Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]; Goeters, J. F. Gerhard [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (19. Band = Rheinland-Pfalz, 2, 1. Teilband): Die Reichsstädte Landau, Speyer und Worms - die Grafschaften Leiningen, Sayn und Wied - die Wild- und Rheingrafschaft - das Fürstentum Pfalz-Simmern - die Grafschaft Pfalz-Veldenz (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2008

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30659#0489
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
2. Kirchenzuchtordnung 1590

2. Kirchenzuchtordnunga
7. Oktober 1590

Wir Herman, Grave zu Wiedt, Herr zu Runckel und
Spemberg etc., empieten allen unsern underthanen
geistlich unnd weltlichen standts unsere gnadt und
fuegen euch hiermit gnedig zu wißen:
Nachdem wir von Gott, dem Almechtigen, seines
heiligen worts und willens erleuchtet, auch daselbig
von Gott uns anbevolhenem obrigkeitstandts hal-
ben unserm besten vermögen und verstandt nach,
heiliger schrifft gemeß in allen unsern kirchen zu
treiben, zu lehren, zu hören und darnaeh zu leben
bißhere bevolhen und nachmaln menniglichen ge-
botten haben wollen,
Nuhn wir aber befinden, daß weder Gottes oder
unser gebott in deme wenig geachtet, sondern alle
sundt und schandt von tag zu tag je lenger je mehr
zunimbt, auch die straffen, so Gott, der almechtig,
solches insgemein Gotlosen lebens und wesens hal-
ben uber unsere und negist gelegene länder mit krie-
gen und uberfallungen spanischen, unbekanten,
frembden kriegsvolcks, unerhorter tyranney, mor-
den, rauben, brennen, verhergen, spannen, fangen,
schenden weib und kinder und unmenschlicher mar-
terung man- und weibsbilderer, dann auch daruf
negst und von stundt an ervolgter zweiter straff der
Pestilentz und sterbens zeit in allem unserm Landt,
uber das und zur dritten straff hinzugeschickter un-
erhörter und langwiriger deuerung etc. gantz und
gar nicht geachtet, vor keine wolverdiente straffen
oder zorn Gottes uber uns, unserer sunden halb er-
kennet, sondern aus andern ursachen zugemeßen
werden wollen.
Weil dann auch Gott, der Almechtig, uns nuhn ein
zeit hero |2| und diß jahr mit gnedigem frieden be-

a Textvorlage (Handschrift): FWA 64-3-14 (unpaginiert,
Paginierung vom Bearbeiter). Die RugO (im selben Ak-
tenbüschel) setzt erst mit dem Lasterkatalog ein und
bricht nach diesem wieder ab, vgl. Fußnote b S. 469 und
Fußnote b S. 472.

hütet, auch an wein, korn, bäum- und anderer
früchten gnedig gesegnet, aber solche wol- und gut-
that Gottes mit keiniger beßerung noch geburlicher
danksagungk von uns angenommen [und] enpfan-
gen, sondern mitt gröbster unmeßigkeit und un-
dankbarkeit alß freßen, sauffen, verschwenden, flu-
chen, schweren und allerley unzucht mißbraucht
wirdet, dahero zu besorgen, Gott, der Almechtig,
seinen segen wiederumb von uns nehmen und obge-
melte, erlittene straffen, alß krieg, Pestilentz und
tewerung viel hertter auß gerechtem zorn und ur-
theil Gottes uber uns ergehen laßen werde.
Damit wir aber einen gnedigen Gott behalten, unser
leben beßeren, die gaben Gottes mit dankbarkeit
von uns genoßen werden und der segen bey uns plei-
be, haben wir unser von Gott uns anbevolhenes ob-
rigkeitsampt und -standt betrachtet und dahin ge-
sehen, das die kirch und gehorsamb Gottes erbawet,
sundt und schandt und allerley unmeßigkeit, so viel
menschlich und möglich, verhütet, abgeschafft und
geburlich gestrafft werde.
Darneben auch vorstendere oder eltesten der kir-
chen, so sendtscheffen genent werden, verordnen la-
ßen, so von uns und der kirchen bevelch und macht
haben, uf eines yeden leben und wesen des orts, er
geseßen, ufsicht zu haben, die ohnthaten und un-
christlichen wandel in notam zu nehmen, dem kir-
chendiener des orts anzuzeigen und nach befindung
sollen die ubertretter volgender maßen in die sendt
gerügt und gestrafft werden. |3[
bAlß nach dem ersten und andern Gebott die uber-
trettere sollen gestrafft werden:b

b-b RugO: Syndrugen [die vom Send auszusprechenden Rü-
gen] iuxta Decalogum. Tabula prima.

469
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften