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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Bergholz, Thomas [Oth.]; Goeters, J. F. Gerhard [Oth.]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (19. Band = Rheinland-Pfalz, 2, 1. Teilband): Die Reichsstädte Landau, Speyer und Worms - die Grafschaften Leiningen, Sayn und Wied - die Wild- und Rheingrafschaft - das Fürstentum Pfalz-Simmern - die Grafschaft Pfalz-Veldenz (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.30659#0312
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Leiningen-Hardenburg

laster in der gemeindt und burgerschafft in schwang
gehn, als anfanngs:
1. Wieder daß erste gebott, ob leuth gefunden wer-
den, welche in offentlicher abgötterei und unglauben
liegen, die götzen und bilder anbettenn, offentliche
epicurer und spötter Gottes und seiner werckh, wel-
che nit glauben, das ein Gott ist, oder in beharrli-
cher, ergerlicher heuchelei liegen bleiben.
2. Wieder daß ander gebott, ob leuthe, die den pa-
pisten, sacramentierern oder zwinglern, wiedertauf-
fern, schwenckfeldern zugethan, ob gotteslesterer,
flucher, schwerer, meineidige, zeuberer, segen spre-
cher, teuffelsennger, christallen guckher, war- oder
lügensäger, unhalden,39 hexen, milch dieb und die
mit ihnen umbghen, ihres raths pflegen und ihrer
aberglaubischen künsten gebrauchem oder die sonst
mit verbottenen, abgottischen und aberglaubischen
dingen umbghen, item ob leuthe mit den juden, zi-
geunern oder heiden gemeinschafft und inn allerlei
sachen mit ihnen zue thun haben. |121r|
III. Wieder daß dritte gebott, ob leuthe, die den
papisten [zugehörig], offentliche verächtter Gottes
wortts und der predigen sambt den heiligen sacra-
menten fürhannden, die in keine kirche khommen
noch die predigten besuchen oder sampt den ihrigen
des catechismi ubungen fliehen und meiden, die
christliche beicht und tröstliche absolution ver-
schmehen, zum heiligen nachtmal des wharen leibs
und blutts Christi nicht khommen oder, wenn sie in
der beicht sich angezeiget, die sambstags nacht in
die würdtsheuser lauffen und daselbsten oder sons-
ten sich uberweinen,40 wie auch des sontags, wen sie
das heilige abendtmal empfanngen haben.
Ob die gantze gemeindt, jung unndt altt, mit dem
Chor, als pfarrer und schuelern, mitsingen; ob auch

m Konjektur aus: ungehorsam.
39 Unholde, Hexer.
40 Zu viel Wein trinken.
41 Gaden, d.h. Verkaufsladen, Bude, vgl. Grimm, DWb 4,
Sp.1133.

welche die sonn- und feiertage mit arbeitten, pflü-
gen, scheren, feldtarbeitten, handtwerckh, waschen,
raisen, sauffen, spielen, tantzen zubringen. |121v |
Ob under den predigen die krämer göden41 offen
halten, inn des allerlei feil haben und verkhauffen
oder leuthe in würtsheußern, vor denn thoren, in
gärtten und anderswo ersehen, die die wäsche und
schwartz gerädt bauchen42, die ihr gesindt von der
kirch ab- unndt zue arbeitt alß dann haltten.
Item, ob die leuthe ihre kindlein lanng unge-
taufft lassen liegen, was vor gevattern und wieviel
sie bitten, wieviel imbs mit den kindts schänckhen
von kindt bettern, gevattern unnd nachbarn gehalt-
ten werden, wer unnd wieviel unnd ob auch männer
dazue erfordert unnd geladen werden; waß für ein
amm, wie sie heiße, wie sie sich halthe, ob sie got-
tesfürchtig unnd fromb, bei reichen unnd armen
dhiensthafft und sie niemandt, weder mutter noch
kindt, verseume unnd verwarlose.
IIII. Wieder daß vierdte gebott, ob elttern, die ihre
kinder verwarlosen unnd nicht versorgen, sonndern
lassen sie dem bettell, stehlen unnd allerlei mutt-
willen nachlauffen unnd gewehnen sie nicht zur kir-
chen noch zur schuelen |122r| oder lasen dieselben gar
zigen unnd lauffen in krieg und gerathen ins bueben
leben.
Ob auch kinder, die ihren elttern ungehorsam,
sie verunehren und ubell haltten, umb das ihrige
bringen und zum bettelstab ferttig machen; ob auch
schulteissen, foigt und andere beampte etc. der pol-
licei ordnungkh43 gehorsamblich unndt vestiglich
nachsetzen, die verächtter und uberdretter zu ge-
bürenden gehorsamm und verdhienten straffen ohn
ansehen der person anhaltten; sie sambt ihrem ge-
sindt die predigten vleissigkh hören, den heiligen
sacramenten sich gebrauchen, zum catechismo unnd
predigten kommen unndt sonsten mit guttem exem-
pell ihres lebens und wandels andern fürghen; also

42 Mit Lauge bleichen, vgl. Grimm, DWb 1, Sp. 1166
43 Eine hardenburgische Polizeiordnung ist bisher nicht be-
kannt, ob damit evt. die westerburgische von 1566 ge-
meint sein könnte, bleibt offen.

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