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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]; Goeters, J. F. Gerhard [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (19. Band = Rheinland-Pfalz, 2, 1. Teilband): Die Reichsstädte Landau, Speyer und Worms - die Grafschaften Leiningen, Sayn und Wied - die Wild- und Rheingrafschaft - das Fürstentum Pfalz-Simmern - die Grafschaft Pfalz-Veldenz (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.30659#0450
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Sayn

eDa jemand durch Kranckheit oder tödtlichen Ab-
gang von diesem Jammerthal abgefordert würde,
soll derselbige nicht alsbald begraben, sondern zum
wenigsten fzwantzig und vierf Stunden daheim im
Hauß behalten werden, In Betrachtung, das etliche
durch geschwinde Kranckheit oder Ohnmacht et-
wan also schwach, mattloß und verzucket, daß |172|
sie für todte Menschen angesehen und doch gleich-
wol sich aber uber etliche Stunde widerumb erholen,
verstendig und lebendig werden.
Alle Todten sollen ehrlich begraben werden, den
Lebendigen zu einer Erinnerung ihrer Sterblichkeit,
auff daß ein jeder sein Endt und wie ungewiß das-
selbige sey, bedencke, sein Leben bußfertig anstelle
und sich zum Todt bereit und geschickt mache.e
Den Leichen soll allein an den Orten, da sie verstor-
ben, und nicht anderswo geleutet werden, auß Ur-
sachen, daß solches ein Aberglaub, Superstition und
seinen Ursprung von dem erdichten Fegfeuwer be-
kommen.
Es soll auch die Leich mit einem Tuch ehrlich be-
deckt und mit dem Pfarrherrn, Diacon, Schulmeis-
tern und Glöcknern, einen oder mehr, sampt den
Schülern, wo die vorhanden seyn, mit Christlichen
Gesängen beleytet und zu der Erden bestattet wer-
den.
Darbey mag man auch die Glocken leuten las-
sen, auff daß hiemit die Leut, so die Leich zum Be-
gräbniß beleyten wöllen, ein Zeichen der Zeit ihrer
Versammlung haben mögen.
gDie Kirchhöff sollen allenthalben ehrlich und |173|
rein als ein Schlaffhauß der Christen, so am jüng-
sten Tag von Christo auffgeweckt und selig gemacht
sollen werden, gehalten, mit Mawren, Plancken,
Zäumen und Thüren verwahret seyn und für dem
Viehe allenthalben mit Fleiß vermacht werden.g

e-e Aus den Generalartikeln Zweibrücken 1560, Sehling,
EKO XVIII, S. 285.
f-f Generalartikel Zweibrücken 1560: zwölff.

Es sollen auch die Kirchendiener bey dem Begräb-
niß aller derer, so sich deß Hochwirdigen Sacra-
ments gebraucht, eine kurtze Leichpredigt thun, da-
durch die Leut zuermahnen, daß sie allzumal sterb-
lich und sich alle Stunde zum Tode rüsten und be-
reiten sollen. Und von solcher Predigt soll man den
Pfarrherrn an statt der Begängniß, darvon im Baps-
thumb belohnet worden, vier Alb. erlegen. Was
arme Leut seyn, gegen die wirdt sich ein verstendi-
ger Pfarrherr wegen der Belohnung wol zu halten
wissen.
Die Predigt sollen die Pfarrherrn ungefährlich mit
dieser Praefation anfahen:
hLieben Freunde, wir haben jetzunder, wie wir tröst-
licher Zuversicht und Hoffnung seyn, ein Mitglied
unsers Herrn Jesu Chri- |174| sti auß Christlicher
Lieb zum Begräbniß geleitet. Damit wir nun nicht
ohne Trost und Unterricht widerumb abtretten, so
wollen wir hören folgende Wort deß heyligen Geistes
auß dem Evangelisten oder Aposteln etc.h
Solche Text, welche auß heyliger Schrifft genom-
men, sollen sie kürtzlich erklären und wo Gott, der
Allmächtige, an den verscheidenen Leuten beson-
dere Gnade an irem Leben und Sterben bewiesen
und uns Exempel deß Glaubens vorgestellet, die soll
man zum Preis deß Herren und Besserung der Ge-
mein Gottes mit mässiger Gottsfürchtiger Erzeh-
lung vermelden.
Doch sollen hierin die Prediger ein fleissiges
Auffsehens haben, daß sie dem Menschen nichts zu
gefallen reden, auch sich in diesem nit ubermessig
erzeigen, sondern allein auß lauterem Hertzen die
Besserung der Kirchen mit dem Preiß der Gaben
Gottes fördern.
Es mag auch ein Prediger bey dem Begräbniß, son-
derlich da wenig Volck mit gehet, diese Kurtze Ver-
mahnung thun etc.:
g-g Vgl. Generalartikel Zweibrücken, Sehling, EKO
XVIII, S. 289.
h-h Aus KO Pfalz-Zweibrücken 1557, Sehling, EKO
XVIII, S.231.

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