Metadaten

Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]; Bergholz, Thomas [Oth.]; Goeters, J. F. Gerhard [Oth.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (19. Band = Rheinland-Pfalz, 2, 1. Teilband): Die Reichsstädte Landau, Speyer und Worms - die Grafschaften Leiningen, Sayn und Wied - die Wild- und Rheingrafschaft - das Fürstentum Pfalz-Simmern - die Grafschaft Pfalz-Veldenz (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2008

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30659#0083
License: Free access  - all rights reserved
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
7. Mandat zum Gottesdienstbesuch und zur Polizeiordnung 1571

Bey dem articul vom zu- unnd volltrincken solle
innsonnderheit das gemessen zutrincken oder -brin-
genn, unnd fürnemlich auch das nottigen, dringenn
oder über bescheydt zuthun zu maal verbotten sein,
unnser ernstlich straaf, bey dem articul inverleibt,
zu vermeidenn.
Den articul von hochzeittenn, sovil die anzaal der
40 personen belangt, lassenn wir pleibenn, doch der
gestalt, das hierinn ein gleicheyt gehalten werde
unnd keynem, weder rhatsverwandten noch eyni-
chen gemeynen burger, über solche anzal aller per-
sonen (darinn dann der breutigam, | die brauth, de-
ren vatter unnd muetter, auch knaben unnd junck-
frawenn gerechnet werden sollen) zu ladenn unnd
beruffen zugelassen sein solle, bey straaff eins gul-
denn, von einer jedenn personen innsonderheytt, so-
vil deren uber solch gesatzte ordnung überladen
werdenn, onabläßlich zubezalen.
Es soll auch benebenn zu einer jeden hochzeit nit
mehr als ein spielmann und demselben allein zu
unnd von der kirchen biß inn das würtzhauß, auch
bey den hochzeit malen oder -imbßen, aber sonnst
zu keynem dantz das Spiel beschaidenlich zu ge-
brauchenn gestattet werden. Unnd also hiemit auß
hochbewegenden ursachen das dantzen, es seie of-
fenlich oder heymlich, desgleichenn das umbherzie-
henn der hochzeitgesellenn unnd spielleutten bey
tag unnd nacht allerdings verbotten unnd abge-
strickt sein, auch bey peen einns gulden, so ein jede
überfarende person verwürckt haben unnd entrich-
ten solle.
Bey gleicher straaf solle auch das unzüchtig we-
sen, schreienn unnd jauchzen der junggesellen, es
seie bey den hochzeitten oder uff den gassen, des
tags oder nachts verbotten sein.2
Nachdem es auch bey dem articul in der policei
von überigen uncostenn der hochzeit, gleicher ge-
stallt der kindtauffen, halb geordnet ist, lassen wir
es auch bey den zehenn weibs personen sampt | der
hebammen, zu eim kindtauff zu laden, pleiben.

2 Vgl. Schindler, Widerspenstige Leute, S. 223-245.
3 Urte oder Irte: die (Wirtshaus-) Zeche, vgl. Grimm,
DWb 24, 2562ff.

Doch solle hiemit der unnütz mißbrauch, das die
weiber von dem kindtbetter imbß mit der gevatterin
zuhauß gehen unnd ein newenn schlemmen oder un-
costen anstellen (ausserhalb der hebammen, so mit
der gevatterin wol heym gehn mag) abgestrickt sein,
die gesetzt straaf der zehenn guldenn zu vermei-
denn.
Bey dem articul die würth belangende, lassen wir
diser zeit die daselbst geordnete tax fallen, doch das
es die würth nit übermachen unnd die gäst zuvil
hochbeschweren unnd übernemen, sonnder sie nach
gelegenheytt zimlich unnd billich hallttenn.
Es soll auch im selbigen articul die straaf derje-
nigen,so sich bey nacht über gesetzte zeit der neun
uhrn on ein liecht unnd redliche ursachen uff der
gassen finden lassenn, uff ein gulden gesetzt sein,
von eim jeden überfarer ohnnachläßlich einzuzie-
henn.
Bey dem articul von den urthen3 uff den stuben soll
auch hierinn verbottenn sein, das auch bey den hec-
kenwürthenn4 kein urthen über fünff uhren wehrenn
solle bey straaf fünff schilling Pfennig, von eim je-
den übersitzenden einzuziehen, unnd solle auch der
würth bey gleicher straf über solch geordert stundt
den zeergästen kein wein mehr gebenn noch uffwa-
genn. |
Ernstlich wöllen wir auch ettlicher unserer burger
übel unnd unnütz haußhaltten unnd verschwenn-
denn hiemit ernstlich verbotten und sie vor iren
selbs schaden verwarnet habenn bey straaf des
thurns unnd enndtlicher entziehung irer admi-
nistration unnd habenden gewallts.
Unnd wöllenn also berürt unser hievorige policei
ordnung inn allen anverwandtenn articuln unnd
punctenn hiemit widerumb erholt unnd ernewert,
steet unnd vest gehalltten, auch sonnderlich bevol-
henn habenn. Das solche ordnungenn alle fron-

4 Die Hecken- oder Straußenwirte, vgl. Grimm, DWb 10,
Sp. 749.

63
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften