Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]; Goeters, J. F. Gerhard [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (19. Band = Rheinland-Pfalz, 2, 1. Teilband): Die Reichsstädte Landau, Speyer und Worms - die Grafschaften Leiningen, Sayn und Wied - die Wild- und Rheingrafschaft - das Fürstentum Pfalz-Simmern - die Grafschaft Pfalz-Veldenz (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2008

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30659#0271
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
3. Kirchenordnung 1566

Vermahnung zum Nachtmal.
Ir aller liebsten inn Jesu Christo, dieweil wir jetzund
das gnadenreiche Abendmal unsers liebsten Hey-
lands begehen und halten wöllen, darinn er uns sein
warhafftigen Leib zu einer speiß und sein eigen Blut
zu einem tranck, den Glauben damit zu stercken,
gegeben hat, sollen wir billich mit grossem fleiß und
inbrünstiger andacht uns selbst, wie S. Paulus ver-
|42v| mahnet, prüffen,85 Dann diß heilige Sacrament
ist zu einem sondern trost und sterck gegeben den
armen betrübten gewissen, die ire sünde im hertzen
entpfinden unnd bekennen, Gottes zorn und den tod
förchten unnd nach der Gerechtigkeit hungerig und
durstig sein.86
So wir aber uns selber prüffen und ein jeglicher
in sein eigen gewissen gehen wirdt, werden wir ge-
wißlich nichts anderß befinden, dann allerley grew-
liche sünde und den ewigen Tod, den wir mit der
sünde verschuldet haben, dann der Soldt der sünden
ist der Tod, wie Paulus sagt,87 unnd können doch
uns selbst inn keinen weg darauß helffen. |43r|
Darumb hat unser lieber herr Jesus Christus sich
uber uns erbarmet und ist umb unser sünde willen
mensch worden, auff daß er das Gesetz und allen
willen Gottes für uns und uns zu gut erfüllet und
den tod und alles, was wir mit unsern sünden ver-
schuld hetten, für uns und zu unserer erledigung
auff sich neme und bezalete.
Und daß wir ja das festiglichen glauben [und]
frölich inn seinem willen leben möchten, nam er in
dem Abendmal des Brot, dancket, brachs unnd
sprach: Nemet hin unnd esset, das ist mein Leib, der
für euch dargeben wirt.88 Das ist, daß ich mensch
bin worden und alles, was ich thue und leide, ist
alles euwer eigen, für euch und euch |43v| zu gut ge-
schehen, diß zu einem gewissen anzeigen und zeug-
niß und das ir immer inn mir bleibet und lebet und
ich inn euch, gib ich euch mein Leib zu einer speiß.

85 1Kor 11,28.
86 Mt 5,6.
87 Röm 6,23.
88 Mt 26,26; 1Kor 11,24.

Deßgleichen nam er auch den Kelch und sprach:
Nemet hin unnd trincket alle darauß, das ist der
Kelch des neuwen Testaments in meinem Blut, das
für euch unnd für vil vergossen würdt zur vergebung
der sünden, so offt ir das thut, solt ir mein darbey
gedencken.89 Das ist, dieweil ich mich euwer ange-
nommen und euwre sünde uff mich geladen hab, will
ich mich selbst für die sünde inn den tod opffern,
mein Blut vergiessen, euch gnad und vergebung der
sünden erwerben und also ein neuwes Testa- |44r|
ment uffrichten, darinnen die sünde vergeben unnd
ewig nicht mehr gedacht werden sol, deß zu einem
gewissen zeugnuß und zu sterck und fürderung mei-
nes lebens inn euch gib ich euch mein Blut zu trinck-
en.
Wer nun also von diesem Brod isset unnd von die-
sem Kelch trincket,90 auch diesen worten, so er von
dem Herren Christo höret, festiglich glaubet und
diß Sacrament zu erinnerung unnd bestetigung sei-
nes Glaubens entpfehet, der bleibt inn dem Herren
Christo unnd Christus inn im und wirdt ewiglich
leben, Joan. 6.91
Also sollen wir nun sein darbey gedencken unnd sei-
nen tod verkündigen, nemlich daß er für unsere sün-
de sey gestorben und zu unserer rechtfer- |44v| tigung
wider aufferstanden, und im ewig lob und danck
darfür sagen, es soll auch ein jeder sein Creutz auff
sich nemen und im nachfolgen und nach seinem Ge-
bot einander lieben, wie er uns geliebet hat, dann
wir alle seind ein Brot und ein Leib, dieweil wir alle
eines Brods teilhafftig sein und auß einem Kelch
trincken, dann zu gleicher weiß, wie auß viel beer-
lein zusammen gekeltert ein wein und ein tranck
fleust und sich inn einander menget unnd auß vil
körnlein ein mehl gemalen, ein Brot und ein Kuch
gebachen wurdt, also sollen wir alle, so durch den
Glauben Christo eingeleibt sein, durch brüderliche
lieb umb Christi, unsers liebsten Heylands, willen,

89 Mt 26,27f.
90 1Kor 11,26.
91 Joh 6,47.

251
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften