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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Bergholz, Thomas [Oth.]; Goeters, J. F. Gerhard [Oth.]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (19. Band = Rheinland-Pfalz, 2, 1. Teilband): Die Reichsstädte Landau, Speyer und Worms - die Grafschaften Leiningen, Sayn und Wied - die Wild- und Rheingrafschaft - das Fürstentum Pfalz-Simmern - die Grafschaft Pfalz-Veldenz (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.30659#0048
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Landau

1299 ist die Existenz einer Augustiner-Eremitenniederlassung in Landau bezeugt, die 1405 mit dem Bau
einer zweiten, größeren Kirche begann. Daneben gab es seit 1315 eine Beginenklause, die in der ehemaligen
leiningischen Stadtburg eingerichtet worden war. 1526 lebte nur noch eine Begine dort und die Klause
wurde in eine deutsche Schule umgewandelt.15 Auch das Augustinerkloster war nur noch schwach besetzt,
weshalb es der Stadtrat 1578 kaufen und als Spital nutzen wollte. Dennoch gelang es den beiden geistlichen
Gemeinschaften, den Stiftsherren und den Augustiner-Eremiten, ihre Existenz in Landau aufrecht zu erhal-
ten, auch wenn im Verlauf des 16. Jahrhunderts durchgängig die Anwesenheit von jeweils nur ein oder zwei
Klerikern, außer dem Gesinde, belegt ist.16
Schließlich stand neben dem Rathaus das Bürgerspital, das ebenfalls über eine Kapelle verfügte. Diese
Katharinenkapelle diente gleichzeitig als Ratskapelle, ihre Glocke rief zu den Ratssitzungen.
1432 wurde eine städtische Lateinschule gegründet - die älteste der Pfalz-,17 die nach der Gründung der
deutschen Schule gemeinsam mit dieser von zwei dafür bestimmten Ratsherren beaufsichtigt wurde.18 Im
späten 16. Jahrhundert war dann der Senior, der erste Pfarrer, mit der Schulaufsicht betraut, die Schul-
meisterstellen waren darüber hinaus gleichzeitig als Pfarrstellen der Landauer Dörfer Queichheim und
Nußdorf dotiert.19
Insgesamt stellt sich die politische, soziale, wirtschaftliche und religiöse Situation Landaus am Vorabend
der Reformation deutlich anders dar als die der benachbarten Reichsstädte Speyer und Worms, was zum
einen an der schon oben erwähnten politischen Orientierung Landaus ins Elsass lag.20 Aber auch die übrigen
Bedingungen waren sehr verschieden: Weder war Landau Sitz eines Bischofs, noch gab es einen zahlenmäßig
dominanten Klerus, dessen Grundbesitz oder Wirtschaftskraft die Entwicklung der Stadt behinderte,21
noch waren die sozialen, wirtschaftlichen und politischen Spannungen zwischen Patriziern, Handwerkern
und Landbevölkerung so groß wie in den genannten Städten. Auch war es nicht, wie in Speyer und Worms,
im Spätmittelalter zu einer der Stadt vom Klerus oktroyierten, für die wirtschaftliche Entwicklung sehr
nachteiligen Stadtverfassung (Rachtung) gekommen, die zu ähnlichen bürgerlichen Unruhen oder einer
Verwicklung in den Bauernkrieg hätte führen können.22

3. Johannes Bader und die reformatorische Bewegung von 1518 bis zum Interim

1518 wurde Johann Bader aus Straßburg Leutpriester des Stiftskapitels in Landau. Bader war um 1487 in
der südlichen Pfalz oder im Unterelsass geboren, hatte in Heidelberg studiert, dort den Magistergrad
erworben und war 1509 Erzieher des Zweibrücker Prinzen Ludwig (II.) geworden.23 Vielleicht war er auch
1518 bei Luthers Heidelberger Disputation anwesend.24 Er muss 1521/22 mit reformatorischen Predigten
begonnen haben,25 denn 1523 und 1524 wurde er deswegen zum zuständigen Bischof nach Speyer bestellt.

15 Vgl. Henrich, Mittelalterliche Geschichte, S. 93f.
16 Vgl. Müller, Landau, S. 26f.
17 Vgl. Haffner, Die katholische Pfarrei, S. 241. Fend-
ler, Schulen, S. 331-333. Martin, Geschichte, S. 28.
18 Vgl. Fendler, Schulen, S. 335.
19 Vgl. Fendler, Schulen, S. 338. Fendler, Von der
Lateinschule, S. 46.
20 Während Speyer und Worms einen deutlichen politi-
schen Bezug zur Kurpfalz hatten.
21 Vgl. Alter, Bauernkrieg, S. 1389.

22 Siehe Einleitungen Speyer und Worms, S. 76 u. 119. Vgl.
Alter, Bauernkrieg, S. 1389.1389f.
23 Vgl. Sehling, EKO XVIII, Teil Pfalz-Zweibrücken,
S. 21.
24 Vgl. Martin, Geschichte, S. 34.
25 Vgl. das Vorwort seiner Verteidigungsschrift von 1524
und seinen Brief von 1526, wo er das Jahr 1521/22 als
Jahr der Umkehr benennt, vgl. Gelbert, Leben und
Schriften, S. 43, 56.

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