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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]; Goeters, J. F. Gerhard [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (19. Band = Rheinland-Pfalz, 2, 1. Teilband): Die Reichsstädte Landau, Speyer und Worms - die Grafschaften Leiningen, Sayn und Wied - die Wild- und Rheingrafschaft - das Fürstentum Pfalz-Simmern - die Grafschaft Pfalz-Veldenz (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.30659#0313
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8. Visitationsordnung 1597

auch von gerichts personen, ob sie uffrichtige, gott-
fürchttige leuthe, die einen gutten nhamen haben
und sich der erbarkeitt bevleissen, oder ob sie zum
theil in offentlichen sünden unnd lastern liegen, ob
und was die unnderthanen wider die be- |122v| amp-
ten klagen unnd sich beschweren, ob sie auch ihrem
pfarrer, schuelmeister und glöckhnern gebürenden
schutz unnd schirm haltten und sich ihrer anhem-
men.
5. Wieder daß fünffte gebott, ob leuthe, die lanng-
wirigen haß, neidt und zorn gegen ihren nehisten
haltten, liegen und hadder und zanckh, sein unver-
sönlich, ob einer dem annderm den todt troe oder
sonsten mörder unnd todtschläger oder die mit gifft-
suppen und verdächtigen, schädtlichen tränckhlein
und krauttern anndere umb ihr gesundtheit und le-
ben bringen oder die freventlicher weisse der artznei
sich underfahen und die leuthe in grosse beschwe-
rung und gefhar unbedachtsam stürtzen.
6. Wieder daß sechste gebott, ob trunckhenpöltz in
der gemeindt, die hab und gutt durch die gurgell
jagen, ob unordentliche, schandtliche täntze, die zu
undergang aller zucht, tugend und erbarkeitt helf-
fen, außerhalb der hochzeitten gelitten werden, ob
offentliche breckhin44 und bubinen sich sehen lassen
und wer |123r| dieselbigen hause und uffhalte. Ob et-
liche, so eheloß, in unzucht und bueben leben gerat-
hen, item ehebrecher, blutschender; ob leichtfertige
verlobnuß geschehen undt eintheils mher als mit ei-
nem oder einer sich ehelichen versprechen, ob jung
leuthe ohne wissen und willen ihrer elttern, freundt,
vorweser sich verheurathen oder von anndern ube-
reden laßen, das sie heimblicher weiße ahn annder
sich verloben und einen trauschatz von ihnen neh-
men.
Ob neue, künfftige eheleuth von der kirchen in
dero proclamation sich absentieren und auß bäbst-
lichen aberglauben predigten nicht hören noch mitt-
betten, ob gemelt personen für ordentlichen kirch-
n Konjektur aus: unordentlichen leben.
o Text bricht ab.
44 Hure oder Konkubine, vgl. Grimm, DWb 2, Sp. 290.

gang und hochzeitt unzucht miteinander treiben,
oder die sich selbsten schaiden unnd nach ihrem ge-
fallen einander baldt zue-, baldt uff sagen. Item die
unehelich in unehren beieinander wohnen oder sons-
ten mit einem unordentlichen,n gottlosen, sträffli-
chen leben annderen leuthen ergernus geben. Item
die ubell miteinander haußhalten, einander rauffen
und schlagen, von einander lauffen, eins das annder
verleßet oder verlassen hat. Item die mit gefhar des
lebens bei.o |123v|
7. Wieder daß siebende gebott, ob müssiggännger,
offentliche cuppler, kartten- und würffelspieler, die
waib und kinder hungern lassen unnd inn notten
nichts für sich gesparet, gefunden werden, ob [leute],
die das ihrige unötig verprassen und unnützlich ahn-
wennden, wie es auch geschehen magkh, und sich
sambt des ihrigen zum bettelstab bereitten, ob [leu-
te], die großen schaden im velde, in den früchten,
gärtten, weinbergen, wießen, beumen das jhar durch
thuen; ob wücherliche conträct mit khorn, wein,
geldt undt guttern getrieben werden, ob durch den
geitz verblendte leuth gefunden, die andern nur
schaden zue wennden, nimermher aber ihnen gutes
beweißen. Hieher gehoren auch die kirchweihen, kö-
nigreich,45 faßnacht, alles schwelgen undt sauffen,
dardurch die leuthe verdorbet und sie der obrigkeitt
das ihrige nicht können geben.
8. Wieder daß achtte gebott, ob leuthe, die andern
ihren gutten nhamen [und] leumundt mit solchen
wortten, afftereden undt verleumbdungen abschnei-
den oder die leuthe in einander hetzen und viel ver-
bitterung, unruhe und unglückh |124r| stifften unnd
anrichten.
[9.] Wieder daß neundte gebott, ob [leute], die an-
dere umb ihr hauß, hoff unnd gütter durch ge-
schwinde werckh und lüstige griff bringen und sel-
bige vor sich brauchen oder andern zu weissen.

45 Der Brauch, bei bestimmten Festen einen „König“ zu
wählen oder durch Spiele oder Wettbewerbe zu küren,
vgl. Grimm, DWb 11, Sp. 1698, 1710.

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