vor

1560 als Sohn des Heidelberger Kirchenrates Michael
Beuther, stud. Straßburg und Frankfurt, 1580 Mag.,
1587 Dr.theol. in Rostock, 1589 Hofprediger und Dia-
kon in Zweibrücken, 1607 Superintendent, gest. 1616)
die Kontinuität der Schwebelschen Reformation mit
dem Calvinismus Herzog Johanns zu beweisen suchen.
Die Ausgabe umfasst: Ein Band Briefwechsel Centuria
Epistolarum Theologicarum, 1597; zwei Bände Teutsche
Bücher und Schrifften, 1597/98; ein Band lateinische
Schriften Operum theologicorum, 1598 (ein geplanter
zweiter Band erschien nicht); vgl. Jung, Schwebel, S.
X-XII.
25 Vgl. Konersmann, Kirchenregiment, S. 103-105 (Nähe
zur lutherische Lehre vom Kirchenregiment) und S. 116
(Schwebels Abendmahlsauffassung). Daher ist es ver-
fehlt, wie es noch Biundo, Pfälzisches Pfarrerbuch,
S. 672, 1968 tut, Zweibrücken unter Schwebel als „refor-
miert“ zu bezeichnen. Vgl. dazu auch die Bedencken der
Theologici des Fürstenthumbs Zweybruck über die Würtem-
bergische Kirchenordnung (HWS-A II/124), die 1554
davon sprechen, dass seit vielen Jahren Luthers Kleiner
Katechismus in Gebrauch sei.
26 Die kirchenpolitische Entscheidungsschwäche scheint
auch Schwebel an den Rand der Demission gebracht zu
haben, vgl. Konersmann, Kirchenregiment, S. 106.

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