10. Mandat gegen das Schmähen auf der Kanzel 1608
10. Mandat gegen das Schmähen auf der Kanzela
[Auszug aus dem Ratsprotokoll]
31. Oktober 1608
Montags post Simonis et Judae1 anno 1608.2
Alt unnd new [rat].
Nachdem beyde, eines er[samen] raths allhie jetzig
verordnete pfarrhern unnd sehlsorger, mit namen
M. Leonhardus Engelhard, pastor, und Johann Ju-
nior, diaconus, nun ettlich Jahr uber inn iren gehal-
tenen sontaglichen und wochentlichen predigten in
specie gegen und wider die pontificios oder bäpstler
mit sehr harten, spitzigen und stachelichten worten
uf der cantzel herauß gebrochen, nit allein derselben
falsche, irrige und abgottische lehr (davon sie dan
|170v | nit unrecht gehandlet, angesehen es ihren
ampts halben gebürt) auß Gottes wort gestrafft
unnd widerlegt, sondern sie ärgerlichen lebens hal-
ben angegriffen unnd ir personen dergestalt mit gro-
ben, seltzamen und wunderbarlichen epithesis, ge-
hessigen und derentwegen unpaßirlichen ohnnamen
offentlich außgemacht, das man darfür halten müe-
ßen und zu besorgen gewesen, weiln sie in dem die
recht maß uber schritten und dem religion frieden,
darinnen clerlichs versehen, das khein theill von pa-
pisten oder lutheranern den andern in exercitio bey-
der zugelaßener religionen verachten, sondern man
einander in lieb und rechter freundtschafft meinen
soll, von tag zu tag je lenger je mehr mit unge-
zäumbten affectibus alß verbottene verdammen
undt dergleichen unleydenlichen beginnen etwas zu-
wider zu verfahrn understanden, da ein er[samer]
loblicher magistrat dieser statt Landaw ein solches
bey inen nit abstellen und sie zur bescheydenheit
ernstlich anweisen würdt, es möchte nit allein bey
der remischen keys[erlichen] May[estä]t,3 unserm
allergenedigsten herrn, sondern auch allen andern
zur catholischen römischen religion sich noch be-
a Textvorlage (Handschrift): Ratsprotokollbuch Nr. 15,
StadtA Landau B 1-15, fol. 170r-173r.
b Unleserlich.
khennenden ständen zu hochsten ungnaden, |171r|
unnachbarschafft unnd unverantwortlichen verwirß
kommen und gereychen, sondern auch sie sambt ge-
meyner irer burgerschafft dardurch in ein beschwer-
lichen last zu unwiderbringlichem schaden und
nachtheill gesetzt werden.
Solchem unheil, auch ettlicher massen anbedroeter,
ja allbereit nur zu viel im werck scheinnender gefahr
zeittlich zu begegnen, weitterungen beneben zu ver-
hüeten und dem hochbepöenten religionfrieden,4
darfür dem allmechtigen wol zu dankhen, eußerster
müglich- und schuldigkeit nach in allen seinen arti-
culn gehorsamlich zu geleben, hatt ein ers[amer]
rath nit unrathsam, besunder ein hohe notturft sein
ermessen, sie, die präticanten, zu beschiken und
inen [...]b iren ers[amer] w[eisheit] unnd dern armen,
vorhien in viel weg von benachbarten geengten undt
betrügten burgern von solchem, der pfarhern, uner-
barlichen verkleinern unnd verachten, nun lenger
zeitt uf der cantzeln unseglichs gemüths getriben,
für incommotiteten zuwachsen möchten, zu erkhen-
nen zu geben. Und darbey zu undersagen, das ein
ers[amer] rath inen darinnen lenger nit zuzusehen
noch stillschweigend zu gestatten wüste, das sie die
papisten ires gefallens bißhero understandner ma-
ßen also gröblich außmachen, |171v| den papst ein
ratten könig, deß teuffels stathalter uf erden, die
cardinales carmöffel, die bischoff beißdasschoff,
münch und pfaffen geöhltrenkte, geschmirte, ehe-
brecherische, verhurte und verfluchte meßknecht
nennen, ja auß unzeittigem ubereiltem eiffer sie und
ire religion gar dem leydigen teuffel zum newen jahr,
alß etwan die formula und ir, der evangelischen
pfarher, selbst eigene gebrauchte wort, wie menig-
1 St. Simon und St. Judas, 28. Oktober.
2 31. Oktober 1608.
3 Rudolf II. (1576-1612).
4 Der Augsburger Religionsfriede von 1555.
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10. Mandat gegen das Schmähen auf der Kanzela
[Auszug aus dem Ratsprotokoll]
31. Oktober 1608
Montags post Simonis et Judae1 anno 1608.2
Alt unnd new [rat].
Nachdem beyde, eines er[samen] raths allhie jetzig
verordnete pfarrhern unnd sehlsorger, mit namen
M. Leonhardus Engelhard, pastor, und Johann Ju-
nior, diaconus, nun ettlich Jahr uber inn iren gehal-
tenen sontaglichen und wochentlichen predigten in
specie gegen und wider die pontificios oder bäpstler
mit sehr harten, spitzigen und stachelichten worten
uf der cantzel herauß gebrochen, nit allein derselben
falsche, irrige und abgottische lehr (davon sie dan
|170v | nit unrecht gehandlet, angesehen es ihren
ampts halben gebürt) auß Gottes wort gestrafft
unnd widerlegt, sondern sie ärgerlichen lebens hal-
ben angegriffen unnd ir personen dergestalt mit gro-
ben, seltzamen und wunderbarlichen epithesis, ge-
hessigen und derentwegen unpaßirlichen ohnnamen
offentlich außgemacht, das man darfür halten müe-
ßen und zu besorgen gewesen, weiln sie in dem die
recht maß uber schritten und dem religion frieden,
darinnen clerlichs versehen, das khein theill von pa-
pisten oder lutheranern den andern in exercitio bey-
der zugelaßener religionen verachten, sondern man
einander in lieb und rechter freundtschafft meinen
soll, von tag zu tag je lenger je mehr mit unge-
zäumbten affectibus alß verbottene verdammen
undt dergleichen unleydenlichen beginnen etwas zu-
wider zu verfahrn understanden, da ein er[samer]
loblicher magistrat dieser statt Landaw ein solches
bey inen nit abstellen und sie zur bescheydenheit
ernstlich anweisen würdt, es möchte nit allein bey
der remischen keys[erlichen] May[estä]t,3 unserm
allergenedigsten herrn, sondern auch allen andern
zur catholischen römischen religion sich noch be-
a Textvorlage (Handschrift): Ratsprotokollbuch Nr. 15,
StadtA Landau B 1-15, fol. 170r-173r.
b Unleserlich.
khennenden ständen zu hochsten ungnaden, |171r|
unnachbarschafft unnd unverantwortlichen verwirß
kommen und gereychen, sondern auch sie sambt ge-
meyner irer burgerschafft dardurch in ein beschwer-
lichen last zu unwiderbringlichem schaden und
nachtheill gesetzt werden.
Solchem unheil, auch ettlicher massen anbedroeter,
ja allbereit nur zu viel im werck scheinnender gefahr
zeittlich zu begegnen, weitterungen beneben zu ver-
hüeten und dem hochbepöenten religionfrieden,4
darfür dem allmechtigen wol zu dankhen, eußerster
müglich- und schuldigkeit nach in allen seinen arti-
culn gehorsamlich zu geleben, hatt ein ers[amer]
rath nit unrathsam, besunder ein hohe notturft sein
ermessen, sie, die präticanten, zu beschiken und
inen [...]b iren ers[amer] w[eisheit] unnd dern armen,
vorhien in viel weg von benachbarten geengten undt
betrügten burgern von solchem, der pfarhern, uner-
barlichen verkleinern unnd verachten, nun lenger
zeitt uf der cantzeln unseglichs gemüths getriben,
für incommotiteten zuwachsen möchten, zu erkhen-
nen zu geben. Und darbey zu undersagen, das ein
ers[amer] rath inen darinnen lenger nit zuzusehen
noch stillschweigend zu gestatten wüste, das sie die
papisten ires gefallens bißhero understandner ma-
ßen also gröblich außmachen, |171v| den papst ein
ratten könig, deß teuffels stathalter uf erden, die
cardinales carmöffel, die bischoff beißdasschoff,
münch und pfaffen geöhltrenkte, geschmirte, ehe-
brecherische, verhurte und verfluchte meßknecht
nennen, ja auß unzeittigem ubereiltem eiffer sie und
ire religion gar dem leydigen teuffel zum newen jahr,
alß etwan die formula und ir, der evangelischen
pfarher, selbst eigene gebrauchte wort, wie menig-
1 St. Simon und St. Judas, 28. Oktober.
2 31. Oktober 1608.
3 Rudolf II. (1576-1612).
4 Der Augsburger Religionsfriede von 1555.
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