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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]; Bergholz, Thomas [Oth.]; Goeters, J. F. Gerhard [Oth.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (19. Band = Rheinland-Pfalz, 2, 1. Teilband): Die Reichsstädte Landau, Speyer und Worms - die Grafschaften Leiningen, Sayn und Wied - die Wild- und Rheingrafschaft - das Fürstentum Pfalz-Simmern - die Grafschaft Pfalz-Veldenz (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.30659#0138
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Worms

Prediger bekannt.10 Schließlich ist die Rolle des Druckers Peter Schöffer d.J., der seine Offizin von 1518 bis
1529 in Worms hatte, nicht zu unterschätzen. Schöffer veranstaltete in Worms eine ganze Reihe von Luther-
schriften und anderen reformatorischen Ausgaben, darunter das Waltersche Gesangbuch 1525, das englische
Neue Testament von William Tyndale von 1525, eine Wyclif-Ausgabe von 1526 und die bedeutende Worm-
ser deutsche Prophetenausgabe 1527, die von den Täufern Denck und Hätzer erarbeitet worden war. Schöf-
fer stand den Täufern auch persönlich nahe, weswegen er 1529 Worms verlassen musste.11
Auf der anderen Seite führte die starke Stellung des Bischofs und die erzwungene Rücksichtnahme des
Rates auf bischöfliche und kaiserliche Belange dazu, dass eine umfassende obrigkeitliche Einführung der
Reformation, wie sie in den süddeutschen Reichsstädten geschah, zunächst unterbleiben musste. So war
etwa an eine Auflösung der Klöster und eine Besetzung aller Pfarrstellen mit evangelischen Predigern nicht
zu denken.
Die gereizte Stimmung innerhalb der Stadt wird durch ein Mandat aus dem Jahre 1523 belegt, in dem
der Rat die Bürger und die (altgläubigen) Geistlichen zu Ruhe und Ordnung ermahnt und das Unterlassen
von raitz- unnd schmehe wort fordert.12
An dieser Stelle können sowohl Ulrich von Huttens eher kämpferischer Sendbrief von 152213 und auch
Luthers seltsam konziliantes Sendschreiben an die Lieben berüffenen unnd glaübigen kindern gottes, allen
Christen zu Wormbs vom 24. 8. 1523 erwähnt werden.14 Es geht zurück auf einen Besuch von Maurus und
Baur in Wittenberg im Frühjahr desselben Jahres.15 Aus Luthers Aufzeichnungen zu diesem Besuch kann
entnommen werden, dass offenbar Maurus der führende Kopf der evangelisch Gesinnten in Worms war.16
Brunner und Kammer vermuten, dass der Besuch der beiden führenden evangelischen Geistlichen bei
Luther in Zusammenhang mit der Einführung des deutschen Gottesdienstes in Worms stehen könnte. Aus
Spalatins Bemerkung ceremoniarum in S. Andrea apud Vangiones correctum esset schließt Brunner, dass es
am Wormser Andreasstift zum Zeitpunkt der Reise schon erste Korrekturen an der (wenn auch weiterhin
lateinischen) Messe gegeben hat.17 Wenn dem so wäre, könnte Maurus als Haupt- oder Mitverfasser der
Wormser Messe, die irgendwann in der ersten Hälfte des Jahres 1524 gedruckt erschien,18 gelten.19
1. Deutsche Messe 1524 (Text S. 124)
Maurus hatte Worms allerdings spätestens Anfang 1524 schon verlassen,20 als Verfasser kommen deshalb
auch die beiden Pfarrer Ulrich Preu und Johann Freiherr in Frage, die beide in Wittenberg studiert hatten
und seit 1523 als Prediger in Worms wirkten.21

heyt an gemeyne pfaffheit, nit zu widderfechten den Eheli-
chen standt, so ein Erßamer Priester zu Wormbs (im von
got im neuwen unnd Alten Testament zugelassen) an sich
genommen hat. Worms 1523 (VD 16: G 1906, auch in
Worms, Lutherbibliothek Nr. 493; Abdruck der Flug-
schrift bei Haupt, Beiträge, S. XX-XXVI). Der Text
legt nahe, dass auch die anderen Prediger diesem Schritt
alsbald gefolgt sind. Der gegen Sitzinger vor dem
Reichskammergericht angestrengte Prozess scheint im
Sande verlaufen zu sein, vgl. Kammer, Anfänge, S. 20.
Ein Kind dieser ersten Wormser Priesterehe ist der spä-
tere Zweibrücker Kanzler Ulrich Sitzinger d.J., der 1525
in Worms geboren wurde, vgl. ADB 34, S. 424-429; Seh-
ling, EKO XVIII, S. 26.
10 Vgl. Brunner, Wormser Messe, S. 110.
11 Vgl. Kammer, Anfänge, S. 4f. Benzing, Buchdrucker,
S. 510f. Todt, Darstellung, S. 53.
12 Vgl. Reuter, Religionsmandat, S. 206f. Dort auch
Abdruck des gesamten Textes des Mandates.

13 Faksimile bei Kammer, Anfänge.
14 Faksimile bei Kammer, Anfänge.
15 Vgl. Brunner, Wormser Messe, S. 111.
16 Vgl. Kammer, Anfänge, S. 15f. WA Br 3, Nr. 581 und
590.
17 Vgl. Brunner, Wormser Messe, S. 113.
18 Brunner, Wormser Messe, S. 121, schließt, dass sie
definitiv nicht vor dem Frühjahr 1524 und natürlich
nicht nach den Ereignissen des Bauernkrieges 1525
erschienen sein kann. Ferner verweist er auf den Introi-
tus und die Lesungen, die zum 13. Sonntag nach Trini-
tatis (nach den vortridentinischen Ordnungen) gehören.
19 Vgl. Kammer, Anfänge, S. 21.
20 Vgl. Kammer, Anfänge, S. 16, 22. Die weiteren Lebens-
stationen von Maurus waren: 1524 Weißenburg im
Elsaß, 1526 Darmstadt, 1536 Frankfurt, wo er 1539
starb.
21 Vgl. Konersmann, Kirchenregiment, S. 280. Vgl.
Brunner, Wormser Messe, S. 124f.

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