Evangelische Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts

Pfalz-Veldenz

fengklichs selbs underfangen, hernach zu Zeitten
den Engeln und dann den hailigen Patriarchen und
Propheten, auch seinem eingebornen Sohn, unnserm
Lieben herrn Jesu Christo, da er Mensch ist worden,
und desselben Aposteln zu verrichten ufferlegt unnd
befolhen hat.
Die Summa aber der rechten, warhafftigen, Göttli-
chen, himelischen und einig seeligmachenden Lehr,
so von Anfang der Welt hero in der Kürchen oder
versamlung Gottes volckhs uff Erden geüebt unnd
getriben, auch noch biß zue Enndt der Welt in
uebung plaiben soll und muß, bestehet darruff:
Nämlich |5r| das Gott die Welt, wie Christus selbs
lehret, also geliebt hat, das er seinen einigen Sohn
gabe, uff das alle, die an ihne glauben, nicht verloh-
ren werden, sonndern das ewig Leben haben.6 Unnd
wie Paulus schreibt: Gott hat unns seelig gemacht
und berueffen mit einem heiligen berueff, nicht nach
unnsern werckhen, sonnder nach seinem fürsatz und
gnad, die uns gegeben ist in Christo Jhesu vor der
Zeitt der Welt, jetzundt aber offenbaret durch die
erscheinung unnsers heilanndts Jesu Christi, der
dem todt hat die macht genohmmen und das Leben,
auch unverganklich wesen an das Liecht bracht
durch das Evangelion.7 Und auch hernach ferrner:
Wir waren auch weylandt unweiß, ungehorsam, ir-
rig, dhienend den Lüsten und mancherlay wollüsten
unnd wandelten in Boßheitten und Neidt unnd ha-
sten uns undereinander. Da aber erschien |5v| die
freundtlicheit unnd holdseeligkheit Gottes, unnsers
hailanndts, nicht umb der werckh willen der gerech-
tigkheit, die wir gethan hatten, sonndern nach sei-
ner Barmhertzigkeit macht er uns seelig durch das
badt der widergeburth unnd ernewerung des heili-
gen Geistes, wölchen er aussgegossen hat uber uns
reichlich durch Jesum Christum, unnsern Heilandt,
uff das wir durch desselben gnad gerecht und Erben
seyen des ewigen Lebens nach der Hoffnung.8 Das
ist die Summa und hauptstuckh, dahin alle andere
Capita der rechten himlischen und Göttlichen Leh-
re, von Gott, von gottes gesetz, von der sünde, von
6 Joh 3,16.
7 2Tim 1,9f.
8 Tit 3,3-7.
9 Gal 1,8.

dem Evangelio, von den Sacramenten, vom glau-
ben, von der gerechtigkheit, von guten werckhen,
von geschefften eines jeglichen Christlichenn
stanndts und berueffs, von urstendt der Todten, von
ewiger Seeligkheit unnd |6r| kurtzlich von allen nutz-
lichen und nothwendigen stuckhen unnserer einigen,
rechten, warhafftigen Christlichen Religion entlich
gericht und gelaittet werden.
Nun ist die bemelt Lehre, und was derselben anhen-
gig, in der hailigen göttlichen schrifft, nemlich in der
schrifft der hailigen Propheten und aposteln, so ge-
nandt würdt die Biblia Altes und Neues Testa-
ments, dermassen so gnugsam verfast, begriffen,
aussgefierth, erklärt und mit göttlichen himlischen
wunderzaichen versichert und bestetigt, das aueh
ein Engel vom Himmel, so er anderst, dann die jetz-
bemelte schrifft aussweisen, Prediget, verflucht sein
solt.9
Hieruff sollen die Pfarrer, Prediger unnd ander Kür-
chendhiener, so das Lehr Amptt fieren, allen iren
müglichen fleiß, so |6v| tags, so Nachts mit ernstli-
cher anrueffung Gottes dahin richten und wenden,
das sie die schrifft der heiligen Propheten und Apos-
teln embsiglich lesen, recht verstehen und alle ire
Predig in Lehre, ermahnen und straaffen darauff
und daraus gründen und bestetigen.
Unnd nach dem von alters hero die hauptsumma der
wahren Christlichen Lehre und recht glaubigen Ca-
tholischer Kürchen Consensus auß dem grundt Pro-
phetischer und apostolischer schrifften fein kürtz-
lich, hell und clar in die drey berümbte und wolbe-
khandte Symbola Apostolicum,10 Nicenum11 und
Athanasii;12 verfasset, so sollen dieselbigen jetzer-
nandte Symbola und bekhantnussen der rechtenn,
wahren, Catholischen Kürchen auch nach heüttigs
Tags in unnsern Kürchen erhalten unnd nach der-
selbigen Innhalt rechte Lehre erkanndt, underschei-
den und verstanden werden. |7r|
10 BSLK, S. 21.
11 BSLK, S. 26f.
12 BSLK, S. 28-30.

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