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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (18. Band = Rheinland-Pfalz, 1): Herzogtum Pfalz-Zweibrücken, die Grafschaften Pfalz-Veldenz, Sponheim, Sickingen, Manderscheid, Oberstein, Falkenstein und Hohenfels-Reipoltskirchen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2006

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https://doi.org/10.11588/diglit.30658#0481
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8. Kirchenordnung 1574

Dieweil auch gleicher gestalt nach der Apostel Zeitt
etliche heilige Vätter in sachen, unnser Christlich
Religion belangend, geschriben unnd mit iren
schrifften der Kürchen ires fleisses zudhienen christ-
lich gesinnet, auch allerlay Irthumb, so sich wider
die recht Prophetisch und apostolisch Lehre ein-
reüssenn wölt, ires besten vermögens durch Gottes
gnad begegnet und gewehret und der rechten wahr-
hafftigen Lehre guthe kundschafft geben haben, so
sollen derhalben ihre Schrifften ehrlich gehalten und
zur gelegenheit fleissig gelesen werden, jedoch sollen
dieselben Schrifften der Vätter der heiligen Pro-
phetischen und apostolischen schrifft nit gleicher
authoritet und ansehens geachtet, sondern sovil
(wie sie selbs erfordern) davon gehalten werden, so-
vil sie mit kundtschafft der Propheten und Apostel
Schrifft erweisen unnd darpringen mögen. |7v|
Nach dem auch sich bißanhero allerlay mißver-
stanndt und Irthumb in mancherlay articuln und

Capitteln, die Lehr unnserer rechten warhafftigen
Christliche Religion betreffend, in der kürchen zu-
getragen unnd aber die selben Irthumb zu unnsern
Zeitten in der offentlichen bekhantnus warhafftiger
Lehre, die Augspurgische Confession genandt,13
kürtzlich vermeldet und mit grundtlicher Zeügnus
der hailigen Prophetischen und apostolischen
schrifften und obgenandter Symbolen, auch mit
kundtschafft der rechten, Catholischen Kürchen
verworffen unnd widerleget und darneben die recht
heilsame Christliche Lehr angezeigtt, so wöllen und
erforderen wir, das unnsere Pfarrer, Prediger und
Kürchendhiener ire Lehre und Kürchenhanndlung
in den Zwyffaltigen, auch andern Puncten nach Inn-
halt, anweisung und erclärung der bemelten Confes-
sion unnd diser unnserer Kürchen Ordnung, |8r| so
deroselben gemäß und in Gotteswortt gegründet,
verrichten und volnziehen.

[II.] Von eüsserlichen Ceremonien.

Das zu Pflantzung, außbreittung und erhaltung
warhafftiger Lehre und Rechten Gottes diensts inn
der Kürchen Gottes eusserliche ritus und Ceremo-
nien vonnöthen, nutzlich unnd allzeit breuchlich ge-
wesen seind, ist meniglich wol bewust und dises
orths ohn noth weitt leüfftig davon zu hanndlen.
Diß ist aber vonnöthen, das man rechten under-
schiedt zwischen solchen eusserlichen übungen unnd
Ceremonien der Kürchen wisse und haltte, dann de-
ren etliche zur Substantz einer jeden Action gehörig,
auß Göttlicher schrifft und des herrn Christi Ord-
nung und bevehl iren ursprung hernehmmen, auch
zu |8v| allen Zeitten von anfang in der Christlichen
Kürchen, als göttliche hochnothwendige unnd nütz-
liche ding, von allen recht glaubigen erkanndt, an-
genohmmen und mit sonnderlichem fleiß und ernnst
ins werkh gerichtet und in guetem brauch plieben.
Können noch sollen derwegen von Menschen kheins
wegs geenndert noch abgethan, sonndern müssen für
und für in der Kürchen Christi nach seinem bevelch

und verordnung unferfälschet und gleichförmig ge-
üebet und behalten werden.
Die andern werden Adiaphora, das ist mittel- oder
frey gelassene ding, genandt, die do nit Substantia-
lia seind und nit so außtruckhenlichen bevelch in
Gottes wort haben, wölche man aber wol ohne Sün-
de und einige der Christlichen Freyheit verletzigung
jhe nach gelegenheit thun oder lassen khan, sovern
|9r| mans nit halt für nötige Gottesdienst, vermeinet
nit damit gerecht zu sein oder Gottes gnad und ver-
gebung der Sünden zuverdhienen und achtets auch
nit für ding, die zur seeligkheit nothwendig seyen.
Umb desswillen dann die Kürch allewegen ire Frey-
heit hierinnen gehabt und noch jederzeit haben soll
und den beruffenen ordenlichen Vorstehern und Re-
genten der Kürchen nach gelegenheit der Zeitt eines
jeden Lanndts und orths dieselbigen, wie sie am bes-
ten zur erpawung und besserung scheinen mögen,

13 BSLK, S. 33-139.

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