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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]; Goeters, J. F. Gerhard [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (19. Band = Rheinland-Pfalz, 2, 1. Teilband): Die Reichsstädte Landau, Speyer und Worms - die Grafschaften Leiningen, Sayn und Wied - die Wild- und Rheingrafschaft - das Fürstentum Pfalz-Simmern - die Grafschaft Pfalz-Veldenz (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.30659#0259
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3. Kirchenordnung 1566

Lieben freund, das kindlein, uns hie fürgebracht, ist
seiner sorglichen schwacheit halben daheim im hauß
Im namen des Vatters unnd des Sons und des heili-
gen Geistes getaufft worden. Hieruff, daß das heilig
hochwürdig Sacrament des tauffs nicht geschendet,
noch Gottes wort, so dar- |16r| bey geführet, für ein
spot gehalten werde, soll es bey dem entpfangnen
tauff bleiben und nit wider getaufft werden.
Wir wollen auch hören das heilig Evangelion, darinn
unser Herr Christus der kindlein uff das freundlichst
sich annimpt, darmit wir erinnert werden, was wir
von den kindern halten sollen. Also schreibet Mar-
cus am 10. Capitel:
Zu der zeit brachten sie kindlein zu Jesu, daß er
sie solt anrüren, aber die junger fuhren die an, die
sie trugen. Da es aber Jesus sahe, ward er unwillig
unnd sprach zu inen: Lasset die kindlein zu mir
kommen und wehret inen nicht, dann söllicher ist
das reich Gottes, warlich, ich sage euch: wer das
reich Gottes nicht entpfehet als |16v | ein kindlein,
der würdt nit hinein kommen, unnd er umbfieng sie,
und legt die hend uff sie unnd segnet sie.26
Dieweil wir dann nun auß jetztgemelten worten un-
sers Herren Jesu Christi des gewiß unnd sicher sein,
daß die kinder, so Christo zugetragen, im gefellig
seind, unnd nun dieses kind dem Herrn Christo
durch den tauff auch uberantwort und wir verhof-
fen, daß es zum reich der gnaden angenommen unnd
nun ein kind des Allmechtigen und ein gliedmaß un-
sers Herrn Jesu Christi worden ist, dem die Engel
Gottes dienen, so wöllets auch darfür halten und
euch kein mühe noch arbeit verdriessen lassen, jeder
nach seinem beruff und verwandschafft mit diesem
kind, es dem Her- |17r| ren uffzuziehen und zu unter-
weisen, daß es lerne halten, das uns der Herr zuhal-
ten befolhen hat, daran ir eltern, verwandten und
gevattern für euch selbs kein fleiß sparen und es inn
die kirchen zur kinder lehr getrewlich fürdern sollet,
so bald es alter unnd verstandts halben der lehr ve-
g Von Fußnote f S. 238 bis hierher aus KO Pfalz-Neuburg
1554.

hig sein mag, damit es gründtlich unnd wol erken-
nen lerne, was grosser unaußsprechlicher gnaden
und gaben im von Gott im heiligen tauff geschenckt
und ubergeben seind, und auß dem dann seinen
glauben in der gemein Gottes selbst gern bekenne
und verjehe, sage würcklich ab dem Teuffel unnd
der Welt mit allen iren wercken und lüsten, ergebe
und stelle sich dar dem Herren und seiner heiligen
Kirchen inn |17v| gantzem gehorsam seines heiligen
Evangelions, bleibe und lebe in unserm Herrn Chris-
to biß an das ende, bringe als ein lebendigs glied
Christi unnd fruchtbare rebe, die an dem Rebstock
Christo gesund bleibt, viel frucht zu dem preiß Got-
tes und besserung seiner heiligen Kirchen.27
Hieruff last uns betten:
Allmechtiger Gott unnd Vatter unsers lieben
Herrn Jesu Christi, der du diß kind durchs wasser
und heiligen Geist anderwerts geborn28 unnd im alle
seine sünde vergeben hast, stercke es nun mit deinen
gnaden, mehr inn ime deinen heiligen Geist, daß es
an leib unnd seel seliglich uffwachse und in dem ne-
wen Göttlichen leben, |18r| dartzu du es newe gebo-
ren hast, zuneme, und gib seinen eltern unnd uns
allen, daß wir dir hiertzu an diesem kind getreuw-
lich und seliglich dienen, darmit auch durch es und
uns alle dein Göttlicher name je mehr und mehr ge-
heiliget unnd dein reich erweittert werde, durch un-
sern herrn Jesum Christum, Amen.
Und zum beschluß sage er:
Der frid des Herrn sey mit dir und uns allen,
Amen.g
Im fall aber, daß die zeugen, so bey der Jahetauff
des kindleins gewesen seind, ungewiß sein würden
unnd nicht guten bericht geben köndten, wie sie es
getaufft oder was sie in solchen nöten gedacht, ge-
redt oder gethan hetten, so neme der Kirchendiener
das kind ohn alle disputation und tauffs schlechthin
ohn bedingung wie andere kinder, so noch nicht ge-
taufft sein, etc. |18v |
26 Mk 10,13-16.
27 Joh 15,5.
28 Joh 3,5.

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