Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]; Goeters, J. F. Gerhard [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (19. Band = Rheinland-Pfalz, 2, 1. Teilband): Die Reichsstädte Landau, Speyer und Worms - die Grafschaften Leiningen, Sayn und Wied - die Wild- und Rheingrafschaft - das Fürstentum Pfalz-Simmern - die Grafschaft Pfalz-Veldenz (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.30659#0517
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7. Kirchen- und Polizeiordnung 1616

dan auß sonderbahren, erheblichen ursachen) ver-
pleiben, welche aber deme zuwieder handlen, sollen
von den sundtscheffen dem pastori angebracht und
verzeichnet, den schultheißen hernacher geliebert
und mit angesetzter straff ohnseumhafft belegt wer-
den.
9.ρ Nach dem beschehenen zusamen leutten soll nie-
mandts mehr uff dem kirchoff daselbst, unnutz ge-
schwetz und buberei zu treiben, stehen bleiben.
Ebenmeßigh, so baldt die predigt geschehen, soll ein
jeglicher nach angehortem obrigkeits bevelch sich
nahe hauß verfugen und uff dem kirchoff kein ge-
schwätz oder gezänck anrichten oder sein schulden
einmahnen. Wurdt sich aber jemandts deß wieder zu
thun gelusten laßen, soll mit 6 alb., auch harter,
nach gelegenheitt gestrafft und dieselb an orten, wie
vorgemelt, gelieffert werden.
10.σ So wollen wir auch keines wegs gestatten, das
uff son- und hohen feiertagen uff oder neben dem
kirchoff vor oder under der predigt etwas zu feilen
kauff gebracht oder jahrmarck gehalten, sondern all
kümmniß eingestelt werden sollen. Und da deßen
etwas wieder unsern befehl geschehen wurde, solle
alles dasjenigh, was zu feilen kauff gebracht worden,
alßobaldt confiscirt und forderst under die haußar-
men außgetheilet oder sonsten zum gemeinen nut-
zen woll angelegt und gewendet werden. Und damit
sich keiner einer unwißenheitt zu beclagen, soll sol-
che unßere verordnung, das nemblich keine jahr-
märck uff den son-, sondern den nachfolgenden
montagh hinfuro gehalten werden sollen, bei negs-
tem jahrmarck durch einen offentlichen trommen-
schlagh angekundigt und sonsten den krämern und
ρ Uff den kirchhöffen niemands nach beschehem zusamen-
leiten unnutz geschwetz oder buberey treiben. Desglei-
chen nach der predigt und angehortem oberkeits bevelch
kein gezänck ahnrichten noch schulden einmhanen bey
straff 6 albos oder nach gelegenheit hartterer straff.
σ Uff sonn- oder hohe feyrtage solle uff oder neben den
kirchhöffen nichts feil gehalten werden bey straff der
confiscation, so under die haußarmen außgetheilt oder
sonsten zu gemeinem nutzen wol ahngelegt werden solle,
Sollen hinfüro keine jahrmärck uff die sontage, wie biß-
hero geschehen, gehalten und künftig offentlich publicirt
werden.

beckern uff |11| den kirchoffen dißer bevelch von dem
schultheißen, heimbergern oder geschwornen eines
jeglichen orts angezeigt werden.
Capitel 2:
Von kirchweyhen, ärgerlichen däntzen,
faßnachtsrasereien und dergleichen
leichtfertigkeitten.
Ferner und wiewoll auch hiebevor zu underschiede-
nen mahlen die vor alts fast gemeine abgottische
und heidnische kirchenmeßen oder kirchweyhen und
die daruff gepflogene ungeburliche und sonderlich
dem gemeinen man fast schedliche und verderbliche
freßerei und saufferei, gastgebotten, wie nicht we-
niger die gantz unchristliche sontagliche, so dan uff
gefreieten marcktagen ärgerliche gedäntz, faß-
nachtsraserey und dergleichen leichtfertigkeitt, als
dardurch Gott, der allmachtigh, hefftigh erzornet,
der heilig Geist betrubt, der sabattagh entheiliget
und groß ergernuß gegeben wirdt, durch obrigkeits
bevelch uffgehoben und verbotten, aber von den
wenigsten in acht genohmen, ja woll offentlich ins
werck gerichtet und schendtlicher, ärgerlicher weiße
biß dahero getriben worden, so wirdt zu endtlicher
abschaffung deßelben hiemit zu allem uberfluß
ernstlich allen undt jeglichen unßeren underthanen,
inwohnern, an- und zugehorigen bei straff 10 goltg.
gebotten und bevolhen,τ sich infüro aller obangedeu-
ten freßkirmeßen, sontaglichen und jahrmarcks ge-
däntzen, wie nicht weniger des gottslästerlichen ver-
meinten tauffens und fluchens bei gewonlichen uff
solchen jahrmarcken hänßens9, item aller heidni-
scher fastnachtsspielen, dahero ergerlichen gesell-
schafften und glöcher10 bey kermeßen, jahrmarcken
τ Freßkirchweyen, sontagliche und jahrmarcks ärgerliche
gedäntz, faßnachts rasereyen und alle dabey vorlauffen-
de leichtfertigkeiten, wie ingleichem das vermeint tauf-
fen, fluchen, hänsen, fastnachts und meyenspil, alles un-
nutz gesäng, braten und eyr heischen von auß- oder inn-
ländischen, abgöttisch lehen außruffen, ärgerliche spinn-
stuben und des jungen volcks zu sommerszeit nächtliche
veldtarbeiten sollen bey straff 10 goldtfl. verbotten sein.

9 Zum Hänseln vgl. oben Fußnote 6 S. 484.
10 Gelage.

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