Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (18. Band = Rheinland-Pfalz, 1): Herzogtum Pfalz-Zweibrücken, die Grafschaften Pfalz-Veldenz, Sponheim, Sickingen, Manderscheid, Oberstein, Falkenstein und Hohenfels-Reipoltskirchen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2006

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30658#0437
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
38. Eheordnung 1605

Patte, Gevatter unndt dergleichenn verwannth
seindt, die Ehe sollenn verhindernn, jedoch dieweill
solches keinenn Grundt weder inn heyliger Göttli-
cher Schrifft noch sunsten inn der Vernunfft hatt.
Sonndern zum Theill auß Aberglaubenn, zum Theill
auch auß der Geldtsucht hergeflossenn undt dann,
wann solche Ordnung gelttenn soltte, der Ehe-
stanndt under den Christenn, allß die alle unnder
einannder Geistliche Brüder unndt Schwestern
seindt, gentzlich uffgehabenn würde, so haben unn-
sere Ambtleuth unnd Kirchenn dhiener, wenn sich
zwischenn unnsern Unterthanen unnd Angehöri-
genn dergleichenn Fäll zutragen, angeregte vermein-
te geistliche Verwanthnuß nit zuachtenn.
cDer V. Titul.c
Von Personen, denen ausserhalb obgesetzten
Ursachen, doch mitt gewisser Maß dsich ehelich
zu versprechend verbottenn.
Nachdem die gemeine Keyserlichen Recht den Pfle-
gern oder Vormündern nit zulaßenn,11 sich selbst
oder ihre |12v| söhn oder Töchter ann ihre Pfleg
Kinnder, denen sie mit Vormundtschafft vorstehen
sollen, zuverheurattenn angesehen, solches gemein-
lich zu dem Ende geschicht, damit sie, die Pfleger
oder Vormünder, ihrer Pflegkinder Geltt oder Gutt
vortheilhafftiger Weiß ann sich unnd die Ihrigenn
bringen mögen oder gehabter Verwalttung keine Re-
chenschafft thun dörffen.
So lassen wir unns solche vernünfftige unnd wolbe-
dachte Ordnung auch gefallenn, demnach beveh-
lendt, daß hinfüro niemanndt seinen Pfleg Sohn
oder Pfleg dochter ihme selbst oder seinem Sohn
oder seiner Tochter oder seinem Enckell oder seinem

c-c Fehlt Entwurf 1592.
d-d Entwurf 1592: die Ehe.
e-e Entwurf 1592: oder.
f-f Fehlt Entwurf 1592.
g-g Fehlt Entwurf 1592.
h-h Entwurf 1592: mit andern ehelich sich verpflichte. Dann
wo solches geschehe, sollen nit allein die verlobnußen fur
nichtig und crafftloß erkendt unndt keinswegs gestattet,
sonndern auch die thetter vermög der Kay[serlichen]
Rechtenn fur trew- und ehrloß gehalttenn unnd darzue

Enckelin unnderstehe zuverehelichen, eß sei dann,
das er zuvor seiner Verwalttung uffrichtige unndt
redliche Rechenschafft gethann oder eß habe deß
Pupillen12 Vatter solches inn seinem Testament
unnd letztenn Willenn oder inn seinem Leben er-
laubt und verordnet eund darzue wir allß Landts-
fürst fin solchen Fällen oder auch sonsterf |13r| aus
andern erheblichenn undt bewegendenn Ursachenn
solchenn Heuratt zugelaßenn.
Es seindt auch etliche Persohnenn dieser Zeitt so ehr-
unndt ruchloß, auch aller Göttlichen, natürlichen
unndt bürgerlichen Zucht, Wolstandts undt Erbar-
keitt allso vergessenn, daß sie sich nit allein zwey-
oder mehrmahln nach einander heimblich unndt of-
fentlich verloben dörffen, Sonndern auch, wann sie
schon eine gute zeittlanng im Ehestandt geweßen
unnd Kinder im selbigen gehabt, aus lautterm
Muthwillen, Verdruß der vorigenn Ehe durch An-
reitzunng deß leidigenn Teuffels mit andern Even-
tualiter, nemblich uff den Fall ihre Weiber oder
Männer mit Todt abganngen, ehelich versprechenn,
darauß dann nitt allein Unfriedt unnd Uneinigkeit
ervolgt, sonndern auch bißweillen eins dem andern
durch Gifft oder andere Weg das Lebenn verkürt-
zen.
Derohalbenn so gebiettenn wir gantz ernstlich
gund bey Vermeydung hieunden gesetzten Straffeng,
daß hinfürter niemandts, der zuvor verlobt unnd
versprochen |13v| oder sonnst ein Ehegemahl hatt,
hsich mit einer anndern Personen einiger Gestalt
ehelich verpflichte.h
iWeil wir auch befundeni, daß sich offtermahlß zuge-
tragenn, wann etwann ein Ehegemahl daß annder

nach gelegenheit der sachen gegenn denselbenn mit
ernstlicher, unnachläßiger straff bürgerlich oder peinlich
verfahrenn werdenn. [Marginalie des Korrektors:] Dieser
§ kombt hernach under dem Titul: Von straff deren, so
wider diese ordtnung handtlen.
i-i Entwurf 1592: Weil wir auch befunden, das etwann ehe-
leuth, so durch unnsere verordtnete Eherichter geschei-

11 Vgl. ClCiv Inst 1,10,1 und öfter.
12 Mündel, Pflegekind.

421
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften