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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]; Goeters, J. F. Gerhard [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (19. Band = Rheinland-Pfalz, 2, 1. Teilband): Die Reichsstädte Landau, Speyer und Worms - die Grafschaften Leiningen, Sayn und Wied - die Wild- und Rheingrafschaft - das Fürstentum Pfalz-Simmern - die Grafschaft Pfalz-Veldenz (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.30659#0519
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7. Kirchen- und Polizeiordnung 1616

Wurde dan solches bei ihnen nichts verfangen kön-
nen oder wollen, so sollen sie jederzeit unß oder un-
ßeren beampten eins jeglichen orts davon trewlich
berichten und dieselbe schuldigh und verbunden
sein, |14| die dißfals verdechtige und mit solchen läs-
tern behaffte personen sonderlich anzugreiffen, zur
hafft zu pringen und mit denselben nach außwei-
ßung gottlicher gesetzen16 und der kayserlichen be-
schriebenen rechten,17 auch im h[eiligen] romischen
reich publicirter halßgerichtsordnung18 ohne einige
gnadt und ansehen der personen ernstlich zu verfah-
ren.
Sie sollen auch uff diejenige, so sich obg[enannten]
lästern anhengigh machen, zu den wahrsägern, zau-
berern und christallen sehern lauffen und sich bei
ihnen raths erholen, gutte achtung geben, sie davor
warnen und durch die kirchendienere warnen und
abwenden und diejenige, so sich uff vorhergehende
warnung nicht wollen abwenden laßen, gleicherge-
stalt einziehen und nach gelegenheit der verbre-
chung an leib und gutt unnachleßlich straffen.
Cap. 4:
Von Gotteslästerunge und unzimlichen volsauffen.
Als auch in dießer letzten und boßen welt under an-
deren vielfeltigen schweren sünden und lastern die
unchristliche gotteslästerung und hochargerliche
verunachtung des h[eiligen] und teuren nahmens
Gottes in ublichem schwangh gehet und sich viele
des schwerens und fluchens bei der krafft und macht
Gottes, item bei den elementen, wunden, marter
und sacramenten unßers einigen erlößers und selig-
machers Jesu Christi sich freventlicher, boßhafftiger
weiße nicht allein gewohnen, sondern auch gegen

christall- und handtseherey, segnerey und dergleichen
aberglaubische dinge sollen verbotten sein und diejenige,
so dergleichen thun oder solchen leuten nachlauffen und
sich bey ihnen rhats erholen, sollen vermog anno etc.
[15]75 publicirter ordnung gestrafft, durch die kirchen-
dienere davon abgemahnet und uff den nit abstehens
oder besserungsfall der oberkeit ahngebracht werden.
16 Ex 22,17; Lev 19,26; Dtn 18,10-12.
17 Sowohl im ClCan als auch in den kaiserlichen Gesetzen
des Mittelalters (Friedrich I. 1182 und Friedrich II.

Gott, den herrn, sich damit wurklich vergreiffen,
deßgleichen daß unzimliche volsauffen unt uberme-
ßiger, viehische und unnaturlicher verschwendung
der edlen gaben, so Gott, der herr, zu notwendiger
dießes lebens underhaltung geschaffen, uberhandt
nimbt, auch dan deßwegen so woll in des heil[igen]
romischen reichs constitutionibus und politei ord-
nungen,19 als auch |15| mehrgemelte anno [15]75 von
unsern loblichen vorfahren publicirte reforma-
tion20 allerhandt heilsame ordinationes und satzun-
gen, wie es mit solchen verbrechern gehalten werden
solle, gemacht worden. So laßen wir es auch bei den-
selben hiemit verpleiben.
Und dieweil dieße lästere ein ursach und anfangh
sein aller unordnung und bößes und darauß tot-
schlagh, ehebruch und hurerei leichtlich entstehet,
so wollen wir, das unßere beampten und dienere,
auch lehrer und prediger auff solche lästere ein wa-
chendes augh haben, gegen die verbrecher mit
scharffer, ernster straff verfahren, auch selbsten mit
ehrbarlichen, nüchterm leben und wandel unßern
underthanen hierin vorgehen und ein gutt exempel
geben sollen.
Cap. 5;
Von der lehr des catechismi.
Und damit solche und dergleichen mehr grobe lä-
ster, so viel möglich, abgeschafft, dargegen erbar-
und gottseligkeitt vortgepflantzt werden und je län-
ger je mehr zunehmen möchte, so wollen wir, das die
lehr des Catechißmi in den kirchen fleißigh getrie-
ben, bei solcher ubung und explication die vorge-
setzte läster auß Gottes wortt ernstlich verbotten
und gestrafft, auch die jugendt und andere mit ver-

1220 und 1232) ist eigentlich nicht von Zauberei, son-
dern von Ketzerei die Rede, was aber nach der gängigen
Rechtsauffassung auch auf Hexerei bezogen wurde, vgl.
Mitteis/Lieberich, Deutsche Rechtsgeschichte,
S. 405.
18 Die Carolina, die Peinliche Gerichtsordnung Karls V.
von 1532; darin besonders die Art. 44, 52, 109;
19 Vgl. Reichspolizeiordnung Art. 1, Art. 2, Art. 8.
20 Vgl. oben Fußnote 15.

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