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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]; Goeters, J. F. Gerhard [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (19. Band = Rheinland-Pfalz, 2, 1. Teilband): Die Reichsstädte Landau, Speyer und Worms - die Grafschaften Leiningen, Sayn und Wied - die Wild- und Rheingrafschaft - das Fürstentum Pfalz-Simmern - die Grafschaft Pfalz-Veldenz (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.30659#0364
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Sayn
Von Gottes lestern und volsauffen.

Als auch in dieser letsten, boesen welt under andern
vielfaltigen, schweren sunden undt lastern die un-
christliche gotteslesterung undt hochergerlich ver-
unehrung des heiligen und waren nahmens Gottes
und der hochwurdigen sacramenten unsers hern
undt heilandts Jesu Christi inn schwang gehet, des-
gleichen das unzimbliche vollsauffen mit ubermeßi-
ger, viehischer, unnatturlicher verschwendung der
edlen gaben, so Gott, der her, zu notwendiger dieses
lebens ufenthaltung geschaffen hatt, uberhandt
nimpt, dardurch dan gottliche almacht umb so viel
mehr billicher ungnade gereitzet undt verursacht
wurdt, uns durch mißwachs undt schmelerung der
gaben, die zu underhaltung dieses zeitlichen lebens
notig undt sonsten in andere wege seinen gerechten
zorn vor augen zu stellen undt zue trost undt beße-
rung zu vermahnen.
So wollen wir, das unsere predicanten nicht allein
das volck vor diesen lastern auß Gottes wort mit
ernstlichem eiffer, |77r| wie sie zu thun schuldig sein,
trewlich vermahnen, sondern auch heruff neben den
seniorn undt kirchenvorstehern jedes orts sonderli-
che achtung geben undt, da sie jemandt mit diesen
lastern kundtlich verhafftet sein vermercken, also
das seine gotteslesterung undt volsauffen stat und

dorf ruchtig und der christlichen gemeinde ergerlich
wehre, als dan denselben in sonderheit furfordern,
seiner schweren sunden undt gottlichs zorns, damit
er sich undt die gantze gemeinde beladen hette, er-
innern mit ernster betrauwung, da er nicht abstehen
noch zur beßerung sich begeben wurde, das er zum
heiligen nachtmal des herren, auch gevatterschaff-
ten undt andern christlichen ceremonien undt
wercken nicht gelaßen, darzu, so er uberspilet undt
in solchem sündlichen und ergerlichen wesen ause
diesem zeitlichen leben abgefordert wurde, nicht
christlich noch wie andere bußfertige, fromme chris-
ten zur erden bestattet werden solle.
Undt ob diese zum ersten, andern undt dritten
mahl geschehene verwarnung ohne frucht abginge,
sollen die predicanten, seniorn undt kirchenvorste-
her unsern beampten, denen wir auch vor sich selbst
vleißige achtung zu geben hermit uferlegen undt be-
vehlen, seine solche verderbte undt ergerliche person
anzeigen, die erstmals ein zimliche geltstraffe nach
gelegenheit von denselben infordern, zum andern
mahl sie mit den thurn uf waßer undt brodt ein zeit
lang straffen, endtlich aber, da solches alles nit helf-
fen will, der stadt, ampt oder landts nach gelegen-
heit der uberfahrung uf eine gewiße zeit verweißen
sollen.

Von kirmessen und tentzen.

Dieweil auch in den benachbarten reformirten lan-
den die kirmeßen, daruf viel ubermeßiges freßens
undt sauffens, spilens, schlegerei undt sonst viel bu-
berei geschicht, deßgleichen die sontags dentze, ber-
voraus12 die under der predigt undt catechismi lehr
geschehen, bey namhafften poenen verbotten und
abgestelt sein, wie den auch in unsern landen undt
gebieten solchen schedtlichen |77v| unrath und erger-
liche uppigkeiten noch inn werck befunden, dem-
nach setzen, ordnen undt wollen wir, das hinfuro die
kirmeßen, so keine jarmarckt sein, in allen unsern
grave- undt herschafften, obrigkeit undt gebiet

e Konjektur aus: auch.

gentzlich verbotten undt abgestelt sein undt da-
ruber von unsern superintenden undt pfarhern so
woll als von unsern beampten gehalten werden soll.
Undt da hierüber einige fleck oder dorff oder die
pfarhern, so in den flecken undt dorffern befunden
wurden, die da kirmeß hielten, die sollen darüber
ernstlich gestrafft werden, nemlich der pfarher soll
seines ampts entsetzt und der fleck oder das dorff
(wen es ein zimlich fleck oder dorff ist) umb zwant-
zig gulden, aber ein kleines dorfflein umb zehen gul-
den, so offt des ubertrit, gestraft werden.

12 Besonders.

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