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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (18. Band = Rheinland-Pfalz, 1): Herzogtum Pfalz-Zweibrücken, die Grafschaften Pfalz-Veldenz, Sponheim, Sickingen, Manderscheid, Oberstein, Falkenstein und Hohenfels-Reipoltskirchen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2006

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https://doi.org/10.11588/diglit.30658#0715
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2. Kirchenordnung Ebernburg 1572

Das Leuchgleut.
Da mann ein junges begrabenn will, das noch nit
communicirt, soll mann mit der klainen Klangglok-
kenn ein anzaigen gebenn, pulsu tribus intervallis
zur Zeit, da manns begrabenn und auß dem hauß
tragenn will. Hernach, da manns auff den kirchhoff
gebracht und nun begrebt, soll mann widerumb mit
der klainen Klangglockenn ein Zaichen leutten.
In begrebnussenn der verstorbenen, so communicirt
haben, soll mann erstlich, da mann sie auß dem
hauß zum begrebnuß tragen will, mit der klainen
Klangglocken ein zaichen geben continuo pulsu und,
da mann sie begrebt, soll mann ein zaichen zuhauff
leutten und den Deducenten der kirchendiener eine
leichpredig unndt vermanung thun; soll auch kein
begrebnuß ohn des Pfarherrs vorwissen angestellt
unndt gehalltenn werden.
[Besuch der Predigten.]
Was den unfleiß zur kirchenn unndt predig betrifft,
weiß jedermann zimlichs verstands wol, wann mann
am feiertag das dritte zaichenn, das ist zuhauff,
leutt, das er nit den verstandt unndt mainung hab,
das fürnehmlich die glockenn an inen selbs müessen
zuhauff fallen unndt klingenn, sondernn das damit
die leutt unndt pfargemain ein losung unndt anzai-
genn | hab, das es zeit sei, das die Pfargemain zur
Kirch unnd zur predig mit fleiß und andacht zu-
hauff in die versamlung komme, nach dem articull
unsers christlichenn glaubens: Ich glaub ein christ-
liche Kirchenn unndt ein gemainschafft der haili-
gen.
Unndt dieweil es zu verhinderung unnd zerrüttung
der predig, auch der zuhörer gereicht, da mann un-
mündige, junge kindlein in die Kirchen tregt, mit
ihnen kurtzweil, schertz unndt kinderspil treibt,
dardurch andere leutt irr unnd abwendig gemacht
werdenn, soll solches gentzlich underlassen unndt
im zufall abgeschafft werden. Es soll auch nie-
6 Geringe.
7 Offenbar ein Fehler für „von Ostern bis Michaelis“.

mandts auß der predig gehen ohne leibs schwacheit,
es sei dann alle Kirchhandlung mit gewönlichem se-
gen beschlossen.
[Kirchenzucht.]
Was der feiertag christlich zu halltenn sich gebürt,
sollenn jede Christverstendige wissenn, das sie sich
aller werktäglicher arbeit unndt geschefft, sonder-
lich an Sontagen, gentzlich enthalltenn sollen.
Was die ringe6 unde leichtferttige Klaidung zu Kir-
chenn betrifft, alß da mannß personen unndt knecht
ohn Rock, bloß in hosen unndt wammes zu Kir-
chenn gehen, ist solches nit zu gestattenn, sondern
gentzlich abzuschaffen, wie | der Obrigkeit Executi-
on erklärt unnd erbottenn ist.
Item, wher befundenn wurdt in ohnmässiger gaste-
rei, item uber angesetzte Zeit in die nacht hinderm
wein, item das er lestere unndt fluche, soll auß er-
kantnuß der Obrigkeit gestrafft werdenn. Unndt
soll die Weinglock von Michaelis biß Ostern umb
siben unndt von Michaelis bis Ostern7 allwegenn
umb neun Uhr geläut werden.
Was die Segensprecherei unndt iren abgöttischenn,
aberglaubischen anhang betrifft, soll verhüettet
unndt hinfürtter abgeschafft werdenn.
Da einer wuchert mit leihen unndt borgen uber ge-
wönliche unndt gebürliche Pension oder Zinß, der
soll nach verbrechung gestrafft werden.
Nachdem aber bißhero auff dem hailigen Pfingstag
das junge volck mit außtheilung irer Lehenn8 allerlei
unbefüegte sachenn unndt ergernuß verursachenn
unndt hinfüro noch zu mehrer weitterung zu besor-
genn, soll solches gentzlich abgeschafft unndt hin-
fürtter verhüettet werden.
Seindt in dem abschiedt zu Censorn erlesen unndt
verordent:
8 Zum Lehenausrufen vgl. Marginalie ι S. 623 und Fußnote
4 S. 296.

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