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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (18. Band = Rheinland-Pfalz, 1): Herzogtum Pfalz-Zweibrücken, die Grafschaften Pfalz-Veldenz, Sponheim, Sickingen, Manderscheid, Oberstein, Falkenstein und Hohenfels-Reipoltskirchen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2006

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https://doi.org/10.11588/diglit.30658#0725
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Einleitung

1. Die Grafschaft Oberstein, die Grafschaft Falkenstein und die Herren von Daun

Die Grafschaft Oberstein am Idarbach, einem Nebengewässer der Nahe, und die Grafschaft Falkenstein am
Donnersberg, zu deren jeweiligen Kerngebieten auch noch umfangreicher Kondominatsbesitz um Tripp-
stadt und Queidersberg in der Pfalz gehörte, waren seit dem 15. Jahrhundert im Besitz der Herren von
Daun, die sich, je nach Familienzweig und Herrschaftsschwerpunkt, Daun-Falkenstein oder Daun-Ober-
stein nannten.1
Für die Reformation bedeutsam ist vor allem ein Vertreter des Hauses: Graf Johann von Daun-Falken-
stein. Er wurde 1520 geboren und war zunächst für den geistlichen Stand bestimmt: 1536 wurde er wie sein
älterer Bruder Philipp Domkanoniker in Köln.2 Im Zusammenhang mit Hermann von Wieds Reformati-
onsversuch resignierten beide - erstaunlicherweise gingen jedoch die Pfründe Johanns an den jüngsten
Bruder Sebastian über!3 Auch sonst wollte man es sich offensichtlich mit der katholischen Seite nicht völlig
verderben: Philipp heiratete 1552 die ehemalige Nonne Caspara von Holtey, mit der er offenbar schon lange
Jahre im Konkubinat gelebt hatte - aber erst, nachdem beide Eheleute sich mit päpstlichem Dispens von
ihren Gelübden hatten befreien lassen.4 Johann heiratete noch 1546 Ursula, die Tochter des Wild- und
Rheingrafen Johann VII. Diese war zuvor in erster Ehe mit Pfalzgraf Ruprecht von Pfalz-Veldenz verhei-
ratet gewesen, dem Vormund Herzog Wolfgangs von Zweibrücken.5
Das Interim und der Tod seines Vaters, Graf Wirich V., 1548 verhinderten zunächst weitere Schritte in
diese Richtung. Dennoch sind aus den 1540er Jahren einzelne Nachrichten über evangelische Prediger in
den obersteinischen und falkensteinischen Pfarreien bekannt.6 Der dem Interim folgenden Visitation durch
Kurmainz im Jahre 1550 versuchte sich Johann zunächst zu entziehen, was aber nicht gelang. Die Visita-
toren fanden in den Gemeinden eine höchst unterschiedliche Praxis vor: In einigen Kirchen war alles, was
an den Katholizismus erinnerte, ausgeräumt, an anderen Orten wurde offenbar nach wie vor Messe gefei-
ert.7
1555 gehörte Johann zu den Mitunterzeichnern des Augsburger Religionsfriedens und bald darauf wies
er die Pfarrer seiner Herrschaft Falkenstein an, ihre Dienste zukünftig nach der kurpfälzischen Kirchenord-
nung von Kurfürst Ottheinrich zu versehen.8 1559 kaufte er dem Kloster Arnsburg das Patronatsrecht
seiner beiden Dörfer Bretzenheim und Winzenheim ab und setzte auch hier sofort evangelische Pfarrer ein.
Nach derzeitigem Stand der Forschung ist das einzige „kirchenordnende“ Schriftstück des Grafen
Johann ein Schreiben vom 13. März 1557 an den katholischen Pfarrer der Gemeinde Planig, Nikolaus
Theobald. Dort besaßen die Dauner zwar keine Hoheitsrechte (den Ort trug der Junker Friedrich von

1 Außerdem gab es noch eine niederrheinische Linie Daun-
Broich, die 1628/1636 die beiden anderen Linien beerbte,
vgl. Goeters, Grafen, S. 2. Der letzte Vertreter des
Gesamthauses Daun, Wilhelm Wirich, ein Enkel Wirichs
VI., konnte zwar so alle Dauner Gebiete wieder in einer
Hand vereinigen, starb aber ohne überlebende Kinder
1682.
2 Ihr Großonkel Philipp (gest. 1515) hatte es sogar zum
Erzbischof von Köln gebracht.

3 Vgl. Goeters, Grafen, S. 12.
4 Vgl. Goeters, Grafen, S. 12.
5 Vgl. Einleitung und Stammbaum zum Teil Pfalz-Zweib-
rücken.
6 Vgl. Goeters, Grafen, S. 10.
7 Das Visitationsprotokoll abgedruckt bei Faulenbach,
Quellen, S. 219-222.
8 Vgl. Sehling, EKO XIV, S. 113-220.

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