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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]; Goeters, J. F. Gerhard [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (19. Band = Rheinland-Pfalz, 2, 1. Teilband): Die Reichsstädte Landau, Speyer und Worms - die Grafschaften Leiningen, Sayn und Wied - die Wild- und Rheingrafschaft - das Fürstentum Pfalz-Simmern - die Grafschaft Pfalz-Veldenz (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.30659#0464
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Sayn

und deß erschrecklichen ewigen Verdamniß armer
Seelen theilhafftig machen,235 wie sie dann deßhal-
ben am jüngsten Gericht dem gerechten Richter
Antwort geben müssen, Sondern viel mehr beden-
cken, weil der Kirchendienst ein solcher hoher Be-
ruff, daß sie alle Gelegenheit der Ordinanten so viel
möglich auff das fleissigst erkündigen und sie beson-
ders in allen, furnemlich den streittigen Artickeln,
examiniren und sich nit sättigen lassen, biß sie ver-
mercken, daß sie auß dem Grund Gottes Worts ire
Lehr in allen Artickeln bestettigen, die angezogene
Zeugniß selbest in der heyligen Bibel gelesen und in
derselben Leufftig und Erfahren seyn. Nachmals sie
eins oder offtermals hören predigen, darauß sie ver-
nemmen mögen, ob sie mit nohtwendigen Gaben
zum Predigampt außgerüstet, daß die Gemeine ihre
Predigten vernemmen und etwas nützliches darauß
lernen könne. Da sie aber befinden, daß einer in der
Lehr ungeschickt oder in seinem Leben ärgerlich
oder sonst zu diesem Ampt nit tüchtig, sollen die, so
inen gesandt, schrifftlich von seiner Ungeschick-
|217| lichkeit berichtet und vermahnet werden, daß
sie auff ein ander qualificirte Person bedacht seyn
wollen und da sie keinen vorzustellen, soll hierin von
Unseren Superintendenten den Kirchen gerahten
und geholffen werden.
Zum dritten wöllen wir auch hiemit Unsere Superin-
tendenten bey iren Pflichten und Vermeydung
ernstlicher Straff erinnert und vermahnet haben,
daß sie bey solcher ordination zu Befürderung der
Personen kein Geschänck noch Gaben nemmen,
auch niemandt auß Gunst einschieben oder auß Wi-
derwillen hindern, sonder wie ein jeglicher in seinen
Gaben, Geschicklichkeit, Leben und Wandel befun-
den, nach irem Gewissen beförderen und hierinnen
anders nichts dann die Ehre Gottes, der Pfarrkinder
ewiges Heyl und Seeligkeit und also den einigen
Nutz der Kirchen ansehen und bedencken. Dero-
wegen Wir auch in den järlichen Visitationibus
ernstlich wollen nachforschen lassen, ob die Kirchen
t-t Stark gekürzt aus KO Pfalz-Zweibrücken 1557, Seh-
ling, EKO XVIII, S. 143.
u Das Ordinationsformular aus KO Pfalz-Zweibrücken
1557, Sehling, EKO XVIII, S. 143-145.

an allen Ortern mit frommen, geschickten, tüchti-
gen unnd unärgerlichen Kirchendienern zu Erba-
wung deroselbigen versehen seyen.
‘Zum vierten, wo eine vorgestellte Person tüchtig
zum Predigampt erfunden, soll man von derosel-
|218| bigen eine Christliche Zusag nemmen, welche
sie hernacher auch auff Unserer Cantzley mit einem
Leiblichen Eydt bestättigen soll, nemlich daß er in
diesem Heyligen Ampt mit Gottesfurcht, Glauben
und Anruffung zu Gott dienen, züchtiglich leben
und studieren wölle.
Item, daß er in der reinen Christlichen Lehre,
die er in dieser Verhör bekandt und durch Gottes
Gnad in diesen Kirchen einträchtiglich gepredigt
wirdt, mit Gottes Hülff bestendig bleiben wölle,
wölle auch in seinem Ampt treuw und fleissig seyn.t
uForma der Ordination.236
Erstlich singet man das Veni sancte Lateinisch oder
Teutsch,237 darnach lieset der Superintendens fol-
genden Text:
Also schreibet S. Paulus in der ersten [Epistel]
an Timoth. am dritten Capitel:
Das ist je gewißlich war, so jemandt ein Bi-
schoffs Ampt begeret, der begert ein köstlich Werck.
Es soll aber ein Bischoff unsträfflich seyn, eines
Weibs Mann, nüchtern, mässig, sittig, |219| gastfrey,
lehrhafftig, nit ein Weinsäuffer, nit beissig, nit
unehrliche Handtierung treiben, sondern gelinde,
nicht haderhafftig, nit geitzig, der seinem eygenen
Hauß wol fürstehe, der gehorsame Kinder habe, mit
aller Ehrbarkeit (So aber jemandt seinem eigen
Hauß nicht weiß fürzustehn, wie wirdt er die Ge-
mein Gottes versorgen?), nicht ein Neuwling, auff
daß er sich nicht auffblase und dem Lästerer in das
Urtheil falle. Er muß aber auch ein gut Zeugniß ha-
ben von denen, die draussen seyn, auff daß er nicht
falle dem Lästerer in die Schmach und Strick.238

235 1Tim 5,22.
236 Luthers Ordinationsformular, vgl. WA 38, S. 423-431.
237 Luther, AWA 4, Nr. 15.
238 1Tim 3,1-7.

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