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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]; Goeters, J. F. Gerhard [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (19. Band = Rheinland-Pfalz, 2, 1. Teilband): Die Reichsstädte Landau, Speyer und Worms - die Grafschaften Leiningen, Sayn und Wied - die Wild- und Rheingrafschaft - das Fürstentum Pfalz-Simmern - die Grafschaft Pfalz-Veldenz (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.30659#0194
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Worms

ab und bette vleissig, meyde unnötig schweren, flu-
chen und Gotteslesterung, gehe vleissiger inn die
Kirchen und zu Gottes Wort, als du bißhero gethan
hast, habe die Kirchendiener für augen, sey deinen
Eltern, Herrn, Frawen, Schulmeistern, Vormundern
etc. gehorsam, hüte dich für böser geselschafft, zorn,
neid, haß, sauffen, fressen, unzucht, spiel, diebstal,
liegen, triegen und bösen nachreden, und warte dei-
nes beruffs und deiner arbeit trewlich. Da du nu sol-
ches thun wirst, so bistu warhafftig zu Gott bekeh-
ret, bist ein Kind Gottes und hast ein Gnedigen
Vatter im Himel umb Christi willen, der deine Sün-
de auff sich genommen, dieselbigen an seinem Leib
getragen und gebüsset, und dich durch solchs Opffer
von allen deinen Sünden und was dich der Sünden
halben anfechten mag erlöset und erlediget hat, und
entpfehest das Sacrament würdigklich und recht.
Auff das du aber nun solches trosts desto gewisser
sein mögest, so höre jetzt mit vleiß das wort der
Absolution, welches ich dir verkündigen und mit-
theilen will, dardurch dir solche Gnad für dein Per-
son selbst und inn sonderheit zugeeignet und appli-
cirt wirdt, welche du auch also und anderst nicht
annehmen und mit so vestem und gewissem glauben
ergreiffen solt, als ob dir Gott selbst durch eine son-
derliche stimme vom Himel herab solche Gnad und
vergebung der Sünden zusaget, Nemlich etc. Ut in-
fra.61 |XXv|
Zum Dritten, Wenn aber ein solcher mensch kom-
met, der spricht: Würdiger lieber Herr, Ich komme
und wolt mich auch gern ertzeigen, wie einem from-
men Christen menschen gebürt, so weiß ich nicht,
wie ich mich dartzu schicken soll, darumb bitte ich,
Ihr wöllet mich das beste unterrichten, Mit demsel-
bigen mag man also handeln.
Erstlich so frage man ihn: Lieber freundt, weistu
auch die Zehen Gebott oder den Christlichen Glau-
ben? Antwort er: Ja, Ich weiß ein wenig darvon; so
unterrichte man ihn weitter. Antwort er aber: Nein,
Ich kan sie laider nicht, So halte man ihn entzweder
noch ein Monat auff, biß ers lerne, besonder wann er
Jung ist, oder aber, da er alt und betaget ist, so
61 Siehe unten S. 175.

straffe man ihn darumb und rüre ihm das gewissen
wol, ehe man ihn tröstet also.
Lieber freundt, weil du weder die Zehen Gebott
noch den Christlichen Glauben weist, so ists gewiß,
das du die Zehen Gebott auch nicht gehalten, noch
viel weniger wie ein Christ gegleubet und gelebet
hast. Solchs aber ist die aller grössest Sünde, die ein
mensch thun mag, so gar nicht nach Gott fragen,
das du 20., 30., 40. Jar dahin gehest, gebrauchest
teglich so vieler Gottes gaben und güter und lessest
dir geben leib, seel, sinn, vernunfft, essen, trincken
und alle notturfft, ja lessest dir seinen lieben Son
dienen, mit seinem leyden und tode zu deiner
erlösung und säligkeit, lessest darvon alle tag pre-
digen |XXIr| und gehest gleichwol also dahin, das du
nicht einmal gedenckest, noch darnach fragest, was
du dem lieben, Barmhertzigen Gott zu lob, danck
und dienst für solche grosse und manigfeltige wol-
that auch schuldig und pflichtig seyest, Denn da
muß gewißlich der Teuffel allen seinen willen haben,
und dein hertz, das so gar nichts von Gott weiß,
noch lernen will, mit gewalt treiben und reissen, im-
merdar von einer Sünde zu der andern, Darumb ge-
dencke, wann du jetzundt sterben soltest, das du
solche grausame verachtung Gottes und seines Hey-
ligen Worts vor seinem strengen gericht gewißlich
nimmer mehr würdest verantworten können, son-
dern müstest darinnen verzweiffeln und Ewigklich
verloren sein.
Dieweil dir aber nun unser lieber Herre Gott dein
leben fristet, so gedencke, das du dir solche grew-
liche sünde lassest hertzlich layd sein, bitte Gott
umb Gnad und thu deinen vleiß auch darbey, sein
Heiliges Wort und Evangelium mit ernst zuhören
und den Catechismum zu lernen, darnach auch zu
leben und fromb zu sein etc.
Da du nun solches thun wilt und lessest dir deine
Sünde laid sein, so wise und lerne jetzt weitter, das
gleich wie Gott der Sünden ernstlich feind ist, und
will dieselbigen gewißlich nicht ungestrafft lassen,
Also ist Er dargegen auch wider Gnedig und Barm-

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