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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]; Bergholz, Thomas [Oth.]; Goeters, J. F. Gerhard [Oth.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (19. Band = Rheinland-Pfalz, 2, 1. Teilband): Die Reichsstädte Landau, Speyer und Worms - die Grafschaften Leiningen, Sayn und Wied - die Wild- und Rheingrafschaft - das Fürstentum Pfalz-Simmern - die Grafschaft Pfalz-Veldenz (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.30659#0117
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5. Kirchenordnung 1569

Paulus schreibt, und strafft baide, sein Galaterσ und
Colosserτ, das sy sich zu den dörfftigen und schwa-
chen satzungen gewendet und inen von newen die-
nent, dieweil sy tag und monat, fest und jarzeitt
also haltten etc. Lehret sy, das inen niemant gewis-
sen machen laßen iber solchs, welches ist der
schatt[en] von dem, das zukünftig ist, gewesen.
Und schreibt der h. Hieronymus |4v| in epitaphio
Pauli,8 das man zu seiner zeit auch an den sabath,
nach dem verrichten gotsdienst, zur notturfft ge-
arbaitt hab. Das derhalben ettlich zeitt und tag zu
feiren von den altten bestimpt worden, ist aller-
maist darumb beschehen, das man dester bequemer
auf solche zeitt zesamen komen möcht, ainträchtig-
lich das götlich wortt und sonderlich an der apostlen
tagen derselben leben, geschichten und lehr anzu-
hören, das man in dem inen, was der warhaitt än-
lich, nachvolgen lerne, darzu uns auch der apostel
ermanet und sagt: Gedenckent an ewere lehrer, die
euch das wortt gotes gesagt haben, welcher end
schawet an und volgen irem glaben nach etc.υ
Das aber die gebannen feirtag in ainen solchen ho-
hen missprauch komen und gerathen seind, und vil
höher den der sabath bey den juden, welchen müß-
prauch got durch die propheten an seim volck,
Christus an den phariseern sehr gestrafft haben, soll
billich auch zu unsere zeitten durch ain christliche
oberkaitt abgethon und aufgehaben, darmit die ge-
wißene der christen frey und ongebunden, allain
aber zur ehren gottes zucht, erbarkaitt und gutter
disciplin gehalten werden, ain rechten prauch aber
baide des sabats und der feirtag anzerichten. Die-
weil an solchen nimerb mehr unzimiliches leben,
ibermässige essen und trincken, onordenlicher gesel-
schafft, büberey, schand und laster dan an den sel-

σ Gal 4 [9f].
τ Col 2 [16f].
υ Heb. 13 [7f.].
φ Exodi 13 [8.14].
b Sic!
8 Sic! Gemeint wohl: Hieronymus, Vita Paulae (= ep. 108)
20,3; vgl. Rordorf, Sabbat und Sonntag, S. 204f.

bigen tagen geschehen, sol die oberkait auß pflicht
ires ampts und darmit die predig des seligmachen-
den wort gotes iren fürgang gehaben mög, alles auf-
heben, was demselbigen mag zewider sein, als das
seind fächtschulen under der predig, gebott9 uff den
Zünfften, schießen, köglen, tantzen und anders, da
die gail und freche jugent solchen affenspil nach-
laufft und die predig versömen thut. Diß hatt sich
auch der h. Augustinus zu seiner zeitt hoch beclagt
und schreibt, das es vil bässer were, man thätt al-
lerhand arbaitt auf den sabat, dan das man solche
schwäre sünd wider got begieng.10
Der halben sollen die morgen predigen in den ge-
won[t]en III kirchen11 gehalten werden und alsdan
die mittag predig, jedoch das auf die selbige stund
nitt das evangelion, welchs zu frü geprediget württ,
sonder ain epistel oder aber ain andere bequemliche
materia für das volck zu erbawung der kirchen ge-
nomen und erklertt werde.
Dieweil aber biß anher an den sontagen kein predig
weitters gehaltten worden und in vil geringern stet-
ten auf die sabath auch zu drey ur der catechismus
mitt der jugent angericht und gehaltten württ, were
es nitt onbequem, auch am sontag umb ermeltte
stund den catechismum zu predigen und das examen
nach gethoner predig zu halten. Darein aber sollen
die schulmeister sampt iren schulkinder zu komen
schuldig sein, auch alle vätter und mütteren mit
fleiß in predigen vermant werden, das sy solch
christlich werck fürdern helffen, dan diß lehr der ju-
gent und allen menschen also hoch von nöten, als
inen ist von nöten essen und trincken. Dan der her
hat seim volck befolhen, das die vätter iren kindern,
was sein will sey, leren sollen, darin sy auferziehen
und in der forcht gottes wandlen leren,φ dan die

9 Ladung zur verpflichtenden Versammlung, vgl. Grimm,
DWb 4, Sp. 1811.
10 Augustin, Enarr. Ps. 91,2: Melius enim arare quam sal-
tare; vgl. Rordorf, Sabbat und Sonntag, S. 116f.
11 Die drei Speyerischen Stadtkirchen, die Dominikaner-
und die Augustinerkirche sowie St. Georg; vgl. Eger,
Speyer und die Reformation, S. 27f; Biundo, Pfarrer-
buch 1930, S. 592f.

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